Ab diesem Dienstag, 9 Uhr, kann man Beiträge auf mainpost.de nur noch kommentieren, wenn man seinen echten Vor- und Nachnamen angibt und gleichzeitig ein MP+-Abonnement hat. Den Beitrag, in dem Chefredakteur Ivo Knahn die Gründe für die Umstellung beschreibt, haben Kommentatorinnen und Kommentatoren am Wochenende ausgiebig diskutiert. Etwa 400 Kommentare zum Text sowie Rückmeldungen auf Social Media und per Mail an die Redaktion zeigen, wie sehr das Thema bewegt.
Die Mehrheit unterstützt die neue Klarnamenpflicht. Größte Zustimmung im Forum findet der Kommentar von Josef Ziegler aus Güntersleben (Lkr. Würzburg). Ziegler schreibt: "Endlich hat sich die Main-Post zu diesem längst überfälligen Schritt entschlossen. Dann könnte es sich vielleicht auch wieder lohnen, hin und wieder die Kommentare anzuschauen, was ich mir zuletzt kaum noch angetan habe. Denn was hier unter dem Deckmantel der Anonymität vielfach an Unflat abgeliefert wurde, war wahrlich nicht geeignet, sich daraus einen Überblick über das allgemeine Meinungsspektrum zu verschaffen oder zur eigenen Meinungsbildung etwas beizutragen. Allen, die jetzt bedauern, sich nicht mehr hinter Decknamen zu verstecken, sei gesagt: Wer nicht den Mut hat, zu seiner Meinung zu stehen, darf nicht erwarten, dass diese Beachtung findet."
Nutzer "Max_Moritz" fragt: "Wer wird sich hier in Zukunft noch kritisch äußern?"
Kritiker der Änderung führen vor allem zwei Punkte an: Die Redaktion schließe mit der Abopflicht viele Menschen aus der Diskussion aus. Außerdem würden einige niemals unter Klarnamen kommentieren, weil sie Nachteile oder auch Angriffe anderer befürchten. "Max_Moritz" schreibt: "Die bisherige Anonymität bietet eine legitime Schutzzone für jedermann. Wer wird sich hier in Zukunft noch kritisch äußern?"
Nutzer "ak24.de" bedauert die Veränderung und kündigt seinen Abschied aus dem Forum an: "(...) Anonymität hilft manchmal beim Kundtun der eigenen Meinung und schafft eine Meinungsvielfalt, die es jetzt nicht mehr geben wird. Ich für meinen Teil bin raus. Main-Post, ade!"
FNB kritisiert die neue Regelung ebenfalls: "(...) Ich erinnere mich gut an die Kommentare der Mutter eines der vom Missbrauch dieses Logopäden betroffenen Kinder. Die Beiträge waren sehr authentisch und berührend. Unter Klarnamen hätte sie das nicht gekonnt, schon zum Schutz ihres Kindes. Diese Tür verschließt man mit dieser Pflicht."
Auch weiterhin kann sich jeder an die Redaktion wenden, ohne dass sein Name veröffentlicht wird
Dazu eine Einordnung aus der Redaktion:
Menschen, die geschützt werden und dennoch an der Debatte teilnehmen wollen, haben somit auch in Zukunft eine Stimme. Diese Kontaktaufnahmen sind regelmäßig Auslöser für eine Recherche, bei der die Redaktion ihre Informanten schützt. Das heißt, sie verwendet nur die Informationen aus der Kommunikation, gibt aber keine Informationen zur Person weiter, übrigens auch nicht an offizielle Stellen wie Polizei oder Staatsanwaltschaft.Medienwissenschaftliche Studie: Verbesserte Qualität von Kommentaren durch Klarnamen
Einen wissenschaftlichen Aspekt zur Namensregelung bringt Klaus Meier ein, Professor für Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt ein. Er verweist auf eine Studie seiner Universität, mit der 2018 unter anderem der Einfluss von Klarnamen auf die Qualität in Kommentarforen untersucht wurde: In der Zusammenfassung der Studie heißt es, dass pseudonyme Nutzerkommentare in ihrer Qualität deutlich schwächer sind als Kommentare mit Klarnamen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss: "Redaktionen ist demnach zu empfehlen, eine Klarnamenpflicht einzuführen."
Über Facebook schaltet sich Steffen Burkert aus Nordhorn in Niedersachsen in die Diskussion ein. Er ist Chefredakteur der Grafschafter Nachrichten und schreibt: "Dieselbe Debatte haben wir vor einem Jahr auch geführt. Unser Fazit: Wir haben wegen der Klarnamenpflicht zwar weniger Kommentare als vorher, die verbliebenen jedoch sind unseres Erachtens besonders lesenswert."