Das halbe Jahrhundert voll zu machen, das will Harald Fues nicht abwarten. „Mit 72 habe ich jetzt das Alter aufzuhören.“ Aus diesem Grund hat sich der Würzburger Unternehmer für den Ruhestand entschieden. Nach auf den Monat genau 40 Jahren wird er sein exklusives Ladengeschäft „sinus wohnen“ (Pleichertorstraße 3) für immer schließen. „Selbst der Türstopper wird verkauft, den brauchen wir nicht mehr.“
Fues geht nicht im Groll. „Es war ein wunderbarer Lebensabschnitt, nur habe ich jetzt endlich mehr Zeit für meine Frau Barbara, meine Enkel und die Kultur.“ Besonders freut sich der Herzblut-Einzelhändler darüber, dass seine langjährige Mitarbeiterin Sylvia Nowak eine Weiterbeschäftigung gefunden hat, die ihren Wünschen entspricht.
„Es war ein wunderbarer Lebensabschnitt.“
Harald Fues Inhaber von „sinus wohnen“
Seine beiden erwachsenen Kinder wollen „sinus wohnen“ nicht weiterführen, doch das sei auch gar kein Problem für ihn.
Am Schmalzmarkt hat im Jahr 1972 alles begonnen. Den gebürtigen Wuppertaler zog es damals von Nürnberg, wo er bereits zehn Jahre lang Möbel verkauft hatte, in die Domstadt, um hier den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. „In dieser Zeit gab es in Sachen Möbel in Würzburg kaum etwas anderes als den so genannten ,Gelsenkirchener Barock' zu kaufen. Damals kamen aus Italien aber auch Modeartikel, Autos, Möbel und Leuchten über die Alpen zu uns. Alles in einer neuen Formensprache, die sofort einen neuen Trend setzte. Wir entschieden uns für die Möbel und Leuchten aus Italien“, erinnert sich Fues. Und: Bis zum heutigen Tag ist für ihn italienisches Design immer noch Kult.
„Trotz mehrfacher Umzüge, sind uns unsere Kunden glücklicherweise immer treu gefolgt“, sagt Fues. Im Lauf der Jahre zog es ihn mit „sinus wohnen“ an den Wendelweg in Heidingsfeld, in die Karmelitenstraße, die Augustinerstraße und zuletzt, wie erwähnt, in die Pleichertorstraße. Mit Anekdoten aus dieser Zeit könnte man ein Buch füllen. Da war zum Beispiel das ortsfremde Ehepaar, das in der Karmelitenstraße einen Würzburger danach fragte, ob es denn dort ein Möbelgeschäft gäbe. Der Würzburger antwortete: „Nee! Höchstens da beim Fischerbrunnen, aber die haben nur so Krankenhausmöbel.“
Abzocke war und ist für Fues immer ein Fremdwort geblieben. „Eines Tages kamen Mutter und Vater mit ihrer etwa 14-jährigen Tochter zu uns ins Geschäft. Fürs Kinderzimmer wollten sie ihrem Sprössling einen kleinen Stuhl kaufen, der 1100 DM kostete. Ich schlug den Eltern vor, dass ihre Tochter später erst einmal Geld verdienen soll und sich dann mit ihrem Ersparten so einen teuren Stuhl selbst kaufen könnte. Die Familie ist gegangen und hat dann gar nichts mehr gekauft.“
Und dann war da beispielsweise noch der Kunde, der das Geschäft betrat und sagte: „Guten Tag, ich brauche ein Bett.“ Fues bot dem Mann an, ihm eine Auswahl zu zeigen. Doch der Kunde antwortete nur: „Nein, nein, bis heute Abend!“ Fues: „Er kam, kaufte und kehrte heim.“
„Es waren schöne Jahre“, sagt Fues. Einen Kommentar gibt es auch für seine Kunden. „Ich glaube, dass etliche von ihnen noch heute mit den vor 40 Jahren Jahren gekauften Möbeln leben. Die Sachen waren halt damals noch für fast eine Ewigkeit gemacht.“ Sauer macht ihn das nicht. Schließlich haben die Stammkunden ja auch immer wieder Wohn-Accessoires bei ihm gekauft. „Sonst wär ich ja vielleicht Millionär geworden, wenn die exklusiveren Möbel nur kurze Zeit überdauert hätten. Und das muss ja nicht sein“, sagt Fues mit einem Augenzwinkern.
Die nächsten Tage geht's noch mal zur Sache. Bis zum Schluss von „sinus wohnen“ in der Pleichertorstraße 3 verkauft Fues sämtliche Artikel zu reduzierten Preisen. Als Treuebonus erhalten alle Stammkunden noch mal 20 Prozent auf alle Neubestellungen. Auch nach der Geschäftsaufgabe wird Fues sein Lager vorerst behalten und auch für Kunden über seine Geschäfts-Telefonnummer weiterhin erreichbar sein.