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OCHSENFURT: Konrektor Ernst Lindner geht nach 38 Jahren an der Realschule in den Ruhestand

OCHSENFURT

Konrektor Ernst Lindner geht nach 38 Jahren an der Realschule in den Ruhestand

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    Sauerstoff zum Abschied: Konrektor Ernst Lindner unter den Grünpflanzen, die er der Realschule geschenkt hat, auch wenn sie nicht ins gestalterische Konzept der generalsanierten Schule passen.
    Sauerstoff zum Abschied: Konrektor Ernst Lindner unter den Grünpflanzen, die er der Realschule geschenkt hat, auch wenn sie nicht ins gestalterische Konzept der generalsanierten Schule passen. Foto: Foto: GERHARD MEISSNER

    In die Generalsanierung der Schule hat sich der Konrektor in den letzten Jahren noch mal richtig reingekniet. Wenn er erzählt, was alles noch zu machen wäre, scheint es, als wolle er seinen Abschied selbst nicht ganz wahrhaben. Aber Ernst Lindner widerspricht. Voller Einsatz bis zu letzten Minute, und dann Schluss. Zuhause gibt's einiges zu richten. Die Enkel haben ihre Ansprüche schon angemeldet. Und wenn es Frühling wird, geht's endlich wieder aufs Motorrad.

    Diese Sanierung – die Architekten, die verstehen mehr von Farbkonzepten als von der schulischen Praxis, sagt er, der Praktiker. Er hat sie genervt mit seinem Oberpfälzer Sturschädel. Die ganzen Bauvorschriften sind einem, der gerne seinen eigenen Weg geht, ein Graus. „Aufbegehren, das hatte ich schon immer drauf“, sagt er. Autorität genoss er trotzdem unter seinen Schülern, ohne selbst autoritär zu sein.

    Durchsetzungsfähigkeit, die war in den 80er Jahren gefragt, als der Umgang der Schüler mit ihren Lehrern rauer war als heute. Revoluzzer waren das damals. „Heute sind die Schüler ganz anders, ruhiger und angenehmer, aber das wechselt immer wieder mal.“ Als 68er hätte auch er ein Revoluzzer werden können, doch dafür war keine Zeit. Der Vater war früh gestorben. Ernst Lindner musste so schnell wie möglich Geld verdienen. In drei Jahren hat er das Lehramtsstudium in Chemie und Biologie durchgezogen. Danach war ihm eine Anstellung in der oberpfälzischen Heimat sicher, wäre nicht ein Sportunfall dazwischen gekommen.

    Die Stelle trat ein Unterfranke an. Ernst Lindner kam dafür ein halbes Jahr im März 1974 später nach Ochsenfurt. Seine erste Stelle – und seine letzte. „Ich wollt' nie wieder raus aus Ochsenfurt“, sagt er. Schlecht für die Karriere ist das, „aber es hat mir gut getan“.

    Mit der Zeit ist er mit der Schule verwachsen. Hat sich als Beratungslehrer engagiert, Auslandspartnerschaften angekurbelt, die Schülerzeitung betreut, Skikurse und Abschlussfahrten organisiert und 30 Jahre lang sogar die Klassenfotos geschossen. Keiner seiner Kollegen war so lange an der Schule, keiner überschaut einen derart langen Zeitraum in der 61-jährigen Schulgeschichte.

    Die Schüler sind friedlicher geworden, aber in gewisser Weise auch schwieriger, meint Lindner. Früher, da sei mehr Leistungswille da gewesen. Heute sind die Jugendlichen „actionorientiert“ – ein Tribut an die ständige Reizüberflutung, der sie im Alltag ausgesetzt sind.

    Kurz vor Fasching packt er jetzt seinen Schreibtisch zusammen. Das erinnert ihn an eine Episode aus den 80ern als sein Schulleiter Schülern wie Lehrern untersagte, verkleidet in die Schule zu kommen. Ernst Lindner, sonst nur in Strickjacke und Schlabber-Hosen unterwegs, kam am nächsten Tag mit Anzug und Krawatte in Lehrerzimmer – seine subtile Form des Widerstands gegen das Verbot. Der Chef hat den Wink verstanden. Fortan war der Fasching an der Realschule wieder bunter.

    Seit ein paar Jahren ist er nun selber Konrektor. Die Auflehnung gegen Regeln, die ihm nicht sinnvoll scheinen, wohnen ihm aber auch heute noch inne.

    „Ich hab der Schule zum Abschied Sauerstoff geschenkt“, sagt er und meint die vielen Grünpflanzen, die er für etliche hundert Euro gekauft und überall im neue sanierten Schulhaus verteilt hat. Vom zuständigen Landratsamt wurde er zurechtgewiesen, dass das Grünzeug nicht ins Farbkonzept der Architekten passt. Ernst Linder war das wurscht.

    Genau wie beim großen Klassentreffen, das er im vergangenen Jahr zum 60-jährigen Bestehen der Schule organisiert hatte. Feiern war nicht wegen der laufenden Bauarbeiten, Da hat er stattdessen – gegen die Bedenken vieler Kollegen – ein Treffen aller bisherigen Absolventen organisiert. Mehr als ein Jahr lang dauerten die Vorbereitungen. Insgesamt 2000 Ex-Realschüler sind gekommen – ein voller Erfolg.

    Falls er gefragt wird, was er sich zum Abschied wünscht – einen Anliegen hat er sich für diesen Anlass notiert. „Die sollen uns endlich ein Budget geben, damit wir selber kaufen können, was sie im Unterricht für sinnvoll halten, und nicht für jeden Euro einen Antrag stellen müssen, der monatelang bearbeitet wird.“ Keinen Cent mehr würde das kosten. „Wir würden kein so ein Durcheinander reinbringen“, sagt er und wieder hört er sich an, als läge sein letzter Schultag noch in weiter Ferne.

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