In einer kleinen Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1927 steht zu lesen: „Sparsame Eltern kaufen den Kommunionsanzug bei Fritz Severin.“ Es ist ein schöner Beleg für die noch bescheidenen Anfänge eines Familienunternehmens, das in seiner Größe und „Anziehungskraft“ eine Seltenheit geworden ist in der Stadt und auch in der Region. In diesen Tagen feiert Männer–Mode Severin sein 110-jähriges Bestehen und darf sich freuen, Nordbayerns größtes inhabergeführtes Spezialhaus für Herrenbekleidung zu sein.
In dem Jubiläum sieht die Familie einen willkommenen Anlass, zuerst Gott zu danken für allen Segen und alle Hilfe bis zum heutigen Tag. Das ist für die Familie Severin keine leere Floskel. In der Anzeige von 1927, als das Geschäft noch an der Ecke Sanderstraße 2 war, stand als Untertitel „Christl. Herrenmodenhaus“. Günter und Manfred Severin, die als dritte Generation noch immer engagiert im Unternehmen sind, bekennen sich zum christlichen Glauben und sind aktiv zum Beispiel im „Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM)“, bei „Christen in der Wirtschaft (CiW)“ oder der Freien evangelischen Gemeinde (FeG), und so hält es auch die vierte Generation, Maximilian Severin und Natascha Peter-Severin. Die Familie hat Schlagzeilen gemacht, weil ihr der Sonntag noch heilig ist, und sie sich daher nicht an verkaufsoffenen Sonntagen beteiligt hat.
„Mit Augenmaß ist es uns gelungen, das Haus in einem schwierigen Markt zu behaupten.
Günter Severin Geschäftsführer
Dass das Unternehmen auch nach 110 Jahren noch so vital dasteht, dafür dankt die Familie aber auch den Mitarbeitern und den treuen Kunden, die auch aus dem weiten Umkreis und selbst aus Frankfurt, Stuttgart und München kommen, weil es hier nicht so anonym zugeht wie in den Großstädten. Dass es bei Severin ausgesuchte Mode von 120 Markenherstellern und eine freundliche, fachkundige Beratung gibt, ist wohl auch ein Grund für die Anziehungskraft des Modehauses. Zum Jubiläum sind nun bis zum 7. Juni alle Kunden und Freunde zum Mitfeiern eingeladen: Es gibt elf Prozent auf alles, ausgenommen Gutscheine.
Der Erfolg des Unternehmens ist wohl nicht zuletzt auf das profunde Fachwissen an seiner Spitze zurückzuführen. Günter Severin kam nach seiner externen Ausbildung und dem Studium Textilbetriebswirt 1959 ins Unternehmen. So „nebenbei“ war er 15 Jahre im Vorstand der Werbegemeinschaft Einkaufstadt Würzburg, war Gründungsmitglied und zehn Jahre Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Würzburg macht Spaß“ und Gründer und Leiter des Würzburger Stadtfestes. Sein Bruder Manfred hatte 1955 seine Lehre im Haus begonnen, dann ebenfalls Textilbetriebswirt studiert. Er kam nach einigen Jahren der Praxis 1962 ins Unternehmen. Noch heute ist er dort einer der drei Geschäftsführer. Das operative Geschäft haben inzwischen seine Kinder Natascha Peter-Severin und Maximilian Severin in Verantwortung. Auch die Tochter hat Textilbetriebswirtschaft studiert, der Sohn ist Diplom-Betriebswirt.
„Mit Sparsamkeit und Augenmaß ist es uns gelungen, das Haus in einem schwierigen Markt zu behaupten“, sagt Günter Severin. Und dass das Unternehmen jung geblieben ist, das sei der nächsten Generation zu verdanken, die hier gut hineingewachsen sei.
Begonnen hatte die wechselvolle, aber immer zielbewusste Unternehmensgeschichte 1904 mit dem Gründer Fritz Severin. Dieser hatte sich aus Thüringen in der Nähe von Erfurt als Schneidermeister nach Würzburg aufgemacht. Zuerst war er sieben Jahre Leiter der Maßabteilung bei Siegbert Freudenberger, dem damals führenden Würzburger Bekleidungshaus.
1905 bezog er einen Laden in der Sanderstraße 4a, wo die Stadt Würzburg damals zahlreiche neue Häuser errichtete. Hier forcierte Severin den Verkauf von Fertigkleidung, die sich allmählich als „gesellschaftsfähig“ einführte. Gute zwei Jahre später zog Severin in ein größeres Gebäude an der Ecke Sanderstraße/Johanniterplatz. Anfang des ersten Weltkrieges erwarb er das Haus, nachdem er zuvor im Jahre 1913 in Grombühl ein Maßgeschäft als Filiale eröffnet hatte.
1927 übernahm Wilhelm Severin das Unternehmen seines Vaters und erweiterte das Unternehmen. Mit der Zerstörung Würzburgs 1945 brannte auch das Severin-Haus an der Sanderstraße völlig aus. Es wurde 1949 wieder aufgebaut und bezogen. Weil sich das Würzburger Geschäftszentrum mehr in Richtung Hauptbahnhof verlagerte, fasste Wilhelm Severin den Entschluss, ein neues Severin-Haus in der Domstraße zu errichten, an der Stelle, wo bereits lange vor dem Zweiten Weltkrieg ein „Guckkasten“ von Severin mit Schaufenstern bestand: Der Neubau wurde 1955 zeitgleich mit einem Teil der Dom-Passage fertiggestellt und bezogen. Zwei Jahre später wurde die Dom-Passage vollendet.
Als Folge stetiger Umsatzsteigerungen wurden schon 1967 die Verkaufsräume vergrößert und modernisiert. Wieder zwölf Jahre später, 1978, wurde eine erneute Vergrößerung der Verkaufsräume auf nunmehr 1100 Quadratmeter nötig. Alle Verkaufsetagen erhielten eine neue Ladeneinrichtung, Decken, Klimaanlage und Böden. Doch das ständige Anwachsen des Stammkundenkreises verlangte nach noch mehr Auswahl und Verkaufsflächen. So wurde 1987 das nachbarliche Anwesen der Firma Koffer-Sans erworben und in die Verkaufsfläche auf 1700 Quadratmeter erweitert. Gleichzeitig wurde die Dom-Passage modernisiert und mit den zahlreichen Severin–Schaufenstern ausgestattet.
Auch in den Folgejahren wurde stetig in die Modernisierung, aber auch in die Mitarbeiterschulung investiert mit dem Ziel, dem Kunden ein bestmögliches Einkaufserlebnis bei Severin zu bieten.
In dem Jubiläum sieht die Familie Severin die Verpflichtung, auch in Zukunft gute und modisch aktuelle Männer-Kleidung von bewährten Marken-Fabrikanten aus dem In- und Ausland zu vernünftigen Preisen anzubieten.