„Für mich ist Italienisch die schönste Sprache der Welt“. Gwendolyn von Ambesser sitzt im Zuschauerraum des Theater Chambinzky und strahlt. Sie ist die Regisseurin der diesjährigen Produktion des „Teatro in cerca“ und restlos beglückt, dass man die Regiearbeit für das alljährlich aufzuführende Stück in italienischer Sprache in diesem Jahr an sie herangetragen hat. Schließlich sei sie nicht nur Theaterfrau, sondern auch „Seelenitalienerin“, sagt die Profi-Theaterfrau, bevor sie ihre Laienspieltruppe zur Vorbesprechung auf die Bühne bittet.
Geprobt wird „La locandiera“, eine „Commedia in 3 atti di Carlo Goldoni“. Der 1707 geborene Venezianer wollte weg vom italienischen Lustspiel mit den üblichen Commedia dell?arte-Versatzstücken, den Maskeraden und groben Possenreißereien. Ihm schwebten Charakter- und Sittenkomödien vor, wie sie Moliere seinerseits in Frankreich schuf.
Eines der bekanntesten von den über 200 Stücken aus der Feder Goldonis ist „La locandiera“, in dem sich alles um die intelligente Wirtin Mirandolina dreht. In ihrem Gasthaus in Florenz steigen vornehmlich Adelige ab, die sich um die Gunst der hübschen Wirtin bemühen. Zu ihren Gästen gehören der reiche Conte von Albafiorita und der verarmte Marchese von Forlipopoli. Beide gehen in ihrem Bemühen um die Wirtin Mirandolina gehörig auf die Nerven. Aber der Hagestolz und Frauenverächter Cavaliere von Ripafratta reizt sie. Sie will ihn aus seiner tiefen Abneigung gegen Frauen herausholen.
Turbulenzen garantiert
Außerdem gibt es noch den Kellner Fabrizio, der auch ein Auge auf die Chefin geworfen hat, verspricht er sich doch einen gesellschaftlichen Aufstieg, und zwei Komödiantinnen, die sich mit falschen Titeln schmücken, als adelige Damen ausgeben und im Gasthof einquartieren. Mirandolina hat die Situation zwischen all den Damen und Herren schnell durchschaut. Aber natürlich sind Turbulenzen vorprogrammiert.
„Es ist ein so kluges, so wunderbares Stück“, schwärmt Gwendolyn von Ambesser über den Klassiker der italienischen Bühnenliteratur. „Goldoni war seiner Zeit voraus, viel emanzipierter als manche Menschen heute. Das sieht man daran, dass die Männer im Umkreis von Mirandolina sich so verhalten, wie man Frauen nachsagt, dass sie sich verhalten“.
Seit November proben die fünf Männer und drei Frauen – mit Unterbrechung in der Weihnachtszeit. Die Truppe aus Italienern, Deutschen und einer Rumänin sind teils Theaterneulinge, teils routinierte Bühnenhasen. Für Couleur sorgen prächtige Kostüme, ausgeliehen vom Mainfranken Theater. Auch die Requisiten, die das Theater Chambinzky ausgeliehen hat, geben den spielfreudigen Schauspielern den atmosphärischen Rahmen.
„Wir suchen immer Stücke mit viel Aktion aus, damit die Zuschauer, die wenig Italienisch verstehen, auch etwas davon haben. Wir legen Wert darauf, dass es genug zu schauen gibt, viel Situations- und optische Komik“, erzählt Sandra Ellena, die die Rolle der schönen Wirtin übernommen hat.
Obertitel über der Bühne
Wer kein Italienisch kann, muss sich auch deshalb keine Sorgen machen, weil es erstmals eine große Neuigkeit im Theater gibt, nämlich Obertitel über der Bühne, die ab der 3. Reihe problemlos zu lesen sind und die Dialoge übersetzen. Das sorgsam gestaltete Programmheft tut ein Übriges, denn es druckt den Inhalt jeder Szene ab und liefert ergänzend Vokabelhilfen.
Weitere Vorstellungen sind am 16./17./18./22./23./24./25. Februar um 20 Uhr im Theater Chambinzky.
Teatro in cerca Im Dezember 1977 wurde das „Teatro in cerca“ zunächst als Experiment des Romanischen Instituts der Universität Würzburg ins Leben gerufen. „Seinerzeit gab es eine deutsch-französische Theatergruppe, aber keine italienische“ erzählt Sandra Ellena, damals Studentin, heute Dozentin an der Universität für romanische Sprachwissenschaften. In dieser Funktion wirbt sie immer wieder bei den Studenten, sich in den festen Stamm der internationalen Theatergruppe einzureihen, die mittlerweile zu einer festen Institution der Theaterlandschaft der Stadt geworden ist. „Wir sind eine offene Gruppe, freuen uns immer über neue Mitspieler oder auch Mitglieder in unserem Verein „teatro in cerca“. Durch die Gründung des Vereins im Jahr 2001 wurde die Gruppe von der Universität organisatorisch abgekoppelt. Kontakt: Michael Engelhardt, Tel. (09 31) 452 54 61 oder Email an: info@teatro-in-cerca.com. Infos: www.teatro-in-cerca.com.