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TÜCKELHAUSEN/WÜRZBURG: Grenze mitten durch den Raum

TÜCKELHAUSEN/WÜRZBURG

Grenze mitten durch den Raum

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    Verwinkelte Eigentumsverhältnisse im ehemaligen Kloster Tückelhausen: Die Kirche (links) gehört zur Kirchenstiftung, die Grünanlage davor ist Eigentum der Stadt, der lang gezogene Trakt (rechts) mit Wohnungen sowie der Rest des Hofes sind in privater Hand. Das Gebäude zwischen Kirche und Wohnungen (hinten) soll zum Pfarrzentrum umgebaut werden. Doch wegen weniger Meter und einem Zimmer schwelt seit Jahren ein Streit.
    Verwinkelte Eigentumsverhältnisse im ehemaligen Kloster Tückelhausen: Die Kirche (links) gehört zur Kirchenstiftung, die Grünanlage davor ist Eigentum der Stadt, der lang gezogene Trakt (rechts) mit Wohnungen sowie der Rest des Hofes sind in privater Hand. Das Gebäude zwischen Kirche und Wohnungen (hinten) soll zum Pfarrzentrum umgebaut werden. Doch wegen weniger Meter und einem Zimmer schwelt seit Jahren ein Streit. Foto: FOTO Haug-Peichl

    Wer durch die weitläufige Anlage läuft, überschreitet immer wieder unsichtbare Grenzen. Das Gotteshaus mit Kapitelsaal, Sakristei und ehemaliger Konventstube sowie das Kartäusermuseum gehören der katholischen Kirche, ein Teil des Hofes der Stadt, der andere Teil des Hofes sowie die lang gezogenen „Gastbauten“ hingegen sind Privateigentum. Das Problem: Über Jahrhunderte hinweg haben sich Besitz und Eigentum immer wieder verschoben, so dass mitunter die Grenze mitten durch Räume geht.

    Das hat nun beim ehemaligen Priorat zu einem Nachbarschaftsstreit geführt, den vor wenigen Tagen ein Verwaltungsrichter in Würzburg als einen „rein formalistischen Kriegsschauplatz“ bezeichnet hat.

    In der Verhandlung ging es um die Frage, ob eine der katholischen Kirchenstiftung vor genau zwei Jahren erteilte Baugenehmigung in Ordnung ist. Pfarrer Klaus Oehrlein will im Namen der Stiftung bis Mitte 2008 den Trakt zwischen Kirche und Gastbauten für 750 000 Euro sanieren und zu einem Pfarrzentrum umbauen lassen.

    Damit ist Margarethe von Hünersdorff nicht einverstanden, der in Nachfolge der Familie von Staff-Reitzenstein der angrenzende Trakt gehört. In einem Teil der ehemaligen Gastbauten sind heute Wohnungen. Den Rest lässt die Familie von Hünersdorff seit Jahren umbauen und sanieren. Der Name Hünersdorff ist im Übrigen auch eng verbunden mit der Gutsverwaltung, die von Tückelhausen aus Ländereien in der Region verwaltet.

    Fallstricke der Geschichte

    Einer der Knackpunkte im Streit zwischen von Hünersdorff und der Kirchenstiftung sind Brand- und Schallschutzwände, die im Zuge des Umbaus zum Pfarrzentrum unter anderem im ehemaligen Priorat eingezogen werden sollen. Betroffen ist davon vor allem ein Saal, den Pfarrer Oehrlein wegen seiner Symmetrie und seiner Stuckdecke von 1718 für besonders schützenswert hält. Unter dem Saal verläuft der Durchgang zwischen Hof und den ehemaligen Kartausen. Entlang einer der beiden Seitenwände dieses Durchgangs liegt die Grenze zwischen Eigentum Kirche und von Hünersdorff. Denkt man sich diese Grenze senkrecht nach oben, zieht sie mitten durch den Raum mit der Stuckdecke. Mit anderen Worten: Der Raum, der von der Seite von Hünersdorffs keinen Zugang hat, ragt in deren Bereich hinein. Diese Verschachtelung gibt es im Übrigen auch teilweise in den ehemaligen Kartausen, die heute Privathäuser sind.

    Würde die besagte Brandschutzmauer auf der Eigentumsgrenze gebaut werden, würde sie den Raum asymmetrisch teilen und zudem die Stuckdecke zerstören. Ein ähnliches Problem ergibt sich im Dachgeschoss darüber, wo die Schutzmauer nach Ansicht von Oehrlein wegen des komplizierten Dachgebälks nicht eingezogen werden könnte.

    Dass die aus der langen Geschichte des Klosters resultierende Nutzung der Räume nicht überall mit den Eigentumsverhältnissen zusammenpasst, sah auch das Verwaltungsgericht in Würzburg. Es bescheinigte dem Landratsamt, dass die Baugenehmigung für die Kirchenstiftung „formal so richtig“ gewesen sei und wies die Klage von Margarethe von Hünersdorff ab. Obwohl die zerstrittenen Parteien dem Vernehmen nach in Gesprächen versucht haben zu einer Einigung zu kommen, gab ihnen der Verwaltungsrichter den Tipp mit, „sich dringendst an einen Tisch zu setzen“. Andernfalls „kann man endlos weiterstreiten“. Dass dies wohl passieren wird, ließ von Hünersdorffs Anwalt am Ende der Verhandlung erkennen: „Wir treffen uns im Zweifel wieder.“

    Im Blickpunkt

    Kloster Tückelhausen Der Ort Tückelhausen – heute Stadtteil von Ochsenfurt – wurde erstmals 887 urkundlich erwähnt. Die Ursprünge des Klosters gehen auf die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Nach den Prämonstratensern prägten vor allem die Mönche des Kartäuser-Ordens 452 Jahre lang die Geschichte der heute privat und kirchlich genutzten Anlage. Im Rahmen der Säkularisation zogen die letzten Mönche am 8. Juli 1803 aus dem Kloster aus.

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