Plötzlich gibt es ein Krachen in der Ritterstraße in Burggrumbach: Mit einem Mal stürzt am Mittwochnachmittag gegen 15.30 Uhr das Dach eines alten Wohnhauses in dem Unterpleichfelder Ortsteil in sich zusammen (wir berichteten). In den Trümmern zwei Menschen: ein 52-Jähriger und sein 17-jähriger Sohn, die am Abriss des Hauses gearbeitet hatten.
Die Beiden haben Glück im Unglück: Nachbarn haben den Einsturz mitbekommen und sind sofort zur Stelle. "Die Beiden waren zum Teil verschüttet", berichtet wenig später Dieter Weisensel. Der 62-Jährige ist Feuerwehrkommandant in Burggrumbach. Als er kurz nach dem Unglück mit seiner Wehr zur Stelle ist, sind die beiden Männer bereits aus den Trümmern geborgen worden. Sie sind verletzt, aber es besteht keine Lebensgefahr. Der Rettungsdienst bringt sie ins Krankenhaus.
Für Dieter Weisensel und seine Feuerwehrleute ist der Einsatz aber noch nicht zu Ende. Denn aus dem Schuttberg ragt der Schornstein nach oben, von dem niemand weiß, wie stabil er nach dem Einsturz des Daches noch ist. "Wir haben entschieden, dass der Kamin nicht stehen bleiben kann,", sagt Weisensel, " wenn ein Unwetter oder Wind aufkommt, könnte er umfallen. Deshalb legen wir ihn jetzt ein."
Viola Gottwald verbindet mit dem Haus Erinnerungen an die Besuche bei der Oma
Viola Gottwalt beobachtet, wie die Feuerwehrleute mit einem Radlader versuchen, den Kamin einzureißen. Die 55-Jährige wohnt schräg gegenüber, zu dem eingestürzten Haus hat sie eine ganz besondere Verbindung: "Da hat bis 1984 meine Oma gewohnt." Danach wurde das Haus verkauft. Mit ihrem Smartphone macht sie noch schnell ein paar Bilder.
"Ich war als Kind sehr oft und sehr gern hier."
Viola Gottwalt über das eingestürzte Haus in Burggrumbach
"Das war ein altes Bauerngehöft, wie es früher halt so war", sagt sie. Viola Gottwalt weiß noch genau, wo die Stube war, wo der Schlafraum von Oma und Opa, die Küche und der Hühnerstall. Einen Gewölbekeller gab es auch: "Dort waren die Einmachgläser und die Kartoffeln." Erst vor zwei Monaten hatte sie vor dem geplanten Abriss noch mal einen Blick ins Haus werfen können. "Ich war als Kind sehr oft und sehr gern hier. Ich habe mich mit meiner Oma wunderbar verstanden, sie war eine herzensgute Frau", erinnert sie sich. Selbst wohnt sie seit 23 Jahren in Burggrumbach.

Inzwischen ist auch ihre Mutter Marita Gottwalt vor Ort. Die 77-Jährige ist in dem Haus geboren worden. "Jetzt bin ich doch schockiert", sagt sie, als sie auf die Unglücksstelle blickt. Viele Jahrzehnte hat ihre Familie hier gelebt, zuletzt ihre Mutter Rita. "Mein Urgroßvater stammte aus Prosselsheim, er hat das Anwesen gekauft, wohl in den 1880er Jahren."
Marita Gottwalt ist schon 1966 ausgezogen, zuletzt stand das Haus leer, die jetzigen Besitzer erwarben das Anwesen vor einigen Jahren. "In dem Geviert hier ist das mit Sicherheit eines der ältesten Häuser gewesen", sagt sie. Wie alt genau das Haus war, weiß sie aber auch nicht. "Ich wäre gern noch mal mit dem Herrn Dusel hineingegangen, der könnte das bestimmt sagen."
"In dem Geviert hier ist das mit Sicherheit eines der ältesten Häuser gewesen."
Marita Gottwalt, ehemalige Bewohnerin
Günter Dusel ist so etwas wie das wandelnde Ortsgedächtnis von Burggrumbach. Der 73-jährige ehemalige Lehrer und pensionierte Regierungsdirektor ist seit 2016 Vorsitzender des Kulturgeschichtlichen Arbeitskreises im Dorf und Autor von lokalgeschichtlichen Publikationen. "Das Haus stand schon im Jahr 1679", sagt er am Donnerstag am Telefon. Als "altes edelmännisches Fronhaus" sei es damals auf 159 Gulden taxiert worden: "Das war eine mittlere Kategorie." Wie üblich wurde es wohl mehrfach umgebaut – und überstand auch den großen Dorfbrand beim Rückzug der französischen Truppen im Jahr 1796. Unter Denkmalschutz stand es nicht.
Erst im dritten Anlauf gelingt es, den Schornstein umzulegen
Für historische Rückblicke hat die Burggrumbacher Feuerwehr am Mittwochnachmittag allerdings keine Zeit. Kommandant Dieter Weisensel und seine Aktiven müssen sich immer noch mit dem einsturzgefährdeten Schornstein beschäftigen. Zunächst versuchen sie es mit einem normalen Radlader. Doch die Schaufel kommt nicht richtig an den Kamin heran. Dann kommt ein Teleskoplader, aber nach wenigen Versuchen bricht Weisensel die Aktion ab. Zu groß ist die Gefahr, dass der Schornstein in die falsche Richtung fällt.

Mit einer Drehleiter gelingt es schließlich, an den Schornstein heranzukommen und ein Seil anzulegen. Mit einem Traktor wird der Kamin kontrolliert zu Fall gebracht. "Das ging dann relativ schnell", sagt Weisensel danach. Für ihn, der seit seit rund 20 Jahren Feuerwehrkommandant ist, endet damit kurz nach 18 Uhr ein Einsatz, den er in seiner langen Zeit als Aktiver noch nicht erlebt hat: "Das hatten wir so auch noch nicht in Burggrumbach."