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WÜRZBURG: „Jünger Jesu“ drei Mal dramatisiert: Autorinnen arbeiten für Leonhard-Frank-Preis

WÜRZBURG

„Jünger Jesu“ drei Mal dramatisiert: Autorinnen arbeiten für Leonhard-Frank-Preis

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    Die drei Autorinnen, die den Leonhard-Frank-Stoff für die Bühne aufgearbeitet haben: (von links) Hannah Fissenebert aus Berlin, Christiane Kalss aus Berlin und Ulrike Schäfer aus Würzburg haben ganz eigene Ansätze gefunden. Mit John von Düffel (rechts) stand den Teilnehmerinnen einer der erfolgreichsten Bearbeiter epischer Stoffe für die Bühne als Berater zur Seite.
    Die drei Autorinnen, die den Leonhard-Frank-Stoff für die Bühne aufgearbeitet haben: (von links) Hannah Fissenebert aus Berlin, Christiane Kalss aus Berlin und Ulrike Schäfer aus Würzburg haben ganz eigene Ansätze gefunden. Mit John von Düffel (rechts) stand den Teilnehmerinnen einer der erfolgreichsten Bearbeiter epischer Stoffe für die Bühne als Berater zur Seite. Foto: Foto: NICO MANGER

    So viel Leonhard Frank war nie im Würzburger Mainfranken Theater. Noch stehen drei weitere Vorstellungen von Simon Kubischs Bearbeitung des Frank-Romans „Der Bürger“ auf dem Spielplan, da konzipiert das Theater zum Spielzeitmottos „Krieg und Frieden“ für die kommende Spielzeit bereits die Adaption der „Jünger Jesu“. Jenes Romans, der durch die Aktionswoche „Eine Stadt liest ein Buch“ eine neue und ganz breite Rezeption in Würzburg und Unterfranken erfahren hat.

    Die Dramatisierung des Romans in einer vom Theater ausgerichteten und dem Dramaturgen und Hochschulprofessor für Szenisches Schreiben John von Düffel geleiteten Autorenwerkstatt war die neu geforderte Aufgabenstellung für den Leonhard-Frank-Preis 2014. In einer szenischen Lesung stellte das Schauspiel-ensemble am Samstag die ersten Arbeitsergebnisse des dreitätigen Workshops vor: Drei völlig unterschiedliche Sichtweisen auf den Romanstoff und gleichermaßen stimmige neue Schwerpunktsetzungen.

    „Keine Gesellschaft“ nennt die Würzburger Autorin Ulrike Schäfer (geboren 1965 in München) ihren Zugriff, in dem sie die urchristlich-sozialistische Utopie der „Jünger“ins Zentrum stellt. Sie verknüpft die individuellen, teils naiven Sichtweisen der Bandenmitglieder mit kollektiven, chorischen Aussagen und konfrontiert sie mit weiteren chorischen Elementen – etwa dem „Chor Ruth“ oder dem „Chor Zwischenzahl“. Das ermöglicht ihr eine Durchdringung von Allgemeinem mit Konkretem.

    Der in Berlin lebenden Österreicherin Christianne Kalss (Jahrgang 1964) ist dieser utopische Idealismus fremd. Sie fokussiert sich auf die Schicksale der beiden Paare Ruth/Martin und Johanna/Steve und versucht deren je verschiedene Schicksale und Überlebensstrategien in der Nachkriegszeit herauszuarbeiten. Erzählt wird aus der neu eingeführten Perspektive von Anton, der kein „Jünger“ sein wollte und sich deshalb den distanzierten Blick von außen bewahrt hat.

    Von noch weiter draußen, nämlich von heute und dem Abstand von 70 Jahren blickt die Berlinerin Hannah Fissenebert (geboren 1987 in Bielefeld) auf die Geschichte der Figur Ruth. Ihre eigene Hauptfigur, eine fiktive Enkelin von Johanna, reist aus den USA in die Heimatstadt ihrer Großmutter, um herauszufinden „wie es damals wirklich gewesen ist“. Sie sucht das Gespräch mit den alt gewordenen Jüngern und den Kontakt zur traumatisierten Ruth, die als Pflegemutter ihrer eigenen Mutter das Überleben ermöglichte. Ein mutiger und avancierter Zugriff, der die Fragen von Erinnern und Vergessen, und der Möglichkeit und Unmöglichkeit der „einen historischen Wahrheit“ beispielhaft verhandelt.

    In den kommenden Wochen werden die drei Autorinnen ihre Stücke vollständig ausarbeiten und fertigstellen, ehe die Jury eines davon auswählt, das dann in der kommenden Spielzeit – am 11. Juni 2015 – in den Kammerspielen des Mainfranken Theaters zur Uraufführung gebracht wird. Es wird keine leichte Wahl für die Jury werden, soviel darf man angesichts der hohen Qualität der Ausschnitte bereits jetzt sagen. Und damit ist das von John von Düffel im Schlusswort formulierte Ziel schon jetzt erreicht: „Wir wollten es der Jury so schwer wie möglich machen“.

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