Vor Gericht stand ein Kfz-Meister aus dem Landkreis unter anderem deswegen, weil er zu einem Mann aus dem Nachbardorf „Du siehst wie Adolf Hitler aus“ gesagt haben soll. Wegen dieser und weiterer Beleidigungen von beachtlicher Bandbreite hatte der Handwerker (66) einen Strafbefehl über 600 Euro erhalten, aber Einspruch eingelegt, weil er einen Freispruch haben wollte. Verhandelt wurde der Fall jetzt beim Amtsgericht.
Ob es da seiner Meinung nach irgendwelche Ähnlichkeiten gibt, zwischen Hitler und dem beleidigten Zeugen, fragte Richter Christian Eisert den Angeklagten und vermutete das nur zwei bis drei Zentimeter breite sogenannte Chaplin-Bärtchen als Auslöser für den Vergleich. Der Angeklagte ging jedoch darauf nicht ein und sagte: „Weiß ich doch nicht. Den schau ich doch gar nicht an“. Und außerdem sei der Satz gar nicht gefallen. Und nicht er habe andere beleidigt, sondern die ihn.
Mittelfinger und mehr
Ihm zeige man bei jeder Gelegenheit den Mittelfinger und er wisse gar nicht, ob er vor Gericht sagen dürfe, was man ihn schon alles genannt hat. Da machte ihm Richter Eisert Mut: Er könne, egal um welches Schimpfort es da geht, mit Sicherheit dennoch gut schlafen, wenn er es gehört habe. Und da sagte der Angeklagte dann: Sogar „Wichser“ habe man ihn schon genannt.
Der andere (50) und dessen guter Bekannter (61) aus einem Dorf im Landkreis Schweinfurt habe ihn auch schon mit Worten angemacht und dann immer wieder gesagt: „Schlag doch zu!“
Zur Standard-Sammlung beleidigender Äußerungen gehört auch bei älteren Semestern auf dem flachen Land offensichtlich längst das „Motherfucker““ aus dem Englischen. Das soll der Angeklagte auch eingesetzt haben neben Standards wie dem „ Du A…loch“. Ganz offensichtlich kommt man schnell verbal zur Sache, wenn der Angeklagte den Mann trifft, der für ihn ein „rotes Tuch“ ist.
Streit über Schwarzarbeit
Den Hintergrund schon seit vielen Jahren bestehender Spannungen wollte der Richter gar nicht erst ausleuchten. Jedenfalls unterstellt der Kfz-Meister seinem Kontrahenten, dass der auf seinem Hof nebenbei Autos repariert, obwohl er das gar nicht gelernt hat. Und deswegen fuhr er immer wieder dort vorbei, notierte sich die Kennzeichen von Fahrzeugen, die seiner Meinung nach nicht dorthin gehören und gab sie, als Fälle von Schwarzarbeit, an die Handwerkskammer weiter. Herausgekommen sei dabei bisher nichts. Im Gegenteil: Man habe ihn wegen falscher Anschuldigung angezeigt, aber das Verfahren wurde eingestellt.
Das mit der angeblichen Schwarzarbeit hat der Zeuge bestritten und auch, dass er, allein oder mit seinem Bekannten, den Angeklagten beleidigt habe, weder spontan noch als Reaktion auf dessen Beleidigungen. Tatsache sei, dass der Angeklagte ihn sogar mit dem Auto verfolgt, sich an das Grundstück seines Bekannten heranpirscht, mit dem Handy fotografiert, ihm den Scheibenwischer zeigt…
Einen sogenannten „Belastungseifer“ konnte das Gericht bei den beiden Zeugen nicht erkennen, zumal ein an der Dauer-Fehde unbeteiligter Schüler den Vergleich mit Adolf Hitler mitbekommen hat.
Geldstrafe erhöhen
Da dachte Richter Eisert laut nach und kam zu dem Schluss, dass bei der Verhandlung vielleicht mehr als die ursprüngliche Geldstrafe von 600 Euro im Strafbefehl herauskommen könnte. Damit es nicht noch teurer wird für den Angeklagten, regte er an, den Einspruch zurück- und den Strafbefehl anzunehmen. Auch der Staatsanwalt war der Meinung, dass eher noch eine höhere Geldstrafe vertretbar sei als der vom Angeklagten erhoffte Freispruch.
„Die anderen sind zu Dritt“, sagte der Angeklagte resignierend, nahm seinen Einspruch zurück und sagte, „die werden sich natürlich freuen“. Richter Eisert wollte den Kontrahenten noch einen Frieden stiftenden Hinweis mitgeben, nämlich, sich künftig aus dem Weg zu gehen.
Doch daraus wird wohl nichts. Einer der Zeugen fragte gleich noch nach dem Aktenzeichen des Falles, weil er seinen Rechtsanwalt über den Ausgang des Verfahrens informieren wolle und weil da noch was Privates nachkommt. Da war der Richter leicht angefressen und sagte, das Aktenzeichen stehe draußen vor dem Sitzungs-Saal, am Aushang neben der Tür. Eine Anzeige gegen die Zeugen soll auch unterwegs sein.