Humor ist ein hartes Geschäft in diesen Tagen. Aber wenn es Nacht geworden ist, dann kommt das Vampirgebiss zurück in die Schublade, der Tiger schlummert auf dem Kleiderbügel und das schräge Monster döst brav neben Miss Piggy. Es ist Ladenschluss in Würzburgs Wundertüte der Verkleidung, und Hubert Greif, Herr über Kappe und Kostüm, schließt die Türe ab. Für zwei Stunden entflieht er nun dem geschäftlichen Frohsinn. Im Ratskeller ist ein Tischchen für ihn reserviert. Bei einer Rothhändle ohne Filter findet Hubert Greif die erste Ruhe des Tages.
Es ist Fasching, und im Fasching ist Hubert Greif ein Profi. Seit 1980 führt er das Geschäft in der Dominikanergasse, und dabei hatte er ursprünglich einmal Psychologe werden wollen, hat in Tübingen studiert. Doch dann ereilte ihn die Nachricht vom Tod der Mutter. Er kehrte zurück in die Domstadt und übernahm den Laden mit Kunstgewerbe, Zinn und Faschingsbedarf, in dem er schon als Kind mitgeholfen hatte. Zwischen Hexen und Clowns hat er seine Berufung gefunden: "Ich mag Menschen um mich rum", sagt der 55-Jährige, "ich könnte nie einen Bürojob machen."
Improvisation als Geheimnis
Im Heer der Schlips tragenden Geschäftsführer ist Hubert Greif ein Kauz: Ist das Tohuwabohu in seinem Laden auch noch so groß, mit sonorer Stimme und Improvisationskunst schafft er es, auch mal drei Kunden gleichzeitig zu bedienen und nebenbei seinen Helfern noch zu sagen, wo die bestellten Langhaar-Perücken lagern. Der Schlaks mit dem schütteren, langen Haar und der großen Brille ist sein eigenes Markenzeichen, und das weiß er: "Ich glaube, durch meine Art wirke ich auf Menschen wie ein Magnet."
Der Laden ist sein Leben: Zuhause hat er keinen Fernseher und kein Radio, "dafür mehr Bücher als Kleider", so Greif. Die Kunden honorieren den Service, "denn ich rate auch mal ab, wenn ich von einem Produkt nicht überzeugt bin". Er kennt seine Pappkameraden, "mittlerweile beschränke ich mich auf drei, vier Lieferfirmen, zu denen ich ein gutes, persönliches Verhältnis habe. Qualität, Preis, Lieferzeit - das alles muss stimmen". Faschingsfreunde aus ganz Unterfranken finden so den Weg zu ihm, "und viele sind Stammkunden", freut sich Greif, der auch örtliche Politprominenz für die wählerwirksamen Auftritte im Narrenschiff ausrüstet.
In der Dominikanergasse 6 weht so noch ein bisschen der liebenswerte Charme aus der Tante-Emma-Zeit. Bestellungen schreibt Hubert Greif in seinen dicken Block mit karierten Blättern, addiert wird mit einem Taschenrechner. "Was soll mir ein Computer bringen", fragt der Chef, der gerne einmal Kostüme designen würde, "wenn ich etwas aufschreibe, dann weiß ich es".
Leute, die sich verkleiden, kann er sogar verstehen, auch wenn sich sein Zugang zum Fasching "erst entwickelt hat". Er würde es ja auch gerne tun. Aber Geschäft ist Geschäft. Er macht Urlaub im Sommer, am liebsten in einer Großstadt, "denn eigentlich ist mir Würzburg zu klein". Vielleicht übernimmt einmal die Tochter, die derzeit das Abitur macht und bei der Mutter in Tübingen lebt, den Laden. Es würde ihn freuen.
Immer vier Kugeln Eis
So, der Nachtisch, wie immer vier Kugeln Eis, ist verspeist. Hubert Greif nimmt seine Pudelmütze, und dann geht es zurück in den Laden. Bis weit nach Mitternacht sortiert er dort noch Narren-Outfit. Und am Aschermittwoch? Alles vorbei? "Da", sagt er, "fange ich an mit der Inventur." Der Übergang ist nahtlos, "ich lebe ja sowieso schon halb in der nächsten Session". Im März schicken die Lieferanten die neuen Kataloge . . .