Eine der unzufriedenen Patientinnen ist Monika Rüger. „Ich demonstriere dafür, dass meine Hausärztin weiterhin für mich da ist.“ Sie fürchtet, dass sie mit dem neuen System von Versorgungszentren keinen Ansprechpartner mehr hätte, der sie und ihre Familie kennt und sie bei einem Notfall am Wochenende oder am Abend versorgt. Rügers Meinung nach sei das „keine Basismedizin“ mehr.
„Mit der Demonstration wollen wir die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, in welcher Situation wir uns befinden“, sagt Dr. Gabriele Albert (Heidingsfeld). Viele Hausärzte seien existenziell gefährdet, weil sie „wegrationalisiert“ werden sollten. Scharf kritisiert sie den Management-Vertrag, den eine deutsche Krankenkasse mit einem amerikanischen Konzern geschlossen haben soll. „Da fließen sehr viele Gelder nach Amerika. Für dieses Geld, das der Konzern in einem Jahr erhält, können wir zehn bis zwölf Quartale unsere Patienten versorgen.“ Leidtragende seien vor allem chronisch kranke Patienten.
Patienten haben die Lage erkannt
„Wir gehen unter, wenn die medizinischen Versorgungszentren Wirklichkeit werden“, sagt Dr. Marion Kraßnitzer-Geyer (Heuchelhof). Wer soll zum Beispiel Tumorpatienten bis zum Tod begleiten, wenn es keinen Hausarzt mehr gibt, fragt sie. Kraßnitzer-Geyer gehört zum Organisationsteam der Würzburger Kundgebung. Nach ihren Angaben ist der Wunsch zu demonstrieren, vor allem von den Patienten gekommen, weil sie ihre Lage richtig erkannt haben. „Wir sind in den Praxen angesprochen worden. Die Patienten wollen den Politikern zeigen, dass sie ihre Hausärzte brauchen. Von mir allein sind 80 Patienten dabei.“ Die Ärztin droht den Politikern, „dass Patienten auch Wähler sind“.
Jedes Jahr müssen Hausärzte, laut Dr. Monika Brugger aus der Innenstadt, immer neue Veränderungen umsetzen und immer mehr bürokratische Hürden überwinden. „Erschwerend kommt hinzu, dass wir mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, unsere Patienten oft nur leidlich versorgen können.“ Die Öffentlichkeit soll endlich davon erfahren, dass die Ärzte eigentlich nur noch den Mangel verwalten. Ein weiteres großes Problem sieht Brugger in einem fehlenden Gremium, in dem Hausärzte über ihre Nöte und Sorgen sprechen könnten.
Versorgung durch Großkonzerne?
Auch Dr. Michael Deckelmann aus Rottenbauer demonstrierte am Mittwoch in der Innenstadt mit. Er will so verhindern, dass Patienten nur noch durch Großkonzerne versorgt werden und dass die Vertrauensbindung zwischen Hausarzt und Patienten zunichte gemacht wird. Kategorisch lehnt er eine „Amerikanisierung unseres Gesundheitswesens“ ab. Darauf laufe es hinaus, wenn vier Großkonzerne bestimmten, was die Patienten an Leistungen bekommen sollten. „Und was passiert mit den Patienten, die sich im System nicht zurechtfinden?“ Zum Vorwurf, dass es den Hausärzten um mehr Geld gehe, sagte er: „Es ist einfach zu behaupten, es geht uns nur um unsere Tasche. Dabei ist das doch sekundär. Gewiss ist eine Arztpraxis ein Geschäft, von dem wir leben müssen. Aber das klemmt man uns doch derzeit permanent ab.“
Hausärzte wollen laut Dr. Albrecht Wördehoff (Innenstadt) weiterhin Vertrauenspersonen für die Patienten sein. Er verglich ein medizinisches Versorgungszentrum mit einem Call-Center. Dort würden Patienten wie Nummern behandelt. „Wir wollen aber keine Nummer behandeln.“