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WÜRZBURG: Jahre im Knast wegen Republikflucht

WÜRZBURG

Jahre im Knast wegen Republikflucht

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    Detlev Ziga muss jeden Antrag auf SED-Opferrente bei der Birthler-Behörde überprüfen lassen.TAP
    Detlev Ziga muss jeden Antrag auf SED-Opferrente bei der Birthler-Behörde überprüfen lassen.TAP Foto: FOTO

    Sieben Jahre lang wurde laut Rinke um das „Dritte Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“ gerungen. Und noch immer ist keine Ruhe eingekehrt. Politisch Verfolgte aus der Ex-DDR bemängeln, dass nur derjenige SED-Opferrente in Höhe von 250 Euro monatlich erhält, der mindestens sechs Monate lang inhaftiert war. Streit gibt es ebenfalls darüber, dass die Rente an die Bedürftigkeit des Opfers gekoppelt ist. Dies ärgert auch einen Unterfranken, der in der DDR in Haft war. Der Mann beantragte laut Rinke trotz erheblicher Kapitaleinkünfte die neue Rente. Der Antrag wurde abgewiesen. Nun will der Mann, wie er durchblicken ließ, eine Verfassungsklage anstrengen.

    Dem Gesetz zufolge bleiben nur Renteneinkünfte, egal in welcher Höhe, unberücksichtigt. Was Rinke zufolge dazu führt, dass Menschen, die eine hohe Rente wegen Alters, verminderter Erwerbsfähigkeit, Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit erhalten, zusätzlich SED-Opferrente bekommen, während Erwerbsfähige, die nur wenig über der Einkommensgrenze von 1041 Euro für Alleinstehende und 1388 Euro für Verheiratete liegen, leer ausgehen. Wobei es sich bei den meisten Antragstellern aus Unterfranken um Rentner handelt. 80 der bisher 109 bearbeiteten Anträge wurden von Menschen über 60 Jahren gestellt. 25 Anträge stammen von unterfränkischen SED-Opfern im Alter zwischen 46 und 60 Jahren. Nur vier Antragsteller waren jünger als 46 Jahre.

    Jeder Antrag muss bei der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen überprüft werden, so Detlev Ziga, zuständig für die Flüchtlingsbetreuung im Ausgleichsamt. Denn „Inoffizielle Mitarbeiter“ des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit erhalten keine Opferrente. Auch wenn sie inhaftiert waren. Durchschnittlich drei Monate dauert es, bis eine Anfrage an die Birthler-Behörde bearbeitet ist. Die Ermittlungen ziehen sich umso länger hin, je häufiger der Haftort eines SED-Opfers wechselte. In bisher drei Fällen wurden Antragsteller als „IM“ entlarvt. Daneben gab es Haftopfer, die „auffällig“ wurden, denen aber keine Verstöße gegen Grundsätze der Menschlichkeit vorgeworfen werden können. Etwa, weil sie zwar von der Stasi angeheuert wurden, nie aber eingesetzt worden sind.

    Zeugen Jehovas wurden verfolgt

    In einem Fall aus Unterfranken handelte es sich laut Ziga um einen Zeugen Jehova, der andere Mitglieder der Glaubensgemeinschaft verriet. Zeugen Jehova wurden in der DDR verfolgt. Mehrere Antragsteller auf SED-Opferrente aus Unterfranken waren aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei den Zeugen Jehova mindestens sechs Monate inhaftiert. Eine große Zahl von Antragstellern landete im Knast, weil sie versuchten, heimlich über die Grenze zu kommen. Teilweise waren Männer und Frauen, die über die Tschechoslowakei in den Westen fliehen wollten, zunächst dort inhaftiert, wenn sie an der Grenze aufgegriffen wurden, danach mussten sie in der DDR U-Haft und anschließend Strafhaft über sich ergehen lassen. Ziga: „Oft fünf oder sechs Jahre.“

    Wie viele Menschen aus Unterfranken in der DDR aus politischen Gründen inhaftiert waren, ist unbekannt. Nach Einschätzung von Ziga dürften es jedoch deutlich mehr als 200 sein: „Wir rechneten ursprünglich mit dem Doppelten.“ Laut Bundesminister Wolfgang Tiefensee, Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder, sind in Deutschland etwa 46 000 Menschen antragsberechtigt. Diese Zahl zugrunde gelegt, müsste es in Unterfranken sogar fast 750 Menschen geben, die einen Rechtsanspruch auf die SED-Opferrente haben. Möglicherweise wurden bisher erst so wenige Anträge gestellt, vermutet Ziga, weil das nicht einmal ein Jahr alte SED-Unrechtsbereinigungsgesetz noch nicht überall bekannt ist.

    Anträge auf SED-Opferrente können beim Ausgleichsamt der Regierung von Unterfranken, Stephanstraße 2, 97070 Würzburg, gestellt werden. Unter Tel. (09 31) 3 80 15 53 gibt Detlev Ziga Auskunft.

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