Johannes Spielmann (links), Vorstand der Blindeninstitutsstiftung, bedankte sich bei Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit der in der Werkstatt gefertigten Maskottchen „Louis“. Foto: Blindeninstitutsstiftung
An den Gründer der Blindeninstitutsstiftung und einen großen Menschenfreund erinnert der „Graf-Moritz-Weg“ im Würzburger Stadtteil Lengfeld. Die offizielle Umbenennung der Privatstraße, die vom Mittleren Greinbergweg zum Gelände der Bentheim Werkstatt GmbH führt, feierten die Mitarbeiter der Werkstatt und des Blindeninstituts Würzburg zusammen mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt auf ihrem Sommerfest, heißt es in einer Pressemitteilung der Blindeninstitutsstiftung.
„Die damals herrschende Ansicht, dass Blinde nicht bildbar seien, hat er mit seiner Vision überwunden, blinden Kindern durch schulische Bildung eine positive Perspektive für ihr Leben zu geben“, würdigte Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt den Stiftungsgründer Moritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda in seinem Grußwort.
Vor 165 Jahren hatte der aus einem westfälischen Adelsgeschlecht stammende und nach Würzburg übersiedelte Graf mit der Eröffnung der ersten Blindenschule in Unterfranken den Grundstein für die Blindeninstitutsstiftung gelegt. Was 1853 mit einer Schule für gerade einmal sechs Schüler begann, ist heute zu „einer der größten und fortschrittlichsten Blinden- und Sehbehinderteneinrichtungen in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa“ geworden, fuhr Schuchardt fort.
Ganz besonders beeindrucke ihn die tiefe Menschlichkeit und Toleranz des Grafen, der damals bereits körperliche Züchtigung der Schüler verboten und bestimmt hatte, dass jeder Schüler seiner eigenen Konfession zuzuführen sei. „Sie haben allen Grund, auf ihren Gründer stolz zu sein und Sie tun gut daran, die Erinnerung an ihn wachzuhalten“, schloss der Oberbürgermeister.
Zusammen mit dem Stiftungsrat der Blindeninstitutsstiftung Willi Dürrnagel, der sich für die Umbenennung der Straße eingesetzt hatte, und Christian Schuchardt enthüllte der Geschäftsführer der Bentheim Werkstatt Dr. Thomas Heckner das neue Straßenschild unter dem Applaus der Mitarbeiter der Werkstatt und des Blindeninstituts.
Stiftungsvorstand Johannes Spielmann dankte der Stadt Würzburg und dem Oberbürgermeister: „Wir haben mit Ihnen einen Unterstützer und Freund gewonnen“. Als Dankeschön überreichte Spielmann einen von blinden und sehbehinderten Mitarbeiterinnen in der Keramikabteilung der Werkstatt gefertigte Tonfigur mit Blindenbinde und Langstock, den „Maulwurf Louis“.
Von der Umbenennung des Privatwegs ist nicht nur die Bentheim Werkstatt betroffen (früher „Ohmstraße 7“, jetzt „Graf-Moritz-Weg 1“), sondern auch die Klinik am Greinberg (früher „Mittlerer Greinbergweg 4“, jetzt „Graf-Moritz-Weg 2“).
Moritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda war zwar adelig, aber nicht vermögend. Mit einem Gedichtband sammelte er Spenden für die erste Blindenschule in Unterfranken, die er 1853 eröffnete.Der Gründer der Blindeninstitutsstiftung Moritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda wurde am 16. Januar 1798 im westfälischen Rheda geboren. Nach seiner Vermählung am 21. April 1838 wählte er Unterfranken zu seiner zweiten Heimat. Nach Würzburg zogen ihn seine wissenschaftlichen, künstlerischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Interessen. Fast zur gleichen Zeit, als Moritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg sich 1852 zur Linderung einer großen Hungersnot im Spessart, Kahlgrund und der Rhön engagierte, machte man ihn „auf eine Klasse schwer heimgesuchter Menschen“ aufmerksam: Über 300 blinde Menschen im Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg, deren Stimme bisher immer überhört worden war. Durch den Verkauf eines Gedichtbandes erzielte der Graf, der selbst nicht vermögend war, mit 1400 Gulden den Grundstock für den Bau der ersten Blindenschule in Unterfranken. Am 19. April 1853 konstituierte sich unter der Regie des Grafen der Verein zur Begründung eines Kreis-Blinden-Instituts – ein Datum, das heute als Geburtstag der Blindeninstitutsstiftung gilt. Foto: Blindeninstitutsstiftung
Oberbürgermeister Christian Schuchardt (in der Mitte) und der Stiftungsrat der Blindeninstitutsstiftung Willi Dürrnagel (rechts) enthüllen auf dem Sommerfest der Bentheim Werkstatt GmbH zusammen mit dem Geschäftsführer Dr. Thomas Heckner das neue Straßenschild für den Graf-Moritz-Weg. Foto: Blindeninstitutsstiftung