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Würzburg: „Kein Grund, sich zu verstecken“

Würzburg

„Kein Grund, sich zu verstecken“

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    WAT-Berater Jochen Widmann hilft bei allen Fragen, die rund um das Thema „Arbeitslosigkeit“ auftauchen können.
    WAT-Berater Jochen Widmann hilft bei allen Fragen, die rund um das Thema „Arbeitslosigkeit“ auftauchen können. Foto: Brauchbar gGmbH

    Oft existiere ein soziales Projekt fünf oder zehn Jahre. Dann schlafe es ein. Weil sich das Problem, das im Fokus stand, gelöst hat, oder weil es neue, modernere Initiativen gibt. Beim Würzburger Arbeitslosentreff (WAT) sei das anders. Die 1985 gegründete Einrichtung habe nie an Bedeutung verloren – selbst nicht in Zeiten sogenannter Vollbeschäftigung. Aktuell habe der WAT wieder einen hohen Stellenwert. Bedingt durch die Pandemie würden wieder mehr Beschäftigte ihren Job verlieren, heißt es in einer Pressemitteilung des WAT.

    Beim WAT fänden Menschen ein offenes Ohr, egal, mit welchen Problemen sie sich im Zusammenhang mit drohender oder eingetretener Erwerbslosigkeit herumschlagen. Seit Ausbruch der Pandemie treibe vor allem ein Problem Arbeitslose stark um, schildert WAT-Berater Jochen Widmann: „Die eingeschränkten Öffnungszeiten beim Jobcenter sorgen für erhebliche Schwierigkeiten.“

    Dies werde vor allem bei den Beratungen am Heuchelhof deutlich. Seit 2014 bietee das WAT-Team dort Sozialberatung an: „Denn für die Bewohner des Heuchelhofs ist es nicht einfach, in unsere Einrichtung zu kommen.“ Wer in einem vornehmen Quartier lebt und dort ein großes Haus mit Garten hat, ist von der Pandemie weniger betroffen als Menschen, die unter Hartz IV-Bedingungen leben.

    Einige WAT-Klienten hätten gar keine eigenen vier Wände. „Etlichen unserer Klienten fiel schon beim letzten Lockdown die Decke auf den Kopf“, sagt Widmann. Im Moment könne man nirgends hingehen. Nachdem Langzeitarbeitslose auch häufig seelisch angeschlagen seien, würden sie von den Corona-Maßnahmen hart getroffen, so die Mitteilung weiter. 

    Wie notwendig der WAT für Langzeitarbeitslose gerade in Krisenzeiten sei, werde seit März offenkundig. „Wir haben im letzten Lockdown oft lange mit unseren Klienten telefoniert“, berichtet Widmann. Die Menschen signalisierten ihm: „Es ist so gut, dass jemand an uns denkt!“ In letzter Zeit sei es wieder möglich gewesen, sich im WAT aufzuhalten. Die Räume seien so groß, dass zumindest zwei Klienten kommen könnten, um miteinander zu reden, Zeitung zu lesen oder das Internet zu nutzen. 

    Einige Klienten könnten mit einem depressiven Schub auf die Pandemie reagieren, befürchtet Widmann. Das Gefühl, dass ihre Situation nun noch aussichtsloser sei als zuvor schon, drücke sie massiv nieder. Gerade für Menschen ohne materielle, soziale und psychische Ressourcen sei es schwierig, wenn das soziale Leben so stark heruntergefahren wird.

    Nach wie vor vermutet man bei Arbeitslosigkeit, dass die Betroffenen selbst „Schuld“ an ihrer Situation seien. Arbeitslos zu sein, sei immer ein Stigma gewesen und sei es noch immer.

    Die Gründung des Würzburger Arbeitslosentreffs 1985 stand deshalb auch unter dem Motto „Arbeitslosigkeit – Kein Grund, sich zu verstecken“. In der aktuellen Pandemie gewinne dieses Motto neu an Bedeutung. Denn auch Menschen, die das nie für möglich gehalten hätten, würden ihren Arbeitsplatz verlieren. Manch einer lande in Hartz IV. Das betreffe vor allem Selbstständige und Kulturschaffende, die nun einen zweiten Shutdown verkraften müssten.

    Zwar gebe es Hilfen aus dem Staatshaushalt. Doch vielen reiche das nicht. Jochen Widmann rät, rechtzeitig einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen: „Man sollte auf keinen Fall warten, bis man gar nichts mehr besitzt.“ Ein schlechtes Gewissen sei unnötig, schließlich habe kein Schauspieler, kein Autor und kein bildender Künstler die aktuelle Situation verschuldet. Noch bis Ende März 2021 ist der Zugang zu Leistungen der Grundsicherung laut Widmann vereinfacht. Das Vermögen werde nicht angetastet, wenn es weniger als 60 000 Euro für das erste und 30 000 Euro für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied betrage.

    Im WAT würden in erster Linie Menschen beraten, die Fragen und Probleme in Bezug auf das Jobcenter haben. Das liege daran, dass, zumindest in normalen Zeiten, Anträge auf Hartz IV viel komplizierter seien als Anträge, die an die Agentur für Arbeit gestellt werden. „Doch in den letzten Wochen haben wir vermehrt Anfragen zum Arbeitslosengeld 1 erhalten“, sagt Widmann. Auch das sei ein Zeichen dafür, dass trotz Kurzarbeit und staatlicher Unterstützung mehr Menschen aus dem Arbeitsleben katapultiert würden, heißt es abschließend in der Mitteilung.

    Der „Würzburger Arbeitslosentreff“ befindet sich in der Burkarderstraße 14 in Würzburg. Er ist an jedem Werktag von 10 bis 16 Uhr unter 0931-78012253 zu erreichen. Bitte für Beratungen zuvor telefonisch einen Termin vereinbaren.

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