Der Tod gehört zum Leben, lautet ein geflügeltes Wort. Anders gesagt: Jeden kann es heute oder morgen treffen. Wer damit noch nicht konfrontiert wurde, kann sich die Verzweiflung kaum vorstellen, wenn Menschen ihre Lieben verlieren. Die Betroffenen nicht alleine lassen, sie auffangen, halten, Verständnis zeigen – all dies hat sich der Hospizverein zur Aufgabe gemacht. Und bietet ihnen seine Dienste kostenlos an.
Der Verein will sich bekannter machen, denn viele Menschen wüssten gar nicht, was der Hospizverein alles für sterbenskranke Menschen und ihre Angehörigen tut. Sie hätten nur zufällig davon erfahren oder über eine Anzeige, die wöchentlich neben den Todesanzeigen in der Tageszeitung steht. Also stellen sich Verein und einige Mitarbeiter im Hospizzentrum in der Neutorstraße 9 vor. Vorsitzender ist Wolfgang Engert, 2. Vorsitzender Peter Collier.
Die Hospizidee
Der Würzburger Verein, gegründet 1991, folgt der Idee der modernen Hospizbewegung, die auf die beiden Ärztinnen Cicely Saunders (* 1918, † 2005) und Elisabeth Kübler-Ross (* 1926, † 2004) zurückgeht. Es geht um die Würde des Menschen – bis zuletzt. Saunders sagte zu einem Sterbenden: „Sie sind uns wichtig, weil Sie eben Sie sind. Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig!“ In diesem Sinne macht der Hospizverein das Thema Tod greifbar.
Patienten, Angehörige und Freunde werden im Sinne der Hospizidee soweit irgend möglich immer ganzheitlich begleitet. Neben den körperlichen Beschwerden wird versucht, auch auf psychische, psychosoziale und spirituelle Bedürfnisse einzugehen. Schmerzen, Unruhe, Angst – alles hat seinen Platz. Ebenso Gespräche. Therapien wie zum Beispiel Mal- und Musiktherapie können eine Rolle spielen und helfen, Gefühle und Emotionen auszudrücken. Und können so auch entlasten.
Die meisten Angehörigen des Würzburger Hospizvereins sind ehrenamtliche Mitarbeiter aus mannigfaltigen Schichten der Gesellschaft, von der Studentin „bis hin zur 60- oder 70-jährigen Witwe“, sagt Vorstandsmitglied Gertrude Hobeck. So engagieren sich zurzeit 101 ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter, einschließlich des Leitungs- und Ausbildungsteams. Außerdem sind vier Hauptamtliche für den Verein tätig: Koordinatorin Birgit Graber als Anlaufstelle in der Zentrale als sowie drei Mitarbeiter mit Sitz im Juliusspital, wo auch eine Palliativstation untergebracht ist. Frank Auer, Elisabeth Steinwachs und Michaela Schmitt-Münch werden vom Verein als Brückenteam gestellt. Sie bilden die Brücke zwischen medizinischer und ganzheitlicher Versorgung. Dem Verein gehören auch die Regionalgruppen Kitzingen, Lohr-Gemünden, Volkach-Gerolzhofen und Wertheim an, erläutert deren Vertreterin im Verein, Gisela Ott.
Die Palliativmedizin
Auf der Basis der Hospizidee hat sich die Palliativmedizin entwickelt. Das Juliusspital hat zwei Palliativstationen. Sie nehmen Menschen auf, die an einer weit fortgeschrittenen, nicht mehr heilbaren Erkrankung leiden und deren Lebensqualität durch Schmerzen und andere Symptome schwerwiegend beeinträchtigt ist. Das Ziel: größtmögliche medizinische Hilfe. Dafür steht ein speziell ausgebildetes Team von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten zur Verfügung.
Für manch einen überraschend, aber eben auch tröstlich mag die Erfahrung mit alten Menschen sein, die die Medizinerin Heidi Silbernagl, Gründungsmitglied des Würzburger Hospizvereins, weitergibt: Sterbende alte Menschen können – und wollen – oft nicht mehr essen. Sie verhungern nicht, erläutert Silbernagl, sondern die verbrauchten, alten Organe schaffen es nicht mehr. Deshalb komme es vor, dass Sterbende den Mund zusammenpressen: Sie wollen nichts mehr. Die Lebenden jedoch machen Leben oft an Essen und Trinken fest. Daher komme die Angst, sie würden jemanden verhungern lassen. Silbernagl: „Aber bei uns muss niemand verhungern“.
Der Hospizverein ist aber nicht nur für die letzten Tage da. „Wir freuen uns, wenn jemand wieder aufsteht. Es geht um Leben – bis zuletzt.“ Koordinatorin Birgit Graber: „Wir hatten auch schon eine Begleitung über vier Jahre.“„Oder man lässt eine Begleitung zwischendurch ruhen“, ergänzt Vorstandsmitglied Annemarie Heiß. Der Hospizverein kümmere sich auch, „wenn der Tod sich irgendwie ankündigt und einen Menschen ratlos macht“, ergänzt Silbernagl.
Wenn Zeit bleibt für Beziehung
Immer wieder bleiben Angehörige beim Verein hängen, werden Mitglied, weil sie verstanden haben, dass Zeit das Wichtigste ist, was sie geben können. Zeit ermöglicht Verständnis, Beziehung, und sie ermöglicht es, Würde bewusst zu machen. Wenn noch Zeit bleibt, ist es für Sterbenden und Helfer oft wohltuend, einander noch etwas kennenlernen zu können. Die Helfer empfinden ihre Beziehung zu den Sterbenden fast immer als gewinnbringend für das eigene Leben. Oft bleiben Dankbarkeit und Demut als Resümee.
Missioniert wird nie. Religion spielt nur dann eine Rolle, wenn der Patient dies wünscht. Deshalb hängen in den Räumen in der Neutorstraße keine religiösen Symbole – nicht einmal ein Kruzifix. Außerdem wird immer versucht, passende Helfer zu finden. Alter, persönliche Einstellung, die Chemie sollen stimmen – so, wie es dem Patienten gut tut. Die Hospizhelfer selbst erfahren im Verein Hilfe (Supervision), um sich selbst nicht zu überfordern.
Der Verein erhält von den Krankenkassen kleine Zuschüsse und finanziert sich ansonsten aus Spenden, nimmt jedoch Spenden von unmittelbar Betroffenen nicht an.
Gesucht: jüngere Ehrenamtliche
Mit der Mitgliederzahl von 840 ist der Vorstand durchaus zufrieden, sucht aber dennoch immer wieder Zuwachs. Vor allem jüngere Ehrenamtliche könnten eine Lücke füllen, wenn vom nahenden Tod Betroffene und ihre Angehörigen sich gerne mit jüngeren Leuten austauschen würden. Dass der Tod nie aus dem Leben scheiden wird, wissen viele Waisen, darunter auch verwaiste Eltern. „Man kann sein Leben nur um diesen Verlust herum einrichten“, erklärt Heidi Silbernagl. Der Hospizverein bietet neben Einzelberatungen auch Gesprächskreise, in denen sich Menschen unter gleich Betroffenen wiederfinden.
Hospizverein Würzburg
10 463 Stunden ehrenamtliche Arbeit hat der Hospizverein im Jahr 2013 geleistet: 215 Begleitungen Schwerstkranker, Sterbender und ihrer Angehörigen.
Offene Gesprächskreise für Trauernde gibt es in Würzburg, Kitzingen, Volkach und Lohr.
Das Brückenteam (Ambulantes Hospiz- und Palliativ-Care-Beratungsteam AHPB) mit drei Mitarbeitern, die der Hospizverein den Palliativstationen des Juliusspitals zur Verfügung stellt, wurde vergangenes Jahr 633 mal angefragt.
Palliativstationen gibt es in Schweinfurt, Aschaffenburg, Würzburg und Bad Neustadt, andernorts auch Palliativbetten, die zum Beispiel einer internistischen Station angegliedert sind. Während die Palliativmedizin vor allem mit Arzneien unterstützt, ist Hospizarbeit ganzheitlich. In Alzenau und Würzburg gibt es auch Hospize, in dem der Sterbende ganzheitlich betreut wird.
Die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizhelfer dauert ein halbes Jahr (vorwiegend Abend- und Wochenendunterrichtung). Zuvor ist ein Orientierungswochenende absolutes Muss. Es folgen Praktika. Der Vorstand: Seit April 2013 sind 1. Vorsitzender Wolfgang Engert und 2. Vorsitzender Peter Collier, Schatzmeister Reinhard Lode, Schriftführerin Renate Nothhof; Beisitzer Gertrude Hobeck und Annemarie Heiß. Für die Regionalgruppen im Einsatz ist Gisela Ott.
Vorträge durch Mitglieder des Hospizvereins sind möglich, zu den Themen Sterbe- und Trauerbegleitung ebenso wie zum Beispiel Patientenverfügung.
Tag der offenen Tür ist am 1. Oktober, 10 bis 16 Uhr, in der Neutorstraße 9.
Kontakt: Tel. (0931) 5 33 44 und Fax: (0931) 5 66 86. Erreichbarkeit: Montag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 12 Uhr und über Anrufbeantworter, der täglich mehrmals abgehört wird. E-Mail: hospizverein.wuerzburg@t-online.de Internet: hospizverein-wuerzburg.de