Seit 2016 gibt es in Würzburg den Verein "Über den Tellerrand" (ÜDT). Als Teil eines bundesweiten Netzwerks engagiert sich die Gemeinschaft für die Integration von Menschen mit und ohne Fluchterfahrung. Ziel ist es, interkulturellen Austausch von Leuten unterschiedlicher Herkunft auf Augenhöhe zu fördern.
Solche Begegnungen funktionieren gut beim gemeinsamen Kochen, sagen die Verantwortlichen. Pandemiebedingt konnten diese Zusammenkünfte seit eineinhalb Jahren aber nicht mehr stattfinden. Aufgrund dieser Herausforderung möchte sich der Verein nun neu ausrichten. Dazu fand kürzlich ein Strategietreffen mit der zentralen Frage "Wie kann Integration trotz Pandemie gelingen?" statt.
"Bis zum ersten Lockdown im März 2020 hatten wir jeden Monat zwei Kochevents mit bis zu 50 Personen. Alles war routiniert. Seitdem haben wir nicht mehr gekocht", bedauert Pascal Hauser, der sich im Verein engagiert. "Wir suchten nach Alternativen, haben gemeinsame Wanderungen oder Picknicks veranstaltet. Wir führten eine Müllsammelaktion durch oder nahmen am Erlangener Integrationslauf teil. Dabei erreichten wir aber vor allem Menschen ohne Fluchterfahrung."
Digitale Formen ersetzen reale Begegnungen nicht
Auch mit digitalen Formaten wollte man Begegnungen und Austausch ermöglichen. "Diese ersetzen aber keinesfalls reale Begegnungen, die unsere Arbeit ausmachen", sagt der 30-Jährige. "Unsere Erfahrung zeigt, dass Integration sehr gut über gemeinsames Kochen funktioniert. Ganz nach dem Motto cooking connects."
Das sieht auch Ameen Mousa Basha so. "Ich lerne gerne andere Kulturen kennen, interessiere mich für deren Bräuche, Traditionen und für das Kochen." Der 38-jährige Syrer bezeichnet sich als sozialen Menschen, der gerne kommuniziert. Am liebsten analog anstatt digital. Seit über drei Jahren nimmt er regelmäßig an Kochveranstaltungen des ÜDT teil. Seit August 2019 ist er auch im Organisationsteam des Vereins aktiv. "Durch die Kochevents konnte ich das Niveau meiner deutschen Sprache verbessern und die Barriere der Angst vor dem Sprechen überwinden", berichtet er.
Im kürzlich stattfindenden Strategietreffen legten die Verantwortlichen eine neue Richtung fest. Sie möchten ihren Verein, auch mithilfe einer Ehrenamtskoordination, besser aufstellen. Geplant sind dazu regelmäßige Organisationstreffen. "Aktuell befinden wir uns in einer Restrukturierungs- und Reaktivierungsphase und freuen uns immer über Verstärkung", sagt Vereinskollegin Sophia Hildenbrandt. "Auch Ideen für Veranstaltungsformate und deren Umsetzung wie beispielsweise Sport, Basteln, Malen, Sprachcafés und mehr sind willkommen."
Neuer Kochtreff dringend gesucht
Ab kommenden Frühjahr möchte ÜDT wieder regelmäßig Events durchführen. Dabei soll der Fokus abermals auf dem Kochen liegen. Zum Bedauern der Mitglieder wurde die bisherige Location, das Restaurant "MS Zufriedenheit", geschlossen. Nun suchen sie nach einem neuen Kochtreff. Darüber hinaus setzen sie auch auf Alternativen zu großen Kochevents. "Wir planen Veranstaltungen, die wir je nach Corona-Situation durchführen können. Zum Beispiel Grillen im Sommer oder 'Running Dinner' in Kleingruppen. Dabei möchten wir vor allem wieder mehr Geflüchtete erreichen", sagt Sophia Hildenbrandt
Teamkollege Hauser fügt hinzu: "Wir wollen Würzburgerinnen und Würzburger, egal ob mit oder ohne Fluchterfahrung, die Möglichkeit geben, sich auszutauschen und Freundschaften zu schließen. Auch wenn es nicht absehbar ist, wann wir wieder mit vielen Menschen kochen können, möchten wir 2022 bei coronakonformen Formaten das Thema Integration leben."