Dass sich Jörg Lusin in Würzburg nur Freunde gemacht hätte, wird man nicht behaupten können. Aber das dürfte den promovierten Architekten, Autor und Sammler wenig stören. Eher darf er stolz darauf sein, denn wenn einer mit fast besessener Leidenschaft für den Erhalt historischer Bausubstanz eintritt in einer Stadt, in der vieles, das die Bombardierung am 16. März 1945 überstand, durch Geschichtslosigkeit zerstört oder dem Kommerz geopfert wurde, der braucht ein starkes Rückgrat und den Mut anzuecken. Lusin hat beides. An diesem Dienstag, 29. November, feiert der Streiter für das historische Erbe der Stadt seinen 65. Geburtstag.
Geboren 1946 in Bad Mergentheim, kam Lusin mit fünf Jahren nach Würzburg. In Graz, danach in Stuttgart hat er Architektur studiert und mit seinem Bruder lange Jahre das elterliche Architekturbüro geführt. Seit 1975 beschäftigt er sich intensiv mit der Geschichte der Stadt und dem Denkmalschutz, eine Arbeit, die sich in zahlreichen Publikationen niederschlug wie „Würzburger Freiplastiken aus zehn Jahrhunderten“ (1980), „Die Baugeschichte der Würzburger Domherrnhöfe (1984), „Von der Agneskapelle zur Jesuitenkapelle (1989) oder „100 Jahre Frankenwarte Würzburg“ (1994). In der Main-Post widmete Lusin „seinem“ Mainviertel die Artikel-Serie „Würzburg, wie es früher war“, die 1999 und 2000 in zwei Bänden als Buch erschien.
Zehn Jahre lang, bis 1999, war Lusin Vorsitzender des Würzburger Verschönerungsvereins, hat sich mit der Stadt angelegt und gegen die Zerstörung der Reste des alten Würzburg gekämpft. Aufsätze mit Titeln wie „Anschläge auf unser Stadtbild“, „Würzburgs einmaligem Stadtbild droht Gefahr“, „Würzburg – Eine Stadt verliert ihre Gestalt“ sprechen eine deutliche und kompromisslose Sprache.
Auch wenn sich Lusin längst aus der vordersten Kampflinie zurückgezogen hat, so ist er doch ein rastloser Geist geblieben, der nun unbekannte Schätze entdeckt in vielen kleinen und größeren Kirchen, Architektur in Dörfern und Städtchen, Burgen und Burgställe, botanische Raritäten der fränkischen Trockenrasengebiete. Trotzdem findet er Zeit, den jahrelang vernachlässigten Garten zu pflegen und zugestalten und seine Frau Romilda zu bekochen, was er seit sieben Jahren aufs Köstlichste tut, ohne sich je wiederholt zu haben. Dass sich seine Tochter Caroline, Jahrgang 1977, promovierte und sich gerade als Literaturwissenschaftlerin habilitiert, ist ein weiterer Geschenk in Lusins reichen Leben.