Das haben die Ermittlungen der Kriminalpolizei ergeben, die damit eine tragische Wendung nahmen. Bei der dringend Tatverdächtigen handelt es sich nach Polizeiangaben um eine der traumatisierten Frauen, die – geschützt vor der Außenwelt – in der psychotherapeutischen Wohngruppe „Berscheba“ unter dem Dach des Hauses in der Peterpfarrgasse 3 betreut wurde.
Die Frau wurde jetzt in einer psychiatrischen Bezirksklinik untergebracht. Ihre Mitbewohnerinnen, die beim Brand ihr ganzes Hab und Gut verloren haben, kamen zunächst einmal im Kloster Oberzell unter.
Das Feuer war gegen 1.30 Uhr in der Peterpfarrgasse 3 ausgebrochen und hatte sich auf weitere Anwesen in der Gasse und der daneben liegenden Straße Am Zwinger in Richtung Regierung von Unterfranken ausgebreitet.
Fast 100 Feuerwehrleute kämpften bis zum Morgen, um die Flammen zu löschen und ein Übergreifen auf andere Häuser in den engen Gassen zu verhindern. Auf einer Länge von gut 100 Metern sind die Dachstühle komplett ausgebrannt. Der Schaden geht in die Millionen.
Nachdem die Brandfahnder der Würzburger Kripo am Montag erstmals den Brandort gemeinsam mit einem Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamts näher begutachten konnten, war zunächst die Brandausbruchsstelle im Dachgeschoss des Anwesens Peterpfarrgasse 3 lokalisiert worden.
Die Ergebnisse der Auswertung von Spuren, weiteren Hinweisen und zahlreichen Vernehmungen, deuten auf eine vorsätzliche Brandstiftung als Ursache für das Feuer hin. Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten am Freitagmittag in einer gemeinsamen Presseerklärung: Als dringend Tatverdächtige gilt nach bisherigem Stand eine Bewohnerin der dort beheimateten Wohngruppe.
Die Frau wurde am Freitagmittag dem Ermittlungsrichter des Würzburger Amtsgerichts vorgeführt. Dieser eröffnete ihr einen richterlichen Unterbringungsbefehl. Die Frau wurde in ein Bezirkskrankenhaus gebracht.
Die Frau geriet nach Information unserer Redaktion unter Verdacht, weil sie vor Ausbrechen des Brandes bereits an einem Möbelstück in ihrer Wohngruppe gezündelt haben soll. Dieser Brand sei aber von Mitbewohnerinnen gelöscht worden.
Dazu macht die Polizei derzeit keine Angaben. Die Frau, deren Identität geschützt wird, wurde vernommen. Ein Geständnis liegt nicht vor.
Bei dem Feuer wurden Frauen zusätzlich geschockt, die sich sowieso in angeschlagenem Zustand befinden. Bei der Wohngemeinschaft Berscheba handelt es sich um eine Art Frauenhaus, betreut von den Franziskanerinnen des Klosters Oberzell.
Dort wohnen Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die – häufig in Partnerschaften – Gewalt erfahren haben und traumatisiert sind. Die Frauen werden sozialtherapeutisch betreut. „Bei der Aufarbeitung der Gewalterfahrungen und Traumatisierungen werden sie intensiv begleitet“, heißt es im Internet. „Sie erhalten Hilfestellungen im lebenspraktischen und finanziellen Bereich“. Mitarbeiterinnen beraten sie bei Problemen in Familie und Partnerschaft.
Das Kloster Oberzell zeigte sich als Trägerin der sozialtherapeutischen Wohngemeinschaft für Frauen "sehr betroffen von dem Verdacht der Polizei". In einer Pressemitteilung vom Freitag heißt es: "Seitens der mutmaßlichen Täterin war im Vorfeld in keiner Weise eine Fremdgefährdung zu erwarten. Auch in ihrer Vorgeschichte hatte es keine Hinweise für eine potentielle Gefährdung gegeben." Nachdem das Ermittlungsverfahren jedoch erste konkrete Verdachtsmomente aufwarf, haben die Verantwortlichen der Wohngemeinschaft die Frau vorsorglich anderweitig unterbringen lassen.
Die Bewohnerinnen, Mitarbeiterinnen und Schwestern im Kloster Oberzell sind schockiert und traurig darüber, dass der Brand durch eine Bewohnerin verursacht worden sein soll. „Wir sind tief betroffen über das immense Ausmaß des Schadens, der durch die Brandstiftung entstanden ist“, sagte Schwester Veridiana Dürr, Generaloberin der Kongregation der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu. Die Auswirkungen auf die Caritaseinrichtungen „Haus für Kinder St. Hildegard“ und die Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard seien enorm und sehr schmerzlich.
Die mutmaßliche Tat bedeutet auch für die Bewohnerinnen der Wohngemeinschaft Berscheba eine tiefe Verunsicherung. Das Vertrauen, in der Wohngemeinschaft in Sicherheit zu leben, ist bei den überwiegend psychisch kranken und traumatisierten Frauen tief erschüttert. „Die große Anteilnahme und die Hilfe der Würzbürger Bevölkerung zeigt die Solidarität mit den betroffenen Frauen und die Anerkennung der von den Mitarbeiterinnen geleisteten Frauenarbeit. Gemäß unserem Sendungsauftrag werden wir uns auch weiterhin für hilfebedürftige Frauen einsetzen“, sagte die Generaloberin. „In der Geschichte der Kongregation mussten immer wieder auch Rückschläge ertragen werden, wenn es darum ging, Menschen zu helfen.“ Es sei wichtig, dass die Frauen in schwierigen Lebenssituationen nicht alleingelassen würden. Die sozialtherapeutische Wohngemeinschaft Berscheba verfolge genau dieses Ziel, so Schwester Veridiana Dürr. Diese bisher erfolgreiche Arbeit werde auch in Zukunft fortgesetzt.