Stephan Haering war Professor für Kirchenrecht an der Universität Würzburg. Seit 2001 ist der katholische Theologe an der Uni MünchenInhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, insbesondere Verwaltungsrecht sowie Kirchliche Rechtsgeschichte; zudem Richter am Erzbischöflichen Konsistorium und Metropolitangericht München und Berater der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz. Der Benediktiner hat sich die Konflikte um die Kirchenverwaltungswahlin Rimpar(Lkr. Würzburg) und in Kützberg(Lkr. Schweinfurt) näher angeschaut.

Nicht überall im Bistum Würzburg sind die Wahlen zur Kirchenverwaltung reibungslos abgelaufen. In zwei Fällen - in Kützberg und Rimpar - wurde von der Bistumsleitung sogar ein externer Kirchenrechtler beauftragt, die Situation zu bewerten.
Prof. Stephan Haering: Ich persönlich halte nicht viel davon, Arbeiten dieser Art zu exportieren. In der Diözesanleitung müsste so viel Expertise vorhanden sein, alleine fundierte Entscheidungen zu treffen. Aber heutzutage gilt ja allgemein: Wenn externe und meist als unabhängig bezeichnete Experten zu einer Sachlage befragt werden, dann klingt das besonders kompetent.
Womöglich geht es darum, eine möglichst neutrale Entscheidung zu finden. Die Wahl in Rimpar wurde für ungültig erklärt.
Haering: Letztlich muss immer das Bistum als oberste Aufsichtsbehörde die Entscheidung treffen. Der beauftragte externe Kirchenrechtler ist eine fachlich qualifizierte Privatperson. Das Bistum Würzburg hat sozusagen ein Gutachten bei ihm eingeholt. Zu dem Ergebnis, eine Wahl für ungültig zu erklären, hätte die Diözesanleitung – wie gesagt – auch alleine kommen können. Nur wenn man sich im Unklaren ist, spricht nichts dagegen, sich Expertisen von außen zu holen. Aber das scheint mir im Bistum Würzburg nicht der Fall gewesen zu sein. Dort gibt es kundige Leute.
Kennen Sie weitere Fälle, wo es vor und nach der Wahl zu solchen Komplikationen gekommen ist?
Haering: In dieser Form ist es mir das erste Mal untergekommen. Im Allgemeinen ist es doch so, dass man Kandidaten eher gewinnen muss für diese verantwortungsvolle ehrenamtliche Aufgabe und die Wahl ordentlich abläuft. Diejenigen, die dazu bereit sind, müssen viel Zeit und Mühe investieren, um in der Kirchenverwaltung mitzuarbeiten. Dann gibt es noch die persönliche Haftung. Theoretisch könnte ein Kirchenverwaltungsmitglied bei grober Fahrlässigkeit sein Vermögen verlieren, etwa sein Haus.
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Deshalb sollte die Information vor einer Wahl möglichst umfassend sein?
Haering: Unbedingt. Diejenigen, die sich zur Wahl stellen, sind in der Regel nicht mit allen Rechten und Pflichten vertraut. Probleme tauchen meist erst dann auf, wenn – bewusst oder aus Unachtsamkeit – nicht rechtzeitig auf manche Dinge hingewiesen wird – etwa auf die erforderlichen Unterstützungsunterschriften vor der Wahl. Dann fühlen sich diejenigen, die sich gerne der Aufgabe stellen wollen, deswegen ungerecht behandelt. Manche wehren sich.

In Kützberg wurden die Einsprüche abgelehnt.
Haering: Für Kützberg hat, so wie sich mir der Fall darstellt, der Wahlausschuss gleichzeitig als Unterstützerorgan fungiert. So kam es zur vorgeschriebenen Unterstützerliste. Das kann man so machen, es ist aber nicht gerade transparent oder im ureigensten Sinn der Wahlordnung. Im Rimparer Fall ist mein Eindruck, dass es große Konflikte gibt zwischen dem hauptamtlichen Kirchenverwaltungsvorstand und den ehrenamtlichen Mitgliedern.
Und, wie Sie bereits in einem früheren Gespräch mit dieser Redaktiongesagt haben, sind die Unterstützerunterschriften durchaus ein Mittel, unliebsame Kandidaten erst gar nicht für die Wahl zuzulassen.
Haering: Die Unkenntnis über die Wahlordnung darf nicht ausgenutzt werden, sei es vom Pfarrer oder vom Wahlausschuss. Man muss vorher kommunizieren, was die Voraussetzungen für eine Kandidatur sind. Pfarrer und Wahlausschuss sollen nicht eine bewusste Vorauswahl treffen, sondern die Kirchengemeinde sollte entscheiden, wer in die Kirchenverwaltung kommt und wer nicht. Wenn ein Pfarrer den Wahlausschuss als Filter benutzt, um Personen, die als lästig empfunden werden oder die nach seiner Einschätzung lästig werden können, fernzuhalten, dann ist das in jedem Fall nicht in Ordnung. Nach der Wahl muss der Pfarrer professionell damit umgehen können, dass er womöglich mit Leuten zusammenarbeiten muss, die er sich nicht ausgesucht hätte – wenn er dazu befugt gewesen wäre. Denn das ist er nicht.
Guido Spahn aus Kützberg hat die Ablehnung seiner Kandidatur und seiner Einsprüche akzeptiert und sei mit sich im Reinen, sagte er.
Haering: Ich denke, dass keine fruchtbare Zusammenarbeit mehr möglich gewesen wäre. Von daher erspart ihm seine Ablehnung aus formalen Gründen weiteren Ärger. Aber der Mann ist nach meinem Dafürhalten nicht so behandelt worden wie es unter Christen und nach menschlichen Anstandsregeln üblicherweise gehandhabt werden sollte. Da ihm, wie er sagt, Mitglieder des Wahlausschusses im Ort aus dem Weg gehen, könnte man meinen, dass sie ein schlechtes Gewissen haben.
Was meinen Sie, wird die erneute Wahl demnächst in Rimpar korrekt ablaufen?
Haering: Ich gehe davon aus, bin aber gespannt, wie die Pfarrgemeinde ihre zwischenmenschlichen Probleme lösen wird. Denn ohne solche, davon kann man ausgehen, wäre es erst gar nicht so weit gekommen und die erste Wahl im November bereits glatt gelaufen. Die vorhandene Unruhe ist für die wichtige Funktion der Kirchenverwaltung nicht förderlich.
Der Fall "Kützberg"Diskussionen um die Kirchenverwaltungswahl (KV) gab es in einigen Gemeinden der Diözese. Beispielsweise in Kützberg. Dort stellte sich der Religionslehrer Guido Spahn als KV-Kandidat zur Verfügung, hatte aber keine Unterstützerunterschriften. Er erhob Einsprüche, auch wegen eventueller Unregelmäßigkeiten im Wahlausschuss.Die Diözese ließ Spahns Beschwerden extern prüfen. Das Ergebnis: Er habe seine Einwände nicht fristgerecht erhoben. Sie seien deshalb aus formalen Gründen abgelehnt worden. Laut Spahn hat ihm die Bistumsleitung in ihrer Entscheidung mitgeteilt, dass es durchaus Schwachstellen bei der Durchführung der KV-Wahl gegeben habe. Sie seien mit den betreffenden Personen besprochen worden.Fehlende Unterschriften von Unterstützern waren auch in anderen Pfarrgemeinden der Diözese ein Thema. Da niemand dagegen Einspruch erhob, wurde die Wahl in diesen Gemeinden gültig im Sinne von: Wo kein Kläger, da kein Richter. (CJ)