Entspannt wie lange nicht verläuft die Rübenkampagne im Ochsenfurter Werk der Südzucker AG. Die Ernte war gut verlaufen, der Ertrag liegt auf Rekordniveau, die Abfuhr klappt, die Fabrik arbeitet weitgehend störungsfrei. Nur mit dem wirtschaftlichen Umfeld sind Rübenbauern und Zuckerproduzenten alles andere als zufrieden.
Bei einem Rundgang durch die Fabrik stellen Werksdirektor Stefan Mondel und Projektleiter Frank Kiesewetter ihre neueste technische Errungenschaft vor. Über zehn Millionen Euro hat Südzucker in den Bau der Niedertemperatur-Trocknung investiert. Abwärme, die früher ungenutzt in die Atmosphäre entwichen ist, wird seit heute genutzt, um die ausgelaugten Rübenschnitzel vorzutrocknen.
Die Energie stammt aus der feuchten Abluft der Kochapparate, die mit 55 Grad den Kondensator verlässt. Über Wärmetauscher wird damit trockene Umgebungsluft aufgewärmt und durch ein sechs Meter breites und 100 Meter langes Förderband gesaugt, auf dem die gepressten, aber noch feuchten Rübenschnitzel vorbeiziehen – weit über 100 Tonnen in der Stunde.
Banal, aber verblüffend
Das Prinzip ist banal, das Ergebnis verblüffend. 25 Tonnen Wasser pro Stunde werden auf diese Weise verdampft, ein Drittel der Gesamtfeuchte. Entsprechend geringer ist der Gasverbrauch in der Hochtemperatur-Trocknung, in der den Schnitzeln bei mehreren hundert Grad die restliche Feuchtigkeit entzogen wird. Auf diese Weise getrocknet und lagerfähig gemacht, sind die Rübenrückstände ein begehrtes Futter fürs Vieh.
Wieviel Gas Südzucker durch die Anlage spart, will Werkleiter Mondel nicht verraten. Der Wettbewerb reagiere hellhörig auf Angaben, die Rückschlüsse auf die Produktionsbedingungen zulassen. Angesichts einer Zehn-Millionen-Investition muss es sich aber lohnen, wenngleich, wie Mondel betont, die Amortisationszeit viele Jahre beträgt und Gas gegenwärtig günstig zu haben ist. „Es ist ein Schritt zu mehr Nachhaltigkeit.“
Eigentlich hätte die Anlage schon Ende der letzten Kampagne laufen sollen. Verzögerungen beim Bau vereitelten den Probebetrieb. Umso erleichterter ist Frank Kiesewetter, dass die Anlage, deren Bau er betreut hat, auch ohne Testlauf funktioniert.
Mit der neuen Abwasseraufbereitung, die Südzucker im Jahr zuvor in Betrieb genommen hatte, lief es weniger gut. Die Anlage mit Baukosten von rund sieben Millionen Euro fasst zehnmal so viel wie die alte Kläranlage. Groß genug, um die organisch verunreinigten Abwässer aus der Rübenverarbeitung direkt reinigen zu können, ohne dass diese in Teichen zwischengelagert werden zu müssen. Die Stapelteiche in Richtung Marktbreit, die bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen immer wieder unangenehmen Geruch verbreiteten, sind damit überflüssig geworden. Sie dienen künftig nur noch der Vorsorge für eine eventuelle Betriebsstörung.
Im ersten Jahr gab es Probleme mit der empfindlichen Biologie in der Aufbereitungsanlage. Umso mehr ist Mondel erleichtert, dass die Bakterien in diesem Jahr, nach etlichen Versuchen und Optimierungen, ihre Arbeit wunschgemäß aufgenommen haben. Der Gestank aus den Teichen, der immer wieder zu Beschwerden von Bürgern aus Frickenhausen und Marktbreit führte, sollte damit der Vergangenheit angehören.
20 Millionen Euro, die Südzucker in die Ochsenfurter Fabrik investiert hat, sind ein klares Bekenntnis zum Standort Ochsenfurt und widerlegen Befürchtungen, die Arbeitsplätze in der Zuckerfabrik könnte durch Umwälzungen auf dem europäischen Zuckermarkt in Gefahr geraten. Diese Veränderungen beschäftigen gegenwärtig den Geschäftsführer des Verbands fränkischer Zuckerrübenbauer, Klaus Ziegler. 2016 fallen die Schranken der Europäischen Zuckermarktordnung.
Verhandlung über Anbauverträge
Die fränkischen Rübenbauern müssen sich dann den Bedingungen des Weltmarkts stellen. Über die Ablösung des bisherigen Quotensystems durch Anbauverträge mit den Landwirten verhandelt der Verband intensiv mit Südzucker. Erste Zwischenergebnisse hofft Ziegler bei den Winterversammlungen des Verbands im Januar präsentieren zu können.