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WÜRZBURG: Hofkirche: Eine wunderschöne Baustelle

WÜRZBURG

Hofkirche: Eine wunderschöne Baustelle

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    Vom Himmel zur Hölle: Hartmut Schmitt und Elke Umminger freuen sich. Jetzt sehen alle die Kontraste, die der Künstler wollte.
    Vom Himmel zur Hölle: Hartmut Schmitt und Elke Umminger freuen sich. Jetzt sehen alle die Kontraste, die der Künstler wollte. Foto: fotos Thomas obermeier

    Wenn Sünder in der zweiten Jahreshälfte nach fast dreijähriger Sanierung wieder die Hofkirche besuchen können, werden sie sich zweimal die Augen reiben oder die Brille überprüfen. Denn die berühmte Malerei in der Westkuppel über der Orgelempore mit dem „Engelsturz“, wo der Racheengel die erbärmlichen Sünder in den Abgrund der Hölle stößt, wird vor einem leuchtenden Hintergrund alle Details des Elends zeigen. Bislang gab es hier ein Produkt vieler künstlerischer Nachbesserungen und Sanierungen zu sehen, nur noch einen eher dunklen, graubrauen Sumpf. Das Kuppelgemälde ist einer der ersten größeren Bereiche, die nach der Restaurierung nun fertig und als Ganzes sichtbar sind. Schließlich soll auf der Empore darunter sehr bald die Orgel schon wieder installiert werden.

    Sonst scheint es aber fast unglaublich, dass dieser weltberühmte Kirchenraum schon im Sommer wieder besichtigt werden kann. Sogar ein offizieller Einweihungstermin am 21. September mit dem bayerischen Finanzminister steht schon fest. Über das Ministerium werden die Kosten der Maßnahme von insgesamt 3,5 Millionen Euro abgedeckt.

    Noch ist der gesamte Kirchenraum vom Boden bis unter die 18 Meter hohen Kuppelscheitel mit einem Gerüst-System verstellt, das keinen Gesamteindruck von der künftigen Strahlkraft der Hofkirche ermöglicht, die sowohl für Touristen, aber auch für Heiratswillige ein echtes Juwel ist. Überall arbeiten noch Restauratoren an Details. Es wird vergoldet, gerieben, gemalt. Es ist sowohl ein handwerkliches, als auch ein wissenschaftliches Projekt.

    Hartmut Schmitt betreut die „zur Zeit schönste Baustelle des staatlichen Bauamts“. Er erläutert, dass vor allem Luftfeuchte- und Temperaturwechsel das im Stuck schlummernde, bauschädliche Salz Magnesiumsulfat aktivierten und dies zu umfänglichen Absprengungen an Stuck und Malschicht führte. Um zu einer besseren Klimahaltung zu kommen, wird man deshalb künftig die Hofkirche nicht mehr vom Residenzplatz aus betreten können, sondern nur noch über den südlichen Innenhof. Um aber von da in die Hofkirche zu gelangen, muss noch eine komplette Heizungsanlage und eine Elektrohauptverteilung verlegt werden. „Wir haben noch ordentlich zu tun“, so Schmitt.

    Das sind aber dennoch marginale Sachen. Die Hauptsache der Restaurierung der Hofkirche sind Reinigung und Konservierung des Originalbestandes sowie die Beseitigung und Reduzierung von schadhaften Substanzen. Die Abwägung, inwieweit spätere Zutaten akzeptiert und in die Gesamtkonzeption integriert werden können, klärt sich in einer Auseinandersetzung zwischen Kunsthistorikern, Naturwissenschaftlern und Restauratoren. Niemand käme auf die Idee, etwas an den Grundstrukturen der barocken Kirchenausstattung zu ändern. Die Planung war in den Händen des genialen Baumeisters Balthasar Neuman. Für den Stuck war dessen berühmter Lieblings-Stuckateur Antonio Bossi zuständig, Deckenmaler war Johann Rudolph Byss. Nur hat die Kirche seit ihrer Entstehung 1732/33 einiges an Veränderungen erlebt. Es wurde schon mehrfach saniert und andere Künstler haben in dieser barocken Prachtlandschaft ihre Handschrift hinterlassen. Jeder nach dem Kunstverstand und den wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen seiner Zeit.

    Zuletzt wusste kaum einer mehr, was vom Ursprung übrig war. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Residenz weitgehend zerstört. Glücklicherweise hatten die gemauerten Gewölbe der Hofkirche Stand gehalten. Das hatte zunächst die Grundsubstanz der Hofkirche geschützt. Viel zu spät aber wurde das Dach abdichtet. Wind und Wetter hinterließen ihre Spuren. In den Jahren 1958 bis 1962 gab es die letzte große Restaurierung der Hofkirche. Es waren Rettungsmaßnahmen im Bereich Stuck und Malschicht. Karl Körner hat mit einer bunten Palette von Pigmenten und reich an diversen Bindemitteln das Deckengemälde restauriert. Voruntersuchungen hatten ergeben, dass zur Festigung der Stucksubstanz bei der Nachkriegsrestaurierung unter anderem Kunststoffe eingesetzt wurden, die man heute nicht mehr verwenden würden, so Hartmut Schmitt. Die Folgen waren Spätschäden Ende der 90er Jahre, als der vergoldete Stuck „ausblühte“ und Stuckteile abstürzten. Es musste gehandelt werden.

    Heute geht man mit wieder neuen Verfahren und Erkenntnissen an die Restaurierung heran. In der Ostkuppel arbeiten Diplom-Restauratorin Dr. Elke Umminger aus Lauda und Stephan Lochner in 18 Meter Höhe an den bisher am besten erhaltenen barocken Malereien. Ein schwieriges Unterfangen, weil die Malereien teils keine Bindung zum Untergrund mehr haben und es durch Umwandlungsprozesse von Pigmenten und Bindemitteln sowie durch Überfassungen im Zuge der Großrestaurierung um 1960 zu starken Nachdunkelungen kam. Man versucht zu retten und zu sichern, was möglich ist. Teils konnten durch Freilegungen der Überfassung das Kunstwerk des 18. Jahrhunderts zurückgewonnen werden, teils wurden Fehlstellen retuschiert. Die Feinarbeit der Strichretuschen ist für den künftigen Besucher aber wohl kaum erkennbar.

    Wenn man den alten Meistern so nahe kommt, bringt das für die Restauratoren ganz unterschiedliche Erlebnisse. Weil die Warmluft nach oben steigt, ist es im Winter in 18 Metern Höhe unter der Kuppel fast angenehm, meint Restauratorin Elke Umminger. In der Sommerhitze sieht es anders aus, da schwitzen wir im Bikini. Und wenn man so nah dran ist an der Kunst der Vorfahren, dann gibt es auch die eine oder andere Überraschung. So konnte es sich der berühmte Stuckateur Antonio Bossi wohl nicht verkneifen, im feuchten Mörtel seine Initialen zu hinterlassen. Das wurde jetzt freigelegt. In einem Joch zur Hofgartenseite hin wurde entdeckt, dass Bossi noch Stuck-Ornamente geplant hatte. Sie sind mit Kohle oder Bleistift vorgezeichnet, doch dann wohl vergessen worden. Das Schmuckstück Hofkirche hat darunter allerdings nicht gelitten.

    Ins Auge Gottes, von Jesus und Maria schauen die Besucher am Altar der Hofkirche nur aus ziemlicher Distanz. Sie können die verwendeten Glasaugen nicht erkennen. In jener Zeit wurden Augen von Figuren meist noch gemalt. Doch just in der Entstehungszeit der Hofkirche waren Glasaugen in Mode gekommen. Balthasar Neumann soll sie damals höchst persönlich aus Paris, dem damaligen Zentrum der Glasaugenproduktion, nach Würzburg mitgebracht haben.

    Die Hofkirche der Residenz

    Trotz ihrer geringen Größe gehört die 1743 geweihte Hofkirche aufgrund ihrer raffinierten Raumstruktur und des hohen künstlerischen Ranges ihrer Dekoration zu den vollkommensten Sakralbauten des 18. Jahrhunderts in Deutschland.

    Dem Architekten Balthasar Neumann gelang es, hinter der nach außen beibehaltenen viergeschossigen Palastfassade im Südwesteck der Residenz einen völlig überraschenden, ausschließlich aus kurvierten Wänden bestehenden Raum mit drei ovalen Gewölbekuppeln zu schaffen. Die Ausstattung schufen zumeist Würzburger Hofkünstler wie Rudolph Byss, Antonio Bossi die Stuckaturen und Stuckfiguren, Johann Wolfgang van der Auvera die Marmorskulpturen der Heiligen Kilian und Burkard seitlich des Hochaltars. Unter der besonderen Ausstattung ragen die beiden Seitenaltargemälde noch einmal heraus. Sie stellen den „Engelsturz“ und die „Himmelfahrt Mariae“ dar und sind Werke Giovanni Battista Tiepolos aus dem Jahr 1752.

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