Vor 120 Jahren war John Millington Synge noch keine irische Berühmtheit. Der Musikstudent hatte vom guten Ruf der Königlichen Musikschule in Würzburg gehört und wollte hier sein Studium fortsetzen. Die ersten Nächte nach seiner Ankunft am 22. Januar 1894 verbrachte der schüchterne Mann im Bahnhofshotel, dann fand er ein privates Zimmer am Haugerring 16. Hier erinnert seit diesem Sommer eine Plakette an den irischen Dramatiker, der in seiner Heimat für seine Theaterstücke und Gedichte, die das Leben einfacher Menschen schildern, verehrt wird.
Nun wird der Erinnerung an den Nationaldichter ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Die Deutsch-Irische Gesellschaft Würzburg und das Büro Würzburg International haben eine Ausstellung nach Würzburg geholt, die so in Deutschland noch nicht zu sehen war. Gezeigt werden Fotografien Synges aus Wicklow, der Partnerregion Würzburgs: Bauern und ihr Vieh, Markttreiben, dörflicher Alltag. Die Aufnahmen sind zu einer Zeit entstanden, als noch nicht viele Menschen eine Kamera bedienten und diese dann wohl auch nur selten auf vermeintlich so unspektakuläre Motive richteten. Genau das macht sie heute so interessant.
Zur Ausstellungseröffnung sprachen Oberbürgermeister Christian Schuchardt und der Irische Botschafter Michael Collins, der bereits beim Antrittsbesuch im Mai zugesagt hatte, die damals schon geplante Synge-Ausstellung für eine erneute Würzburg-Visite zu nutzen. Beide betonten die tiefe Verbundenheit zwischen Würzburg und Irland: „Was als Kriminalstück begann, entwickelte sich zu einer Liebesgeschichte“, erinnerte Schuchardt an die Ermordung des Frankenapostels Kilian und seiner Gefolgsleute im 7. Jahrhundert in Würzburg und spätere prägende Einflüsse von der grünen Insel hinein in die „irischste Stadt auf dem europäischen Festland“.
Im Rahmen dieser Vernissage trug sich Botschafter Collins auch ins Goldene Buch der Stadt Würzburg ein. Matthias Fleckenstein von der Deutsch-Irischen Gesellschaft Würzburg berichtete über die Biografie Synges. In Würzburg, wo sich der begeisterte Naturbeobachter auch ausführlich mit deutscher Literatur beschäftigte, kam der Ire zum Schluss, sein Musik-Studium zu beenden. Seine weitere Reise (über Rom und Paris zurück in die Heimat) führte ihn schließlich auch zum Schreiben.
Obwohl Synge 1909 mit nicht einmal 38 Jahren an Krebs verstarb, hat er ein viel beachtetes Werk hinterlassen. Zugegeben, dabei denken die wenigsten zuerst an seine Fotografien. 55 Bilder sind als Glasplatten oder Zelluloidnegative erhalten geblieben. Ein Großteil der nun gezeigten Auswahl stammt aus der Handschriftenabteilung der Bibliothek des Trinity College in Irlands Hauptstadt Dublin.
Noch bis zum 30. September sind die vergrößerten Abzüge im Rathaus-Foyer zu sehen. Eine besonders günstige Gelegenheit für einen Besuch ist am Tag der Offenen Tür im Rathaus am Samstag, 20. September. Die Deutsch-Irische Gesellschaft wird an diesem Tag von 10 bis 16 Uhr die Ausstellung noch einmal persönlich betreuen.