„Das Neujahrsfest ist traditionell ein Familienfest bei uns.“ Für Chinesen habe das Fest eine so große Bedeutung wie für den westlichen Kulturkreis Weihnachten und Silvester zusammen, erklärt Kai Hu.
Dass China die Olympiade ausrichtet, ist für ihn ein großer Vertrauensbeweis, den man auch nicht enttäuschen werde. Er fiebert deshalb auch dem Großereignis entgegen. Ohne die Reformen der letzten drei Jahrzehnte hätte das Land diese Chance gar nicht bekommen, ist er sich sicher.
„Trotz Fortschritten in fast allen Bereichen“ hält Hu Luftverschmutzung und Umweltzerstörung für Probleme, die dringend gelöst werden müssen. „Geld verdienen ist eine Sache, aber reine Luft und sauberes Wasser sind wichtiger.“ Da müsse etwas geschehen.
Den Vorwurf aus dem Westen, dass China die Menschenrechte nicht einhält und die demokratischen Prinzipien nicht achtet, lässt Hu so nicht gelten. Wenn er mit seinen Verwandten spreche, höre er immer wieder, wie sehr sie die Freiheit genießen. Es gebe hier und da Rückschläge, räumt er ein. Aber wenn man das Ganze im Fünfjahresrhythmus betrachtet, werde man feststellen: „Das Land macht alle fünf Jahre enorme Fortschritte - auch in Sachen Menschenrechte.“
Vor 20 Jahren kam Kai Hu als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdiensts nach Deutschland. Deutsch hatte er in Shanghai gelernt und die Prüfung zum Nachweis deutscher Sprachkenntnis am Hubland abgelegt. Der Zufall wollte es, dass zwischen 20 und 30 chinesische Austauschstudenten zeitgleich in der Nähe wohnten. „Wir haben eine Spielmannschaft gebildet, besonders am Wochenende miteinander Karten und Tischtennis gespielt und gleichzeitig Erfahrungen ausgetauscht.“
Damit ließ sich Heimweh ein wenig lindern. Zwar war er damals schon mit der Kommilitonin Hong Han verheiratet, musste aber in den ersten Jahren ein Single-Leben führen. Seine Frau, ebenfalls eine Medizinerin, reiste erst zwei Jahre später nach. Und wie war damals das Nachtleben in Würzburg? „Ach, so etwas kannten wir gar nicht; wir hatten es in China auch nicht gekannt.“
Zu Hause in Rottenbauer spricht die Familie Chinesisch und Deutsch, wobei die beiden Töchter unter sich nur Deutsch sprechen. Hanhan Hu (19) und Kelly Han (12) sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Dass die Kinder verschiedene Familiennamen haben, erklärt der Vater so: „Wir haben das Glück, zwei Kinder zu haben. Aus Dankbarkeit haben wir uns entschieden, dass je ein Kind den Familiennamen eines Elternteils annimmt.“ Hintergrund: Wenn die Familie in China geblieben wäre, hätte sie höchstens ein Kind haben dürfen – wegen der Ein-Kind-Politik. Diese war mit dem Ziel eingeführt worden, das rasante Bevölkerungswachstum in der Volksrepublik einzudämmen.
„Es gefällt uns hier sehr gut. Vor allem die Luft ist so rein“
Kai Hu gebürtig aus China
In Würzburg hat Familie Hu ihre zweite Heimat gefunden. „Es gefällt uns hier sehr gut. Vor allem die Luft ist so rein“, sagt Kai Hu lachend. Das sei kein Vergleich mit der Luft in chinesischen Großstädten. Die Eheleute arbeiten in der Forschung an der Universitätsklinik: sie im Forschungslabor der Augenklinik und er im Bereich der Kardiologie. Die ältere Tochter, die sich gerade in China aufhält, ist mit dem Abitur fertig und will studieren. Die jüngere Tochter besucht das Röntgen-Gymnasium.
Eigentlich hat Kai Hu in Deutschland persönlich keine Ausländerfeindlichkeit erlebt. „Aber“, sagt er, „ich würde es mir sehr überlegen, bevor ich eine Stelle in Ostdeutschland annähme.“