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BERLIN/WÜRZBURG: Kommt jetzt die "Ehe für alle"?

BERLIN/WÜRZBURG

Kommt jetzt die "Ehe für alle"?

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    Mann und Frau, Frau und Frau, Mann und Mann: Politiker können bei der Abstimmung über die „Ehe für alle“ ihrem Gewissen folgen.
    Mann und Frau, Frau und Frau, Mann und Mann: Politiker können bei der Abstimmung über die „Ehe für alle“ ihrem Gewissen folgen. Foto: Foto: thinkstock

    Nach jahrelanger Ablehnung der völligen Gleichstellung von Homosexuellen hat die Unionsfraktion eine Abstimmung über die „Ehe für alle“ zur Gewissensfrage erklärt. Damit entfällt der sogenannte Fraktionszwang im Bundestag, der Abgeordnete an eine vorgegebene Linie binden soll. Die SPD, die die „Ehe für alle“ seit langem fordert, strebt eine Abstimmung noch in dieser Woche an.

    Kanzlerin Angela Merkel war bereits am Montag bei einer Veranstaltung in Berlin überraschend vorgeprescht. Am Dienstag hat die CDU-Chefin dann nach Teilnehmerangaben in der Sitzung der Unionsfraktion wiederholt, es gehe bei der Abstimmung über die „Ehe für alle“ um eine Gewissensentscheidung.

    Laut Grundgesetz sind die Abgeordneten bei jeder Abstimmung nur ihrem Gewissen verpflichtet. Allerdings hat sich im Laufe der parlamentarischen Arbeit ein sogenannter Fraktionszwang durchgesetzt, mit dem eine Fraktionsführung die Parteilinie absichern will.

    Mehrheit gilt als sicher

    Bei einer Abstimmung ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die volle Gleichstellung als sicher. Sie könnte am Freitag sein. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rief die Unionsabgeordneten den Angaben zufolge auf, in möglichst großer Zahl daran teilzunehmen. Jene, die eine völlige Gleichstellung der sogenannten Homo-Ehe mit der Ehe von Frau und Mann ablehnten, sollten respektvoll mit der Meinung der anderen umgehen. Die CSU-Parteispitze hatte zuvor nach einer Telefonkonferenz mitgeteilt, ihre Grundposition beinhalte nicht die sogenannte Ehe für alle. „Gleichwohl haben wir Respekt und Verständnis“, wenn Bundestagsabgeordnete „ihrem Gewissen folgend eine abweichende Entscheidung treffen“.

    Der unterfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder macht keinen Hehl daraus, dass er seine Meinung nicht geändert hat. Das sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Nachfrage. „Ehe ist für mich immer noch die Verbindung von Mann und Frau.“ Lehrieder fügt hinzu, dass das keine Diskriminierung für verpartnerte Paare sei. „Ich erkenne durchaus an, dass viel Verantwortung auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gelebt wird.“

    Bischof: Ehe kann nur zwischen Mann und Frau bestehen

    Für Würzburgs Bischof Friedhelm Hofmann ist eine klare Definition von Ehe und Familie wichtig, damit Fehlentwicklungen, wie sie teilweise durch die Bewegung des „Gender Mainstreaming“ (der Gleichstellung der Geschlechter) entstünden, nicht die Oberhand gewinnen würden. „Wir müssen eindeutig sagen, dass eine Ehe nach unserem christlichen Verständnis nur zwischen einem Mann und einer Frau bestehen kann.“ Damit werde nicht der Stab über andere Lebensentwürfe gebrochen, wohl aber der Weg christlichen Eheverständnisses eindeutig beschrieben. Hofmann zufolge erkenne man die Bedeutung des Themas aus kirchlicher Sicht daran, dass bereits zweimal in Rom eine Synode zu Ehe und Familie stattgefunden hat. „Papst Franziskus hat dieses wichtige Thema in den Mittelpunkt gestellt, weil das katholische Ehe- und Familienbild gefährdet ist und dringend profiliert dargelegt werden muss.“

    Seit 27 Jahren ein Paar

    Sigrid Kohm und Gabriele Richter aus Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) gehören zu den Befürwortern der „Ehe für alle“. Die beiden Frauen leben seit 27 Jahren zusammen, sind seit 15 Jahren verpartnert und schon lange der Meinung, dass sich endlich etwas tun muss. Am 10. Mai 2002 besiegelten sie vor einem Notar ihren Bund fürs Leben, ein evangelischer Pfarrer segnete sie. Dass nun Kanzlerin Merkel die politische Entscheidung zur Gewissensfrage erklärt, begrüßen sie – auch wenn dies ihrer Ansicht nach dem Wahlkampf geschuldet ist: „Jetzt wird das Fähnchen in den Wind gedreht.“

    Die Ehe für alle in der EU In vielen Ländern – etwa in Russland – werden Schwule und Lesben diskriminiert. In einigen Ländern gelten gleichgeschlechtliche Beziehungen sogar als illegal. Dagegen können Homosexuelle in 14 EU-Ländern sogar die Ehe eingehen. 1989 erlaubte Dänemark als erstes Land standesamtlich registrierte Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare. 2001 waren es die Niederlande, die als weltweit erster Staat die „Homo-Ehe“ auf den Weg brachten. Zwei Jahre später folgten Belgien und Spanien, später Norwegen, Schweden, Portugal, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Slowenien und Großbritannien (mit Ausnahme von Nordirland). 2015 und 2016 erlaubten auch die katholisch geprägten Länder Irland (nach einer Volksabstimmung) und Italien die „Homo-Ehe“; dort gibt es aber Einschränkungen beim Adoptionsrecht. Im März 2017 folgte Finnland. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied 2016, dass die „Homo-Ehe“ kein Menschenrecht sei. EU-Staaten haben demnach das Recht, die Gleichstellung zu verweigern und die Ehe als exklusives Recht für Mann und Frau zu definieren. kna

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