Alexander Knahn wischt sich seine feuchten Hände noch mal kurz an der Hose ab. Sven Winzenhörlein sortiert nervös seine Karteikarten und Sarah Braunreuther blickt aufgeregt in die Weite der großen Mainlandhalle in Höchberg. Eines haben alle drei Bürgermeisterkandidaten am Dienstag vor Beginn der Main-Post-Wahlarena gemeinsam: Sie sind angespannt. Nur ein Politiker kann sich entspannt zurücklehnen. Bürgermeister Peter Stichler muss an diesem Abend nicht auf die Bühne und sich den Fragen der Main-Post-Redakteure Julia Back und Torsten Schleicher stellen. "Ich habe fertig" schreibt er nach 26 Jahren Amtszeit im kurzen Einspielfilm auf einen Zettel und schließt seine Bürotür mit einem leisen "Tschüss" an die Höchberger.
Deswegen ist die Wahl zum Höchberger Bürgermeister am 15. März auch so spannend. Mit dem überparteilichen Knahn, der CSU-Kandidatin Braunreuther und dem Grünen-Amtsanwärter Winzenhörlein wird es nach 75 Jahren erstmals keinen SPD-Bürgermeister mehr in Höchberg geben - das ist sicher. Wer es wird? Das ist offen, wie der ausgeglichene Begrüßungsapplaus der gut 850 Interessierten für jeden einzelnen Bewerber zeigt.
Der erste Schlagabtausch nach zwölf Minuten
Und auch bei den Antworten auf die Sachthemen fällt auf, dass es - zumindest im Publikum - keine eindeutigen Lager gibt. Bei der Frage, wie ein Verkehrskonzept für Höchberg aussehen kann, sind sich die drei Kandidaten zumindest darin einig, dass der öffentliche Personennahverkehr verbessert werden sollte. Die unterschiedlichen Positionen liegen im Detail. Sven Winzenhörlein will beispielsweise Höchberg mit einem vernünftigen Takt an die Straßenbahn anschließen. Die Pläne dafür lägen bereits seit 20 Jahren in der Schublade.
"Welche Pläne?", grätscht Alexander Knahn dazwischen. "Die Straba ist schon attraktiv, aber Pläne gibt es nicht", sagt der 44-jährige, der seit zehn Jahren das Bauamt der Gemeinde leitet. Knahn favorisiert eine Schnellbuslinie nach Würzburg, auch weil der Straba-Anschluss gut 20 bis 30 Jahre dauern könnte. "Das geht auch zügiger", erwidert Winzenhörlein und nennt das Beispiel Ulm, wo zwischen Planung und Fertigstellung gerade mal sieben Jahre vergangen seien.
Bei den Kandidaten legt sich die Anspannung
Und Sarah Braunreuther? Sie möchte, dass am Wochenende die Busse häufiger nach Würzburg fahren - halbstündig, statt wie bisher stündlich. Und sie hofft auf den Mobilitätsausschuss zwischen Stadt und Landkreis Würzburg, der Verbesserungen bringen soll.
Noch liegen die Kandidaten gleich auf. Langsam legt sich ihre Anspannung. Sven Winzenhörlein spricht mit unaufgeregter Stimme, Alexander Knahn setzt immer wieder geschickte Konter und mit dem Wissen aus dem Gemeinderat hat Sarah Braunreuther stets die Fakten parat.
Bedeutet eine Verkehrsberuhigung das Aus für Höchberger Geschäftsleute?
Großes Aufregerthema in Höchberg ist der Verkehr durch die Hauptstraße, die von vielen Autofahrern gerne als Abkürzung zu den Bundesstraßen 8 und 27 genommen wird. Und nicht jeder hält sich an Tempo 30, das hier gilt. CSU-Kandidatin Braunreuther möchte für einen begrenzten Bereich Schrittempo einführen - und dies per Bürgerentscheid bewirken. Das habe ihrer Meinung nach den Effekt, dass die Umgehung besser angenommen und die Hauptstraße nicht mehr als Abkürzung gesehen werde.

Und wieder geht Knahn in die Offensive. Dieses Mal spricht er Sarah Braunreuther an. Verkehrsberuhigung und mehr Parkplätze in der Hauptstraße, die seine 39 Jahre alte Mitbewerberin fordert, würden sich widersprechen. "Nein, das ist kein Widerspruch", erwidert Braunreuther. "Die Geschäfte in der Hauptstraße können nicht alleine von Höchberg leben", sagt Knahn und resümiert: "Wir brauchen den Verkehr in der Hauptstraße, um die Nahversorgung zu erhalten."
Sven Winzenhörlein ist das zu kurz gedacht. "Ein verkehrsberuhigter Altort ist nicht der Tod der Geschäfte." Im Gegenteil: Die Aufenthaltsqualität würde besser werden - und das sei doch schließlich auch für die Einzelhändler von Vorteil.
Betonmischer, Sauerbraten und Tatort
Auf der Bühne sticht eine blaue Kunststoffbank hervor. Auf dem "Bänkle", entliehen aus dem benachbarten Schwimmbad, versuchen die Moderatoren, den Kandidaten Persönliches zu entlocken. Sarah Braunreuther beispielsweise geht gerne im Baumarkt shoppen und hilft dem einen oder anderen Höchberger schon mal mit Werkzeugen aus. Sogar einen Betonmischer hat die Ergotherapeutin in der Garage stehen.
Über Sven Winzenhörlein erfährt das Publikum, dass er gerne kocht. Sauerbraten kommt aber keinesfalls auf den Tisch. Der 44 Jahre alte Informatiker ist Vegetarier - und mittlerweile auch seine Familie. Seit 15 Jahren wohnt der gebürtige Schweinfurter in Höchberg. "So lange habe ich noch nie an einem Ort gelebt", sagt er. Bewusst habe er Höchberg ausgesucht, weil es "hier toll ist" und er hier leben will.
Die große Bühne ist Alexander Knahn nicht fremd. Der Name des 44-Jährigen ist in einer Komparsen-Datei hinterlegt und so passiert es schon einmal, dass er für Fernsehfilme engagiert wird. Unvergessen sein Satz, "Guten Abend", als er im Tatort als Streifenpolizist für die Kommissarin das Absperrband hochhob. Auch mit Schlagersänger Jürgen Drews stand er schon auf der Bühne - damals, vor 25 Jahren im Grömitzer Kurpark.
Wie geht's weiter am Hexenbruch?
Und dann gibt es in Höchberg noch den Hexenbruch, ein Wohnquartier, das Ende der 60-er Jahre entstanden ist. Wie soll dieses Gebiet weiter entwickelt werden? Der tegut-Markt, der gerade am Mainlandzentrum gebaut werde, sei ein Startschuss, sagt Alexander Knahn. Ein Ärztehaus könne er sich dort auch im verlassenen Derag-Komplex vorstellen. Es gelte grundsätzlich, die Aufenthaltsqualität im ganzen Ort zu steigern, sagt Sarah Braunreuther. Für den Hexenbruch könne sie sich einen grünen Markt vorstellen. "Kein Weg führt am Derag-Zentrum vorbei", sagt Sven Winzenhörlein. "Daraus etwas zu machen, wird eine Mammutaufgabe."
Wer hat sich am besten geschlagen?
Nach drei Stunden können die Kandidaten durchatmen. Aber, wer hat sich jetzt am besten geschlagen? "Ich bin unschlüssig", sagt Jutta Günder aus Höchberg. Auch Ingo Bolg weiß nicht so recht, was er darauf antworten soll. "Es war schon viel Harmonie unter den Kandidaten", sagt er. "Alle haben sich gut behauptet", meint eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will. Und Jürgen Hofmann ist dankbar dafür, Informationen bekommen zu haben. Dass sich die Kandidaten dabei nicht beharkt haben, findet er besonders gut.