Die Elternschaft ist gespalten, die Verunsicherung groß. Bernegau selbst wirft einem Teil der Eltern vor, sich übermäßig in Schulbelange einzumischen. Zumindest in einem sind sich die Streitenden einig: Die Schule soll erhalten bleiben.
Zuletzt kursierten in der Stadt sogar Gerüchte, die Jenaplan-Schule – untergebracht in der früheren Hauger Schule in der Wallgasse – sei pleite und müsse dichtmachen. „Das wird seit drei Jahren erzählt“, sagt Bernegau, entbehre aber jeder Grundlage. „Ja, wir haben Anfangsverluste, das ist ganz normal. Wir sind in einem sehr grünen Bereich.“ Finanziell. Ansonsten freilich toben teils heftige Auseinandersetzungen – besonders über die Elternmitsprache.
Man werde ausgebremst. Eltern dürften inhaltlich zu wenig mitreden, etwa bei der Unterrichtsentwicklung oder der Ausstattung. Kritik sei nicht erwünscht, man werde schlecht informiert. So ist es aus einem Teil der Elternschaft zu hören. Von 15 Elternbeiratsmitgliedern sind am 25. Mai zwölf zurückgetreten. Das Gremium wurde aufgelöst. Wie es weitergeht, ist unklar. Auf Anfrage dieser Zeitung sagte die ausgeschiedene Elternbeiratsvorsitzende Nadine Elsner: „Die Schule ist in einer äußerst schwierigen Situation.“ Auf Einzelheiten wolle sie nicht eingehen.
Fakt ist: Als Privatschule hat Bernegaus gemeinnützige Ein-Mann-Träger-GmbH keinerlei Verpflichtung, überhaupt einen Elternbeirat zu installieren. Der scheidende schreibt an Lehrer und Eltern: „Der Elternbeirat hat beharrlich und leider erfolglos versucht, im Rahmen der Statuten mit dem Träger zu kommunizieren, um die Anliegen der Eltern für alle verbindlich und nachvollziehbar klären zu lassen.“ Von einer „untragbaren Situation“ ist die Rede und von „skandalösen Kündigungen“ durch den Träger. Betroffen sind vier Kinder von drei Elternbeiratsmitgliedern.
Bernegau bestätigte gegenüber unserer Zeitung, diese Schulverträge gekündigt zu haben. Warum? „Das waren maßgebliche Protagonisten einer Diffamierungskampagne gegen mich.“ Es sei ein Fehler gewesen, Eltern zu sehr am Schulgeschehen mitwirken zu lassen. „Wir sind keine Elterninitiative.“ Offener klingt das bei der Jenaplan-Initiative Bayern als Dachverband. Dort werden die Eltern als „wichtigste Partner einer Schulgemeinde“ gesehen. So ähnlich steht es auch im Würzburger Schulkonzept.
Bernegau, der sich intern einmal als „Kapitän und Reeder“ der Schule bezeichnet haben soll, fühlt sich von einem Teil der Elternschaft nicht verstanden. Er selbst trage neben pädagogischer auch betriebswirtschaftliche Verantwortung – die von manchen Eltern nicht gesehen werde. „Jeder weiß es besser.“ Die Probleme hätten 2009 mit einem „Machtvakuum“ begonnen, weil er selbst wegen eines Pädagogik-Fernstudiums kaum an der Schule präsent war: „Da haben die gemacht, was sie wollten“, so der Diplom-Betriebswirt, der auch noch eine Unternehmensberatung und eine Weiterbildungseinrichtung für Aufgaben im Sozialwesen betreibt.
Überworfen hat sich Bernegau Anfang des Jahres auch mit der langjährigen Schulleiterin. Sie einigten sich auf eine Vertragsauflösung. Offiziell verabschiedet wurde die bei Kindern offenbar beliebte Pädagogin in einem Veranstaltungsraum außerhalb – und nicht in der Schule. Warum? „Das war beidseitig nicht vorgesehen, ich wurde gar nicht gefragt“, behauptet Schulträger Bernegau. Er habe es nicht zugelassen, sagen verärgerte Eltern und Lehrer.
Dass eine Schule von einer Ein-Personen-GmbH geführt wird, ist laut Regierung von Unterfranken im Bezirk zwar ein einmaliges Konstrukt – aber laut Schulfinanzierungsgesetz zulässig. Üblich sind Trägervereine. Auch Stiftungen können dafür gegründet werden. Für die Jenaplan-Schule plane er dies schon länger, jedoch: „Dafür muss das Fundament standhaft genug sein“, so Bernegau. „So weit sind wir noch lange nicht.“
„Für eine Stiftung muss das Fundament standhaft genug sein. So weit sind wir nicht.“
Geschäftsführer Klaus Bernegau über seine Ein-Mann-Trägerschaft
Die aktuellen Schülerzahlen spiegeln die schwierige Phase wider. Laut Schulrätin Gabriele Rube sind für das neue Schuljahr 133 Kinder gemeldet, im laufenden waren es noch 170. „Das ist ein deutlicher Schwund und zeigt, dass etwas nicht stimmt.“ Für Rube ist die Spaltung an der Schule deutlich erkennbar. Ein Teil der Eltern sei unzufrieden, andere seien voll zufrieden. Dies belegen auch E-Mails an die Redaktion. Von Bernegau über die bevorstehende Berichterstattung informiert, brechen einige Eltern eine Lanze für seine Führung der Schule und den Unterricht. „Mein Sohn geht gerne in diese Schule“, „ich bin extrem zufrieden“, heißt es etwa.
Wer derzeit mit Eltern spricht, hört also unterschiedlichste Meinungen. Vor allem aber ist Misstrauen zu spüren. Dazu Angst, sich namentlich zu äußern. Kritik kommt auch aus dem rund 30-köpfigen Lehrerteam. Es fehle an grundlegenden Möglichkeiten, sich pädagogisch einzubringen, heißt es von einigen. Die Fluktuation beim Personal ist relativ hoch – aus Sicht Bernegaus aber nicht ungewöhnlich.
Betriebsratsvorsitzende Cornelia Sauerland berichtet auf Anfrage von einer „ganz schwierigen Situation“. Es tue den Lehrern leid um jedes Kind, das die Schule verlässt. „Wir wollen auf jedes Kind eingehen.“ Ihr Appell: „Als Team müssen wir gemeinsam um die Durchsetzung des Schulkonzepts ringen.“ Es beinhaltet unter anderem einen jahrgangsübergreifenden (drei Altersstufen) Unterricht in so genannten Stammgruppen. Die werteorientierte Schule versteht sich als „Schule für alle“, in der Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam lernen. Selbst kritische Eltern sagen: „Das Schulkonzept ist grundsätzlich toll. Wir wollen der Schule nicht schaden, sie muss sich nur weiterentwickeln dürfen.“
Die Regierung von Unterfranken als Schulaufsichtsbehörde beobachtet die Entwicklung der Jenaplan-Schule. Sie ist staatlich genehmigt und erhält Zuschüsse. Der Elternbeirat hatte zuletzt auf Bitten von Eltern das Gespräch mit der Regierung gesucht, wie Regierungsdirektor Peter Ditze bestätigt. Sein Eindruck: „Die Schulaufsicht hat wahrgenommen, dass zwischen dem Schulträger und Eltern sehr unterschiedliche Interpretationen und Konzepte der Schulentwicklung vorliegen.“ Juristisch jedenfalls ist die Jenaplan-Schule kein Fall für die Aufsichtsbehörde.