Hauptakteure sind der Geiger Florian Meierott, der Komponist und Musikprofessor Klaus-Hinrich Stahmer und Gilbert Yammine, ein Meister auf dem Qanun, dem klassischen Instrument der arabischen Musik. Komplettiert wird die Gruppe vom Chemnitzer Cellisten Thomas Bruder.
Klaus-Hinrich Stahmer ist überzeugter Grenzgänger zwischen Orient und Okzident. Er hat gemeinsam mit libanesischen Kollegen die Stücke für das Projekt komponiert. 1976 – damals noch Dozent an der Musikhochschule Würzburg – gründete er die „Tage der Neuen Musik“, in deren Folge immer wieder der Austausch mit fremden Musiktraditionen und -kulturen im Mittelpunkt stand.
„Ich sehe die Zukunft der neuen Musik in dieser Grenzüberschreitung“, sagt Stahmer. Zu sehr habe sich die musikalische Avantgarde nach 1945 auf die westliche Kultur versteift. „Diese Gläubigkeit war künstlerisch eher kontraproduktiv“, so der Komponist.
Mit Florian Meierott hat der in Höchberg lebende Komponist schnell einen interessierten Mitstreiter gefunden. Der Geigenvirtuose, der im Erlacher Wasserschloss lebt und arbeitet, sucht selber ständig nach neuen Ausdrucksformen für sein klassisches Instrument.
„Ich will zeigen, dass man eine Kultur in die andere integrieren kann.“
Gilbert Yammine Musiker
Gilbert Yammine vertritt den arabischen Part. Der 28-Jährige stammt aus dem Libanon und galt dort bereits in jungen Jahren als anerkannter Meister auf dem Qanun, der arabischen Zither. Im Alter von 17 Jahren wurde er Solist im Libanesischen Nationalorchester für arabisch-orientalische Musik. Mit 20 Jahren ernannte ihn Musikkonservatorium Beirut zum Professor. Neben seiner musikalische Ausbildung studierte Gilbert Yammine Elektrotechnik.
Unter dem Eindruck des zweiten Libanonkriegs verließ er 2006 seine Heimat und arbeitet heute an der Uni Erlangen an seiner Doktorarbeit als Ingenieur. Gleichzeitig ist er mit seinem Qanun in verschiedenen Musikprojekten aktiv, unter anderem zusammen mit dem Erlanger Jazz-Trio von Rainer Glas.
Die Verbindung zwischen klassischer westlicher und arabischer Musik wird durch die unterschiedliche Art der Überlieferung erschwert. Die Fülle der orientalischen Kompositionen ist kleiner, sagt Klaus-Hinrich Stahmer. Traditionell werden die Stücke direkt von Musiker zu Musiker weitergegeben.
Statt der in der westlichen Musik gebräuchlichen zwölf Halbtonstufen einer Oktav arbeiten arabische Musiker mit einer Fülle kleinerer Tonstufen, sogenannten Mikrointervallen. Das System ist kompliziert, eine eindeutige Notation wie im Westen gibt es dafür nicht.
Klaus-Hinrich Stahmer sieht darin den Hauptgrund für Berührungsängste. Er selber ist fasziniert von dieser Klangwelt. „Man steigt in eine ganz reiche und unglaublich subtile Tradition ein“, sagt er. Er will aus dieser Verbindung Neues schöpfen. „Ich schreibe keine arabische Musik“ beton er, „ich bleibe ein Westler, aber ich benutze das Instrument und das Tonsystem.“
Der Kontakt zu Gilbert Yammine hat sich für den Komponisten dabei Glücksfall erwiesen. Als einer von wenigen hochklassigen Musikern sei er mit arabischer und europäischer Musikkultur gleichermaßen vertraut, sagt Stahmer. Das erlaube eine Begegnung auf Augenhöhe – „für mich die einzig mögliche Perspektive.“
Die kulturelle Annäherung, die es im 19. Jahrhundert zwischen Orient und Okzident gegeben habe, wurde durch die Kolonialzeit beendet, so der Musikwissenschaftler. In jüngster Zeit stößt Musik aus dem arabischen Raum, speziell aus dem Libanon, auf steigendes Interesse, sagt Florian Meierott. Das lasse sich an den Angeboten deutscher Musikhochschule deutlich ablesen.
Gilbert Yammine sieht seine Rolle dabei als Vermittler der orientalischen Musik nach außen wie nach innen. „Komponisten in aller Welt brauchen neue Sounds, neue Klänge“ sagt er, „mein Ziel ist es, dieses Instrument in die Welt zu bringen“. Seinen arabischen Kollegen will er damit den Blick auf die abendländische Musik öffnen. Es bisschen politisch sei diese Mission schon zu verstehen – „Wir sind alle Menschen, und ich will zeigen, dass man eine Kultur in die andere integrieren kann.“
Projekte und Konzerte
Das deutsch-libanesische Kammermusik-Projekt ist eine Produktion von Studio Franken des Bayerischen Rundfunks. Die eigens für die Produktion erarbeiteten Stücke stammen vom Würzburger Komponisten Klaus-Hinrich Stahmer und seinen libanesischen Kollegen Joëlle Khoury, Iyad Kanaan, Nidal Abon Samra und Bechara El Khoury. Aufgenommen werden sie am 8. und 9. April im Reitstadel in Neumarkt/Oberpfalz in der Besetzung Florian Meierott (Violine), Gilbert Yammine (Qanun) und Thomas Bruder (Cello). Ein Sendetermin steht noch nicht fest, wie der zuständige Musikredakteur des BR, Thorsten Preuß, auf Anfrage mitteilt.
Die Erlacher Schlosskonzerte, eine regelmäßige Veranstaltungsreihe von Florian Meierott im Erlacher Wasserschloss, beginnen heuer am kommenden Sonntag, 27. März, um 17 Uhr mit Werken von Mozart, César Franck, Maurice Ravel und Beethoven, gespielt von Florian Meierott (Violine) und Christian Roos (Klavier). Das nächste Erlacher Schlosskonzert ist am 22. Mai.