„Wir bedauern sehr, dass es solche Vorfälle gegeben hat und distanzieren uns demzufolge von Pater Damian“, schreibt die Diözesanleitung der KSJ (Katholische Studierende Jugend) in einem Rundbrief an ihre Mitglieder.
Gut eineinhalb Jahre nachdem Missbrauchsvorwürfe gegen den Franziskaner-Minoriten bekannt wurden, stellt sich die Leitung des mit 300 Mitgliedern größten Jugendverbandes der Diözese jetzt erstmals gegen ihren einstigen Mentor. Ausgelöst wurde dieser Sinneswandel maßgeblich durch die Begegnung mit einem Betroffenen, der den Jugendlichen erzählte, wie er von Pater Damian missbraucht wurde.
Der beliebte Diözesankaplan hatte 33 Jahre lang viel für die KSJ getan – bis er im März 2009 von Bischof Friedhelm Hofmann wegen der Vorwürfe beurlaubt wurde. Damian Mai bestritt die Vorwürfe öffentlich. KSJ-Mitglieder stellten sich hinter ihn. Offiziell schwieg der Jugendverband – bis jetzt.
„Um öffentlich Stellung zu beziehen, wollten wir uns umfassend informieren“, erklärt die KSJ-Leitung in ihrem Rundbrief ihr Schweigen. Zunächst hätten sie auf eine juristische Klärung des Falls gewartet. Doch die Staatsanwaltschaft Würzburg stellte nach fünf Monaten ihre Ermittlungen ein, weil die Fälle verjährt waren. Ein Ergebnis, das von Pater Damian als Rehabilitation interpretiert wurde. Dagegen glaubten Ordinariat und Orden den Opfern und entbanden den Jugendkaplan von seinen Aufgaben.
Nachdem sich die KSJ-Leitung die Argumente von Generalvikar Karl Hillenbrand und dem Provinzial der Franziskaner-Minoriten Pater Leo Beck angehört hatte, begann die Zusammenarbeit mit Teresa Elbert, Vertrauensperson zum Thema sexualisierte Gewalt der Kirchlichen Jugendarbeit. „Die Jugendlichen haben selbst gemerkt, dass sie Unterstützung brauchen“, erklärt Teresa Elbert.
„Für mich und andere Opfer ein wichtiger Schritt“
Missbrauchsopfer zur neuen Haltung des Jugendverbandes KSJ
Dann kam das Angebot eines Betroffenen: Ein 46-Jähriger Mann, der als Jugendlicher selbst bei der KSJ in Würzburg war und angibt, drei Jahre lange von Pater Damian sexuell missbraucht worden zu sein, wollte den KSJ-lern von seinen Erlebnissen zu berichten.
„Ich wollte, dass die KSJ-Mitglieder oder Ehemalige, die Pater Damian vertraut haben, verstehen, dass etwas wahr sein kann, auch wenn sie das nicht wahr haben wollen“, erklärt der Mann seine Motivation. Ziemlich befangen ist er in Begleitung von seinem Sohn und einem Freund im Frühjahr nach Würzburg gefahren: „Ich habe mit allem gerechnet“, erzählt er der Redaktion nach dem Treffen. „Im schlimmsten Fall mit offener Ablehnung von Damian-Fans, die möglicherweise nicht glauben würden, was er erlebt habe. „Doch das war zum Glück gar nicht so.“ Die Jugendlichen seien sehr offen gewesen und er habe den Eindruck gewonnen, „die wollen wirklich wissen, was passiert ist.“
Nach dem Treffen schreibt die KSJ-Leitung an ihre Mitglieder: „Wir glauben der betroffenen Person, mit der wir uns getroffen haben und sind der Ansicht, dass dies kein Einzelfall war.“
Die gründliche Aufarbeitung der KSJ umfasst auch ihre eigene Rolle. Warum hat in den 80er Jahren in der KSJ niemand etwas vom sexuellen Missbrauch gemerkt? Warum hat das Opfer sich niemanden anvertrauen können? Mit diesen und ähnlichen Fragen hat sich die KSJ-Leitung laut Teresa Elbert auseinandergesetzt und tut es noch weiter. „Wir möchten eine Vertrauensbasis schaffen, damit es möglich ist, offen über Geschehenes zu reden“, schreibt die Diözesan-Leitung.
„Ich bin sehr froh,“ sagt dazu der Mann, dessen Besuch diese Entwicklung maßgeblich ausgelöst hat. Dass sich die KSJ auch öffentlich klar von Pater Damian distanziert, „für mich und andere Opfer ein wichtiger Schritt.“