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WÜRZBURG: „Kindertagespflege ist kein Hobby“

WÜRZBURG

„Kindertagespflege ist kein Hobby“

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    Ihr Job ist schlecht bezahlt, finden viele Tagesmütter. Mit einer Petition wenden sie sich jetzt an die Politik.
    Ihr Job ist schlecht bezahlt, finden viele Tagesmütter. Mit einer Petition wenden sie sich jetzt an die Politik. Foto: Archivfoto: Jan Strobel, dpa

    Tagesmütter in ganz Deutschland kämpfen derzeit um bessere berufliche Bedingungen, denn viele können von ihrem Lohn nicht leben. Daher haben sie unter dem Motto „Kindertagspflege ist kein Hobby“ eine Onlinepetitiongestartet. Mit dieser Unterschriftensammlung wollen sie eine Anerkennung ihrer Tätigkeit als ordentlicher Beruf erreichen. Knapp 40 000 Unterstützer haben die Petition bis gestern unterzeichnet.

    Jennifer Hartmann hat die Petition ins Leben gerufen

    „Die Kindertagespflege muss als eigenständiges Berufsbild anerkannt werden. Wir sind pädagogische Fachkräfte, die mit allen Risiken, Vor- und Nachteilen der Selbstständigkeit arbeiten“, erklärt Jennifer Hartmann, Tagesmutter aus Gerbrunn bei Würzburg, die die Petition mit ins Leben gerufen hat. Jennifer Hartmann ist 32 Jahre alt und arbeitet seit 2011 als qualifizierte Tagesmutter. Derzeit betreut sie gegen Entgelt fünf Kleinkinder bei sich zu Hause in Gerbrunn.

    „Doch es wird immer schwieriger, in diesem Beruf zu arbeiten“, erzählt sie. Dies liege vor allem am geringen Verdienst. „Viele von uns müssen parallel beim Jobcenter aufstocken, weil es einfach nicht zum Leben reicht“, sagt Hartmann. Sie selbst arbeite zwischen 45 und 50 Stunden die Woche. „Das ist mehr als Vollzeit. Doch weil wir so wenig verdienen, gilt es bei den Krankenkassen als Nebenjob“, sagt Hartmann. Das bedeute, dass im Krankheitsfall auch kein Anspruch auf Krankengeld bestehe.

    Der Stundenlohn für Tagesmütter ist nicht hoch

    Der Stundensatz für die Betreuung pro Stunde und Kind beträgt im Landkreis Würzburg zum Beispiel 4,16 Euro. „Experten empfehlen seit Jahren mindestens 5,50 Euro pro Stunde und Kind“, sagt Hartmann, die wegen der geringen Bezahlung bereits im Mai 2015 gegen das Landratsamt geklagt hat. Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte die Klage allerdings ab.

    „Unsere Arbeit ist wichtig, qualifiziert, kompetent und ganz sicher kein Hobby“, betont die Tagsmutter. Am Dienstag übergibt sie die Liste der Unterschriften an den Bundestagsabgeordneten Paul Lehrieder (CSU), der Vorsitzender des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist. Er hat Hartmann und weitere Tagesmütter aus ganz Deutschland am 21.Oktober zu einem Informationsgespräch mit Vertretern des Familienministeriums nach Berlin eingeladen. „Wir könnten Tagesmütter zum Beispiel in unser Programm Kita-Plus hineinnehmen“, erklärt Lehrieder. Dann würden sie für die Kinderbetreuung außerhalb der Kernzeiten vielleicht mehr Geld bekommen.

    Gefordert wird eine einheitliche Ausbildung

    „Wir fordern für Tagesmütter auch eine einheitliche Ausbildung“, betont Hartmann. In Würzburg dauere eine Ausbildung zur qualifizierten Tagsmutter beispielsweise 100 Stunden, in anderen Städten dagegen bis zu 300 Stunden. „Das ist ungerecht“, sagt Hartmann. Dabei bieten Tagesmütter kleine Gruppen mit einer festen Bezugsperson und einem sehr guten Betreuungsschlüssel.

    In Mainfranken gibt es mehr als 120 Tagesmütter. Sie sind Selbständig und gelten als geringfügig beschäftigt, obwohl sie oft bis zu 50 Stunden in der Woche arbeiten. Nach Abzug aller Auslagen und Versicherungen bleibe oft nur ein Stundenlohn von nicht mal 2,50 Euro, schätzt Hartmann.

    Für die Bezahlung der Tagesmütter sind seit 2008 die Jugendämter verantwortlich. Mit ihrer Petition wollen sie jetzt aber erreichen, dass die Bedingungen per Gesetz auf Bundesebene verbessert werden.

    Kindertagespflegepersonen Seit Oktober 2005 ist gesetzlich vorgesehen, dass jemand, der mehr als 15 Stunden pro Woche oder länger als drei Monate gegen Bezahlung bis zu fünf fremde Kinder im eigenen Haushalt betreuen möchte, eine Erlaubnis des Jugendamtes benötigt. Die sogenannte Pflegeerlaubnis wird auf fünf Jahre befristet erteilt. Dadurch wird den Eltern, die ihre Kinder in fremde Hände geben, eine gewisse Sicherheit vermittelt, denn im Gegensatz zu einem sporadischen Babysitter ist eine Tagesmutter auch weitgehend an der Erziehung der Kinder beteiligt. Allerdings wird diese Möglichkeit nur nach einer Ausbildung oder dem Nachweis einer Qualifikation erteilt. Alle Kindertagespflegepersonen müssen neben der pädagogischen Qualifizierung auch einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind nachweisen. Die Vorgaben der zuständigen Behörden weichen stark voneinander ab. Einige Bundesländer bzw. Städte und Kreise erwarten 160 Unterrichtsstunden, andere nur 16 Unterrichtsstunden; jährliche Fortbildungen sind verbindlich. Laut dem Statistischen Bundesamt gab es 2012 in Deutschland rund 43 400 Tagesmütter und -väter.

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