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WÜRZBURG: "Gute Manieren sind wie Eintrittskarten"

WÜRZBURG

"Gute Manieren sind wie Eintrittskarten"

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    Guter Benimm: Gästeführerin Edeltraut Linkesch kann über Manieren viel erzählen.
    Guter Benimm: Gästeführerin Edeltraut Linkesch kann über Manieren viel erzählen. Foto: Foto: THOMAS OBERMEIER

    Wenn Personalchefs heute Einstellungsgespräche führen, dann achten sie nicht nur auf gute Noten. Fast wichtiger sind Schlüsselqualifikationen abseits des Fachwissens, sprich: Sozialkompetenz. Die Würzburgerin Edeltraud Linkesch ist überzeugt: Wer respektvoll und kommunikativ mit anderen Leuten umgehen kann, ist klar im Vorteil. Gutes Benehmen öffnet Türen zu interessanten Menschen, fördert die Karriere und den privaten Erfolg. Doch immer häufiger hapert es daran, das beobachtet die 66-jährige Gästeführerin schon seit längerem. Ihr bitteres Fazit: „Heute fällt nicht mehr schlechtes Benehmen auf, sondern gutes.“

    Dass Leute bei Begegnungen nicht grüßen, Kaugummis auf den Boden gespuckt werden oder jemand im Gespräch nicht die Sonnenbrille abnimmt: Wer sich so verhält, demonstriert seinen Mitmenschen Geringschätzung – was viel zu alltäglich geworden ist, wie Linkesch findet.

    Mit einer persönlichen Mission möchte sie selbst zumindest einen kleinen Beitrag zu mehr Höflichkeit und Respekt im Miteinander leisten: Im vergangenen Jahr hat sie in mehreren Seminaren eine Lizenz als Knigge-Trainerin erworben, war als solche schon in Schulen zu Gast und bietet zweistündige Fortbildungen auch für Firmen und Vereine an. Darin behandelt sie wichtige Grundregeln und diverse Fettnäpfchen, die man kennen sollte, um nicht unangenehm aufzufallen.

    Dabei geht es nicht nur um Anstandsformen in der „besseren“ Gesellschaft. Linkesch vergleicht gutes Benehmen mit der „Straßenverkehrsordnung für Autofahrer“, sie betrifft alle und regelt das vernünftige Zusammenleben. Hierarchien seien fehl am Platz. Die ehemalige Lehrerin: „Ob ein Mensch wirklich Manieren hat, zeigt sich im Umgang mit dem Kellner oder einer Putzfrau. Derjenige, der die Person mit Respekt behandelt, so als stünden sie auf einer Stufe mit ihm selbst – das ist der Mensch mit den allerbesten Manieren.

    “ Damit greift sie Gedanken des Adolph Freiherrn von Knigge (1752-1796) auf, der in seiner berühmten Schrift „Über den Umgang mit Menschen“ (1788) Spielregeln formulierte, damit Bürger unterschiedlicher Stände, Herkunft und Gesinnung frei und gleichberechtigt miteinander umgingen.

    Auch gut 200 Jahre später sind gemeinsame gesellschaftliche Standards keine Selbstverständlichkeit. Das erlebt Edeltraud Linkesch zum Beispiel, wenn sie mit der Straßenbahn fährt. Da fläzt jemand neben ihr seine dreckigen Schuhe auf den Sitz. Da bleiben junge Leute regungslos hocken, statt für einen betagten Fahrgast Platz zu machen. Da wirft nach dem Aussteigen ein junger Mann einfach seinen Apfelbutzen auf den Boden. Alles normal? Linkesch reagiert in solchen Fällen. „Ich spreche dann Leute höflich an und bitte, dass sie doch den Mülleimer benutzen sollen.“ Die Reaktionen fallen bisweilen überrascht, aber nicht feindselig aus. Gleichwohl ist die gebürtige Schweinfurterin – seit 2003 als Gästeführerin in Würzburg unterwegs – überzeugt: „Viele trauen sich gar nicht, andere wegen ihres Benehmens anzusprechen.“

    Die guten und richtigen Umgangsformen interessieren Edeltraud Linkesch seit 30 Jahren. Schon als Lehrerin hat sie über viele Jahre immer zu Schuljahresbeginn noch vor aller Lernerei zunächst den guten Ton und angemessenes Benehmen erklärt. Wenn die Schüler anschließend meinten: „Ach, das darf man auch nicht“ oder „Das haben wir nicht gewusst“ – da merkte Linkesch, wie wichtig ein Basiswissen für Benimmregeln ist. Sie selbst ist in einem Elternhaus groß geworden, das es ihr vorgelebt hat. „Das hat mir Selbstsicherheit gegeben“, schaut sie heute dankbar darauf zurück. Der „Schliff“ habe ihr in vielen Lebenslagen geholfen, Respekt, Toleranz und Rücksichtnahme seien im eigenen Interesse: „Die Wertschätzung anderer kommt immer positiv zurück.“ Sie ist überzeugt: Die gute „Kinderstube“ erlebt eine Renaissance. Eine Gemeinschaft ohne Regeln verkomme zur Ellbogengesellschaft.

    Kindern und Jugendlichen fehlt heutzutage häufig das gelebte Vorbild durch die Eltern. Das ist der 66-Jährigen auch bei ihren bisherigen Auftritten an Schulen aufgefallen. Linkesch mag den Begriff nicht, aber „ja, man kann von einer Wohlstandsverwahrlosung sprechen.“ Es mangele die gute Anleitung und Unterstützung durch die Eltern, dabei seien Erziehung und gute Umgangsformen der Kinder zuvorderst deren Sache. „Kleinkinder und Jugendliche sind heute zu sehr auf sich allein gestellt. Die Eltern haben nicht mehr genug Zeit, weil beide arbeiten, oder ihnen fehlten auch die Vorbilder“, so Linkeschs Befund.

    Was sie teilweise im Alltag erlebt, könnte sie deprimieren. Schon Kindergarten- und Grundschulkinder benützten Kraftausdrücke, deren Bedeutung sie selbst nicht verstehen. Und wenn Schüler die „Zauberwörter“ Bitte und Danke nicht mehr kennen und nicht mehr grüßen, „dann ist das nicht en vogue, sondern hat definitiv etwas mit Respektlosigkeit zu tun.

    “ Was sie mit ihren Unterrichtseinheiten vermitteln möchte: Stil, Etikette und Umgangsformen erleichtern das Leben, gute Manieren seien wie Eintrittskarten, nicht nur beim Essen: Dass man gerade am Tisch sitzt, nicht mit dem Armen darauf herumlümmelt, nicht mit dem Essen spielt und das Besteck zum Mund geht (und nicht umgekehrt) – eigentlich Selbstverständlichkeiten, findet Linkesch, und doch sieht der Alltag häufig anders aus.

    Als Würzburger Gästeführerin achtet auch sie selbst auf ein angemessenes Auftreten. Dazu gehören ein gepflegtes Erscheinungsbild, Blickkontakt zu den Gästen, eine deutliche Aussprache, oder die korrekte Anrede bei Titeln. Gutes Benehmen, in diesem Fall nicht nur für sich selbst: „Ich bin ja auch Repräsentantin dieser Stadt!“

    Was gar nicht geht

    Bitte nicht: Die acht persönlichen „Don?ts“ von Edeltraud Linkesch – oder: Was die Knigge-Trainerin am meisten nervt:

    1. Die Schlacht am kalten Büffet: Man ist eingeladen und macht sich den Teller voll, „als würde es nicht genug geben“. Lieber mehrmals ans Büffet gehen. 2. Theater-Besucher, die sich auf ihren Platz fallen lassen, ohne ihren aufstehenden Nachbarn „Guten Abend“ oder auch ein Danke zu sagen. Blickkontakt ist hier ein Muss. 3. Wartezimmer oder Aufzug: Leute betreten den Raum ohne zu grüßen. „Allein durch den Gruß wird die Atmosphäre gelockerter.“

    4. Restaurant, Zug oder Flughafen: Leute telefonieren lauthals mit dem Handy, ohne sich ein wenig aus der Hörweite anderer zu entfernen. 5. Post oder Bank: Trotz aufgezeichneter Linien wird gedrängelt und der Diskretionsabstand nicht eingehalten 6. Jemand unterbricht ein Gespräch oder Telefonat durch „Herumdaddeln“ auf dem Handy oder ein zweites Gespräch. „Da lege ich wortlos auf. Ich konnte ja nicht so wichtig sein.“ 7. Im Beisein anderer Personen beginnt jemand zu flüstern. 8. Zur Begrüßung erhält man von seinem Gegenüber einen absolut laschen oder einen viel zu festen Händedruck. Kontakt: Wer mehr wissen will oder Tipps möchte, wendet sich an Edeltraud Linkesch, Tel. (0931) 7847031

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