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ESTENFELD: Im Takt der Geschichte

ESTENFELD

Im Takt der Geschichte

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    Damals: Die Weiße Mühle in Estenfeld wie sie beim Kauf im Jahre 1966 aussah.
    Damals: Die Weiße Mühle in Estenfeld wie sie beim Kauf im Jahre 1966 aussah. Foto: Foto: Christian Will

    Der Starkbieranstich, ausgeführt von Altbürgermeister Heinz Bär, bildete den Auftakt der Feierlichkeiten zum 450-jährigen Bestehen des Mühlentraktes sowie 25 Jahre Wiederherstellung der Weißen Mühle und Neubau der Mehrzweckhalle in Estenfeld.

    „Das Jahr 2012 ist für die Weiße Mühle ein denkwürdiges Jahr. Es führt uns zurück in das Jahr 1562, wie es im Türbogen zum Weinkeller eingemeißelt steht. Vor 450 Jahren ist dieser Mühlentrakt gebaut worden“ berichtete Christian Will. „Vor 450 Jahren saßen hier wahrscheinlich auch die höheren Persönlichkeiten und feierten in geselliger Runde, wie wir jetzt, Richtfest“, so Will.

    Eine bewegte Geschichte

    Erstmals Erwähnung findet die Weiße Mühle im Jahre 1144 im Grundstücksverzeichnis der Herren von Espenveld als Seemühle. Es wird berichtet, dass die „Sehemullin“ zur Hälfte auf Grund und Boden des Gotteshauses liegt, wofür sie jährlich zwei Pfund Wachs als Zins zahlen muss.

    Die älteste Lagebezeichnung ist aus dem Jahre 1383 und im Wachstum des Priors und des Konvents in der Kartausen zum Engelgarten in Würzburg ist die Bezeichnung „Seemüln“ oberhalb des Lengfelder Ried zu lesen. 1507 übernimmt die Kartause Engelgarten die volle Dorfherrschaft.

    55 Jahre später baut das Bürgerspital Würzburg den Mühlentrakt, woran noch heute der Türbogen zum Keller erinnert.

    1602 kauft die Kartause Engelgarten die Weiße Mühle zur Hälfte. Den Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) überstand das Gebäude weitgehend unbeschadet, denn der Schwedenkönig Gustav Adolf schonte die Weiße Mühle, da sie den Kartäusern gehörte: „Euch Kartäuser haben wir gern, weil ihr stille Leut seyd und nichts wider die evangelische Religion attendirt. Darumb sollt ihr sambt euren Klöstern allweg Sicherheit haben“, sagte der König laut alten Aufzeichnungen.

    1666 wird die Kartause Engelgarten schließlich Besitzer des ganzen Areals, einschließlich Wiesen, Äcker und Weinberge. Kurze Zeit später waren Schloss, Dorf und Weiße Mühle im Besitz der Kartause.

    Zu Beschimpfungen kam es 1685, als der Schlossmüller den Weißmehlmüller als Gräuleinsmüller beschimpfte. Zu dieser Zeit war ein Drittel der Estenfelder Bürger verpflichtet in der Weißen Mühle mahlen zu lassen. Der Weißmehlmüller verkaufte im Auftrage der Kartause das Weißmehl an die Würzburger Klöster und Pfarreien zur Herstellung der Hostien.

    Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden österreichische Truppen in der Weißen Mühle einquartiert. Davon zeugt heute noch ein Pfeifenmann in Uniform, den ein Soldat mit Kohle an die Wand gemalt hat.

    Am 3. September 1796 tobt die Schlacht vor Würzburg. Erzherzog Karl schlägt die Franzosen unter General Jourdan. Auf den Feldern im Kürnachtal liegen Sterbende und Verwundete beider Heere. Carl Caspar von Siebold kommt mit Ärzten und Schwestern aufs Schlachtfeld und in der Weißen Mühle mag der Hauptverbandsplatz gewesen sein, wo sowohl Freund als auch Feind Erste Hilfe zuteil wurde.

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden in Bayern Klöster im Zuge der Säkularisierung geschlossen und deren Hab und Gut versteigert. So fällt auch die Weiße Mühle mit 22,6 Hektar Ackerland und 20 Morgen Weinberge unter den Versteigerungshammer und schon bald wurde das Mahlwerk der Besitzer den Bach hinunter gewirtschaftet.

    Kauf durch die Gemeinde Estenfeld

    1966 kaufte schließlich die Gemeinde Estenfeld die Weiße Mühle mit nur noch 7,7 Hektar Ackerfläche auf Antrag des damaligen Bürgermeisters Emil Messelberger. Mit 100 000 DM war es gelungen unter günstigsten Bedingungen die Weiße Mühle zu erwerben, „was heute nicht mit Millionen zu zahlen wäre“, so Christian Will.

    Anfang der 80er Jahre gab Generalkonservator Dr. Michael Petzet für die Denkmalpflege eine gutachtliche Stellungnahme ab, die für die Verwirklichung des Bauvorhabens von entscheidender Bedeutung sein sollte: „Insgesamt ist die Weiße Mühle zweifellos ein wichtiges und erhaltenswürdiges Baudenkmal. Die Bausubstanz ist zwar teilweise im Laufe der Geschichte ergänzt und umgeformt worden, es überwiegt jedoch der Anteil des 16. und 18. Jahrhunderts, der in der Anlage, Gestaltung und Erhaltung bemerkenswert ist. Die Schäden halten sich derzeit in Grenzen und sind in traditioneller Handwerkstechnik zu beheben. Ein Abbruch der Weißen Mühle muss daher entschieden abgelehnt werden.

    Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Weißen Mühle um ein Baudenkmal von geschichtlicher, künstlerischer und volkskundlicher Bedeutung handelt. Der Komplex muss in wesentlichen Teilen erhalten und kann in anderen erneuert werden“, urteilte Petzet in seinem Gutachten.

    In der Gemeinderatssitzung am 28. März 1983 fiel schließlich mit neun zu acht Stimmen die Entscheidung. Der Planungsauftrag ging schließlich an das Architekturbüro Haas und Schubert aus Randersacker.

    Am 6. Mai 1985 wurde mit dem Bau von Mühle und Mehrzweckhalle begonnen und am 13. Juni 1986 Richtfest gefeiert. Am 25. Oktober 1987 erfolgt die feierliche Einweihung von Mühle mit Gaststätte und Mehrzweckhalle.

    Seit 5. Mai 1995 führt Joachim Graber die Gaststätte mit Angebot in fränkischer Küche und in Besonderheit aus heimatlicher Jagd mit Wildspezialitäten. Bei Hochzeiten und Geburtstagsfeiern bieten Innenhof, Mühlenstube und Foyer einen festlichen Rahmen.

    Jubiläumsveranstaltungen

    Zum 450-jährigen Bestehen des Mühlentraktes sowie 25 Jahre Wiederherstellung der Weißen Mühle und Neubau der Mehrzweckhalle in Estenfeld plant die Gemeinde weitere Veranstaltungen. Unter anderem will man im Rahmen der Feierlichkeiten die Kartause wieder aufleben lassen, indem die Bürger in die Tracht der Kartäuser schlüpfen. Des weiteren sollen Kutschfahrten von Würzburg über Lengfeld angeboten werden, dem Weg, den die hohen Räte früher benutzten, um das weiße Mehl für die Hostien zu holen. Da die Räumlichkeiten der Mühle früher als Verbandsplatz dienten, wird auch das Personal des Juliusspitals eingeladen. Text: hon

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