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GENF/WÜRZBURG: Immer mehr Kinder sind fettleibig

GENF/WÜRZBURG

Immer mehr Kinder sind fettleibig

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    Laut Florian Seyfried, Leiter des Referenzzentrums für metabolische und Adipositas-Chirurgie an der Würzburger Uniklinik, ist fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist übergewichtig.
    Laut Florian Seyfried, Leiter des Referenzzentrums für metabolische und Adipositas-Chirurgie an der Würzburger Uniklinik, ist fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist übergewichtig. Foto: Thinkstock

    Die Zahl extrem dicker Kinder und Jugendlicher hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten mehr als verzehnfacht. Während 1975 weltweit etwa elf Millionen Fünf- bis 19-Jährige fettleibig waren, waren es im vergangenen Jahr 124 Millionen, berichteten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Imperial College London zum Welt-Adipositas-Tag am 11. Oktober. Weitere 213 Millionen Kinder und Jugendliche seien übergewichtig.

    Wegen des weltweiten Bevölkerungswachstums gibt es heute zwar generell weitaus mehr Kinder als vor 40 Jahren – die Zunahme bei Übergewicht und Fettleibigkeit wird in den WHO-Daten aber auch prozentual sehr deutlich: 1975 waren demnach weniger als ein Prozent der Kinder und Jugendlichen fettleibig, heute sind es fast sechs Prozent der Mädchen und fast acht Prozent der Jungen. „Eine erschütternde Veränderungsrate“, sagte Fiona Bull von der WHO in Genf. Werbung für ungesunde Snacks, hohe Preise für gesunde Nahrungsmittel, weniger Bewegung – diese Faktoren hätten zu dem Trend beigetragen.

    „Adipös sind mittlerweile fast 25 Prozent.“

    Für Florian Seyfried, Leiter des Referenzzentrums für metabolische und Adipositas-Chirurgie an der Würzburger Uniklinik, kommt die Nachricht nicht überraschend: „Das ist eine bedauerliche Entwicklung, die sich allerdings seit einigen Jahren bereits abzeichnet“, sagt er. „Übergewicht ist heute fast normal.“ Mittlerweile sei die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland übergewichtig. „Adipös sind mittlerweile fast 25 Prozent.“ Regional gebe es hier leichte Unterschiede: „Sozioökonomisch schwächere Regionen – wie das Saarland oder Teile Ostdeutschlands – sind mehr betroffen“, so Seyfried. Franken liege etwa im Bundesdurchschnitt.

    Was speziell Kinder und Jugendliche angeht, liegt Deutschland voll in dem alarmierenden Trend. Laut den Daten aus der aktuellen Studie waren 1975 knapp drei Prozent der Kinder hierzulande fettleibig, im vergangenen Jahr waren etwa sieben Prozent der Mädchen und elf Prozent der Jungen betroffen. Zwar bewegen sich Kinder in Deutschland im Mittel wieder etwas mehr und die Erfassung bei den Schuleingangsuntersuchungen zeigt, dass die Zahl zu dicker Erstklässler leicht zurückgeht.

    „Es gibt mehr und mehr motorisch auffällige Kinder.“

    Aber: „Die Schere zwischen sehr fitten Kindern und solchen, die sich überhaupt nicht bewegen, öffnet sich immer weiter“, erklärte Alexander Woll vom Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vor einiger Zeit. „Es gibt mehr und mehr motorisch auffällige Kinder.“

    Die WHO gibt Empfehlungen, um Fettleibigkeit in der Kindheit zu beenden: Behörden in aller Welt müssten Familien besser über gesunde Ernährung aufklären, junge Mütter animieren, mindestens sechs Monate lang ausschließlich zu stillen, in Schulkantinen gesünderes Essen anbieten und mehr Sportmöglichkeiten für Kinder schaffen. „Zur Schule zu laufen oder mit dem Fahrrad zu fahren muss sicher sein“, sagte Bull. Der Kampf gegen das Rauchen habe gezeigt, dass auch Steuern auf gesundheitsschädliche Produkte erfolgreich seien.

    Werbeverbot für ungesunde Kinderprodukte

    Die Verbraucherorganisation Foodwatch sieht eine Ursache bei der Lebensmittelindustrie. Sie sei mitverantwortlich für den Anstieg der Fettleibigkeit bei Kindern, sagte Foodwatch-Kampagnenleiter Oliver Huizinga. „90 Prozent aller Lebensmittel, die in Deutschland gezielt an Kinder vermarktet werden, entsprechen nicht den Anforderungen der WHO an ausgewogene Kinderprodukte.“ Er forderte ein Werbeverbot für ungesunde Kinderprodukte.

    Wer heute mit 60 fettleibig sei, habe meist im Alter von etwa 20 Jahren zugenommen, erklärte Studien-Autor Ezzati. Künftige Generationen seien schon im Kindesalter übergewichtig gewesen. „Je länger die Menschen zu hohes Gewicht haben, desto mehr Gesundheitsprobleme haben sie.“ Folgen der Fettleibigkeit seien ein höheres Risiko für Diabetes, Krebs oder Schlaganfälle, bei Kindern zudem auch Mobbing und Ausgrenzung, so Bull. Die Kosten für Interventionsprogramme seien deutlich niedriger als die der Behandlung von Problemen durch Übergewicht.

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