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Würzburg: Ist ein CityTree so gut wie ein Baum?

Würzburg

Ist ein CityTree so gut wie ein Baum?

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    Bernhard Schuldt erforscht im Botanischen Garten Würzburg, wie Bäume Trockenheit vertragen. Foto: Patty Varasano
    Bernhard Schuldt erforscht im Botanischen Garten Würzburg, wie Bäume Trockenheit vertragen. Foto: Patty Varasano

    Kleine Moospflänzchen können tatsächlich etwas, was große Bäume nicht können. Der Würzburger Botaniker Bernhard Schuldt erklärt, wie CityTrees funktionieren. Für ihre Wirkung aufs Stadtklima fehlen aber wissenschaftliche Beweise.  

    Frage: Moose bilden grüne, dichte Teppiche am Waldboden, haben es gern feucht und wachsen langsam. Was macht diese Pflanzen für Stadtbegrünung interessant?

    Bernhard Schuldt: Moose kommen auf nährstoffarmen Standorten vor, wo andere Pflanzen nicht wachsen können, weil sie mit ihren Wurzeln nicht die benötigten Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen können, die sie für ihren Stoffwechsel brauchen. Moose hingegen können hier überleben, weil sie im Vergleich zu anderen Pflanzen diese Nährstoffe über ihre Oberfläche aus dem Regenwasser aufnehmen können. Obwohl diese Nährstoffe winzige Partikel in der Luft sind, werden sie von den Moosen regelrecht angezogen, da die Moosoberfläche negativ geladen ist, weshalb Moose in der Tat auch Feinstaub aufnehmen können. Das macht sie interessant.

    Denn Feinstaub ist in städtischen Straßenschluchten ein Problem, weil er in hohen Konzentrationen eingeatmet die Gesundheit gefährdet. Könnten Moos-Filter helfen, dort die Grenzwerte einzuhalten?

    Schuldt: Im Labor hat man gezeigt, dass Moose die Feinstaub-Konzentration der Luft deutlich senken können. Bei Freilandversuchen scheint das weniger gut zu funktionieren. Auch die jüngste Studie der Hersteller konnte nicht belegen, dass die Moos-Wände im Straßenraum tatsächlich Feinstaub in ihre Biomasse einbauen. Die Idee ist also prinzipiell sehr gut, aber ein fundierter wissenschaftlicher Praxistest fehlt noch.

    Das Unternehmen Green City Solution warb damit, dass ein CityTree bis zu 150 Kilogramm des Treibhausgases im Jahr aufnimmt. Ist das möglich?

    Schuldt: 150 Kilogramm CO2 ist eine Menge. Eine 25 Meter hohe Buche im Wald bindet im Jahr 10 bis 15 Kilogramm. Pflanzen bilden aus CO2 Zucker für den Stoffwechsel sowie zum Aufbau von Biomasse, also Blätter oder Holz. Wenn eine Moos-Wand tatsächlich in dieser Größenordnung C02 aufnehmen und binden würde, müsste in einem Jahr der größte Teil in Biomasse umgesetzt werden. Das klingt unrealistisch, denn Moose wachsen langsam.

    Green City Solutions behauptet außerdem, dass eine Moos-Wand bei der Feinstaubaufnahme 275 Bäume ersetzen kann. Das klingt ebenfalls unrealistisch... 

    Schuldt: Zumindest sehr hoch gegriffen, ja, und einen Beleg für diese Rechnung liefern die Hersteller nicht. Auch wenn Bäume in der Tat nicht in der Lage sind, Feinstaub elektrostatisch anzuziehen wie Moose, ist eine gewisse Filterleistung vorhanden. Allerdings wird die CityTree-Begrünung schon eine gewisse positive Wirkung aufs Stadtklima haben. Positiv ist sicher die abkühlende Wirkung, die durch Verdunstungskälte entsteht. Im Sommer sollen ja an einem CityTree bis zu 10 000 Liter Wasser verdunsten. Das ist eine ähnliche Menge, die ein ausgewachsener Baum abgibt. Insgesamt schneidet daher ein Baum in der Stadt hinsichtlich seiner klimatischen Leistung und der Kosten besser ab als eine Moos-Wand, zumindest bis geklärt ist, welche Mengen an Feinstaub tatsächlich unter realistischen Freilandbedingungen von den CityTrees permanent gebunden werden können.

    Zur Person Professor Dr. Bernhard Schuldt forscht am Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften der Universität Würzburg. Momentan beschäftigt sich der 39-Jährige mit Stadtbäumen und erforscht deren Trockenstressresistenz.

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