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Würzburg: Hafen-Razzia: Polizei fotografierte Jugendliche

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Hafen-Razzia: Polizei fotografierte Jugendliche

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    Hotspot Hafentreppe: Zwei Großrazzien sorgen für viel Diskussion.
    Hotspot Hafentreppe: Zwei Großrazzien sorgen für viel Diskussion. Foto: Silvia Gralla

    "Wir wurden an die Wand gestellt, bekamen ein Schild mit einer Nummer in die Hand und wurden fotografiert", berichtet ein 18-jähriger Schüler. "Ich war die Nummer 64." Der Schüler hatte sich am 16. Februar an der Hafentreppe mit Freunden verabredet, um in eine benachbarte Diskothek zu gehen. Er hat sich nichts zu schulden kommen lassen.  

    Wie berichtet, führte die Polizei im Februar und März zwei Großkontrollen auf der Partymeile durch, weil auf der Treppe zum Main  wiederholt Minderjährige Alkohol konsumieren und dort Straftaten begangen wurden. Bei der Razzia am 22. März hielten 40 Einsatzkräfte 137 Jugendliche stundenlang fest und durchsuchten sie. Bei der am 16. Februar wurden auch Fotos gemacht. 

    Bilder sind laut Polizei inzwischen gelöscht 

    Auf Nachfrage dieser Redaktion stritt die Polizei zuerst ab, dass sie Personen abgelichtet hat, ohne dass es den Verdacht einer Straftat gab. Erst nachdem sich der 18-Jährige, dessen Name der Redaktion bekannt ist, schriftlich beschwerte, gibt die Behörde jetzt zu: Sie hat ihn und andere "ohne rechtliche Grundlagen" fotografiert. "Auch die Aufnahmen, die von Herrn M. gefertigt wurden, waren rechtlich nicht zulässig", sagt Kathrin Thamm, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Unterfranken.

    Laut Thamm sind neben den rechtlich nicht zulässigen Fotos bei der Aktion auch Aufnahmen mit einer Rechtsgrundlage gemacht worden: von Personen ohne Ausweis. Und von Verdächtigen einer vermeintlichen Sexualstraftat, bei der sich später herausgestellt habe, dass die "Berührungen und  ungewollten Küsse" bereits eine Woche vorher passiert sein sollen. Am 11. März seien die Bilddateien gelöscht worden.

    "Die Polizei hat Grundrechte verletzt."

    Strafverteidiger Martin Reitmaier 

    Wie der Würzburger Strafverteidiger Martin Reitmaier erklärt, ist die Polizei berechtigt, Personen zu fotografieren, wenn beispielsweise die Identität nicht anders festgestellt werden kann, wenn diese verdächtig sind, eine Straftat mit Wiederholungsgefahr begangen zu haben oder wenn es zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist.

    Warum wurden Unbeteiligte fotografiert? 

    Reitmaier: "Das Fotografieren ohne einen Rechtsgrund stellt dagegen einen Eingriff in bürgerliche Grundrechte dar." Denn das Gesetz garantiere prinzipiell jedem das Recht die Preisgabe seiner Daten selbst zu bestimmen. " Warum die Würzburger Polizei diese Fotos gemacht und gespeichert hat, erklärte sie bislang nicht. Ebenso wenig, wie viele Leute unzulässiger Weise fotografiert wurden.  

    Für den Datenschutzexperten Thilo Weichert steht das Würzburger Beispiel für "die Kultur der Bayerischen Polizei  zu kontrollieren, Daten zu erfassen und zu speichern und dann zu schauen, wofür man sie brauchen kann". Der Politologe und Jurist aus Kiel ist ein Kritiker des neuen des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes(PAG).  Er sagt: "Mit diesem hat die CSU-Politik der Polizei signalisiert, dass sie von rechtlichen Eingrenzungen frei gestellt werden soll."  

    Innenminister Herrmann sieht kein Problem

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat inzwischen im Landtag erklärt, dass das Vorgehen der Würzburger Polizei in Ordnung und durch das Polizeiaufgabengesetz gedeckt gewesen sei. In seiner Antwort auf  eine Anfrage der Grünen-Fraktion ging der Innenminister  am vergangenen Donnerstag auf den rechtlich problematischen Vorgang ein, dass die Polizei bei der Razzia am 22. März Jugendliche zur Hafentreppe brachte und dann dort festhielt und kontrollierte. Wie Herrmann erklärte, hätten die Einsatzkräfte nicht feststellen können, wo die Jugendlichen vorher gewesen waren.   

     Das Polizeipräsidium Unterfranken nennt das inzwischen eine "Fehleinschätzung". Sprecherin Thamm sagt: "Dies bedauern wir ausdrücklich." Sie sagt weiter, dass bei dem Einsatz im März auf die  Menge der Personen und die damit verbundene Länge der Kontrolle "zu spät und auch nicht in adäquater Weise reagiert wurde". Bislang liegen dem Präsidium vier Beschwerden von Betroffenen vor.

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