Zu treffen sind die wohl schwierigsten Entscheidungen überhaupt. Dann, wenn es um Leben oder Tod geht. Wenn unheilbar kranke Patienten nicht mehr in Schmerz und Leid dahinvegetieren wollen. Darf sie der Mediziner dann beim Suizid begleiten? Darf er ihn ermöglichen? Oder ist das mit dem ärztlichen Ethos nicht vereinbar? Hier der Wille des Patienten, dort eine Rechtsprechung, die die Ärzte zunehmend verunsichert.
Warten auf Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Mit Spannung wird noch im Herbst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet. Auf dem Prüfstand steht der 2015 eingeführte Paragraf 217 Strafgesetzbuch, wonach zwar die Unterstützung des Suizids im Einzelfall nicht strafbar ist, wohl aber "geschäftsmäßig" geleistete Sterbehilfe, wie sie von Organisationen wie Dignitas angeboten wird. Fragt sich: Steht ein Mediziner mit einem Bein im Gefängnis, wenn er wiederholt todkranken Patienten auf der Palliativstation schmerzlindernde Medikamente zur Verfügung stellt, die bei höherer Dosierung zum Tod führen können?

Die Sterbehilfe zählt zu den umstrittensten Fragestellungen im Medizinstrafrecht, "was nicht zuletzt daran liegt, dass in erheblichem Umfang auch moralische Gesichtspunkte eine Rolle spielen", sagt der Würzburger Strafrechtsprofessor und Rechtsphilosoph Eric Hilgendorf. Gerade in Deutschland sei das Thema "Euthanasie" historisch stark belastet.
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"Kellergespräch" mit Palliativmediziner und Rechtsexperten
Das nächste "Würzburger Kellergespräch" von Main-Post und den Juristen-Alumni der Uni Würzburg greift verschiedene Aspekte der Sterbehilfe auf und fragt: "Wie frei ist der Tod? Entscheiden Gerichte, Ärzte oder Patienten?". Zu Gast sind der Würzburger Palliativmediziner Rainer Schäfer (Juliusspital) und Medizin- und Strafrechtler Gunnar Duttge von der Universität Göttingen, es moderiert Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer. Auch Eric Hilgendorf, Vorsitzender des Alumni-Vereins, gilt als Rechtsexperte auf diesem Gebiet.

Erst im Juli hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwei Ärzte freigesprochen, die drei Patientinnen mit einer tödlichen Dosis Medikamenten den Suizid ermöglicht und sie dabei begleitet haben. Allerdings ereigneten sich die Fälle bereits vor der Gesetzesverschärfung 2015. Zu dieser sagte der renommierte Palliativmediziner Gian Domenico Borasio in der "Zeit": "Der missratene Paragraf 217 Strafgesetzbuch hat die Rechtsunsicherheit drastisch verstärkt." Kritiker warnen vor zur starken juristischen Eingriffen am Lebensende. Hier seien in erster Linie Patient, Angehörige und Ärzte gefragt.
Warum wird vor dem Tod noch sinnlos therapiert?
Diskutiert wird im "Kellergespräch" auch die Gefahr durch Übertherapien: Werden durch medizinische Eingriff Leiden von Patienten über Gebühr verlängert? Mediziner berichten von sinnlosen Maßnahmen, von der nur die Kliniken (wirtschaftlich) profitierten. Im April hatte der Bundesgerichtshof eine Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz durch einen hinterbliebenen Sohn abgewiesen.

Haben Sie als Angehörige oder Mediziner eigene Erfahrungen mit den Themen Lebensende und Sterbehilfe gemacht? Uns interessiert Ihre Meinung: Schreiben Sie uns (andreas.jungbauer@mainpost.de) oder rufen Sie an: Tel. (0931) 6001-780.
Das "Würzburger Kellergespräch" findet am Donnerstag, 7.November, von 19 Uhr (c.t.) bis 21 Uhr im Max-Stern-Keller der Alten Universität, Domerschulstraße 16, in Würzburg statt. Der Eintritt ist frei. Das Publikum kann sich mit Fragen einbringen.