Der Gemeinde Kirchheim stehen finanziell schwierige Jahre bevor. Dieser Eindruck entsteht, wenn man in den Haushalts für 2023 blickt. Der Kämmerer plant für die kommenden drei Jahre mit neuen Schulden in Höhe von insgesamt 5,6 Millionen Euro. Käme es so, würde die Gemeinde von Tilgung und Zinsen finanziell erdrückt. "Eine Erwirtschaftung der ausgewiesenen Kreditkosten scheint dauerhaft nicht gegeben", schreibt Andreas Schäffner in seinem Bericht. Schon in diesem Jahr verfehle demnach die Gemeinde die Mindestzuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt wie im Kommunalen Haushaltsrecht vorgeschrieben. Ab 2024 sei dann, so der Kämmerer, eine Zuführung gar nicht mehr darstellbar und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune nicht mehr gegeben.
Für Bürgermeister Björn Jungbauer sind die Zahlen, die der Kämmerer nun im Gemeinderat vorgestellt hat, ein "Warnsignal", wie er auf Nachfrage erklärte: "Der Spielraum wird enger und schwieriger, wir müssen gucken, dass wir uns optimieren". Er geht jedoch davon aus, dass das Ergebnis wie früher am Jahresende deutlich besser ausfällt als errechnet. Dennoch werde die Gemeinde wohl nicht darum umhinkommen, ihr Tafelsilber anzugreifen. Dieses besteht in Flächen, die die Steinbruchindustrie für die Erschließung neuer Steinbrüche benötigt. Die Verkaufserlöse seien im Haushaltsbericht noch nicht enthalten. Sie dürften also für eine deutliche Entspannung sorgen. Auch ist fraglich, ob alle Projekte, so wie geplant, in diesem Jahr auch tatsächlich umgesetzt werden. Jungbauer geht daher davon aus, dass das Schreckensszenario des Kämmerers – eine Pro-Kopf-Verschuldung von 2900 Euro – nicht eintritt.
Gewerbesteuer rückwirkend angehoben
Die Gewerbesteuer wurde zudem rückwirkend für dieses Jahr um 30 Prozentpunkte auf 370 Prozent angehoben. Dies bringt geschätzt 75.000 Euro zusätzlich in die Gemeindekasse. Sie ist mit gut 800.000 Euro angesetzt. Zu einer neuen Geldquelle könnte später die große am Egenburger Hof geplante Photovoltaik-Anlage werden. Diese dürfte in einigen Jahren Gewerbesteuern erwirtschaften. Auch möchte die Gemeinde mit dem Betreiber der Anlage zusätzlich eine jährliche Vergütung aushandeln. Auch hier geht der Bürgermeister von Einnahmen von etwa 75.000 Euro aus. Dies würde ausreichen, um den jährlichen Kapitaldienst für das Schwimmbad abzudecken.
Um böse Überraschungen zu vermeiden, hat die Gemeinde eine Umfrage bei den wichtigsten Gewerbesteuerzahlern durchgeführt. "Der Boom, wie er in den letzten Jahren war, ist nicht mehr da", stellt Jungbauer fest. Mit Abstand am wichtigsten ist die Steinindustrie. Derzeit gibt es elf Unternehmen, die in 18 Steinbrüchen Muschelkalk brechen und insgesamt rund 300 Mitarbeiter beschäftigen.
Die Empfehlung des Kämmerers, die geplanten Baumaßnahmen nochmals genau auf ihre Finanzierbarkeit zu überprüfen und sich auf die kommunalen Pflichtaufgaben zu beschränken, hat die Gemeinde zumindest zum Teil beherzigt. Gestrichen wurde das "Millionenprojekt" Ortsverbindungsstraße Kirchheim-Gaubüttelbrunn. Schwierigkeiten, an die nötigen Grundstücke zu kommen, hätten die Kosten in die Höhe getrieben.
Renaturierung des Moosbachs unaufschiebbar
Darüber hinaus gibt es kaum Spielraum. Die höchsten Ausgaben sind mit 1,6 Millionen Euro für den Kindergarten St. Michael Kirchheim und 800.000 Euro für St. Anna in Gaubüttelbrunn für die Kinderbetreuung vorgesehen. Allesamt Pflichtaufgaben der Gemeinde. Auch die Renaturierung des Moosbachs ist kaum längere Zeit aufschiebbar. Denkbar wäre es, die Sanierung des Freibads zu streichen, die mit 2,2 Millionen Euro im Haushalt steht. Insgesamt sind wohl knapp drei Millionen Euro nötig. Hierauf möchte jedoch keiner im Gemeinderat verzichten. Insgesamt sind für Baumaßnahmen 6,2 Millionen Euro eingeplant.
Die Gemeinde habe kein Einnahme- sondern ein Ausgabenproblem, so Jungbauer. Einen großen Ausgabenposten bildet etwa die Umlage für den Landkreis. Kirchheim bezahlt 1,1 Millionen Euro, gut 160.000 Euro mehr als noch im Vorjahr. Stattlich ist auch der Kostenzuwachs für die Kindergarten-Betreuung aufgrund der steigenden Kinderzahlen. Die Ausgaben sind in den letzten fünf Jahren um 250.000 Euro gestiegen, die für die Grundschule um 85.000 Euro.
Das Haushaltsvolumen der Gemeinde wächst seit Jahren. Im Jahr 2010 lag es noch bei 3,6 Millionen Euro. Für 2023 kommt der Kämmerer auf das Rekordniveau von knapp 17 Millionen Euro.