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WÜRZBURG: Konservatorium im Sog der Nazis

WÜRZBURG

Konservatorium im Sog der Nazis

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    Christoph Henzel.
    Christoph Henzel. Foto: Foto: Hochschule für Musik

    Viel ist über die Geschichte des Staatskonservatoriums der Musik während der Zeit des Dritten Reichs nicht bekannt. Seit 2010 befasst sich ein Forschungsprojekt unter der Leitung des Musikwissenschaftlers Christoph Henzel von der Würzburger Musikhochschule mit diesem Thema. Allerdings sind auch diese Nachforschungen erschwert durch die Tatsache, dass bei der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 viele Unterlagen und Dokumente verbrannt sind. Bei der Bürgerwerkstatt des „Dialogs Erinnerungskultur“ gab Henzel einen Überblick über seine bisherigen Forschungen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse.

    Dass es am Konservatorium in den 1930er-Jahren nicht mehr alleine um Musik und Kunst ging, zeigt ein Blick in den Jahresbericht aus dem Jahr 1937. Dort kann man lesen, dass beispielsweise im Vorschulorchester „in erster Linie die Literatur der Militärmusik und populäre Musik berücksichtigt“ wird. Wie Henzel beim Studium der noch vorhandenen Programme herausgefunden hat, waren zu diesem Zeitpunkt Werke von jüdischen und politisch unliebsamen Komponisten wie Mendelssohn oder Meyerbeer nicht mehr im Repertoire zu finden. Auch die Kompositionen zeitgenössischer Künstler wie Hindemith oder Krenek hatten nur noch marginale Bedeutung. Ab 1933 wurden am Konservatorium nur noch die Werke romantischer Traditionalisten gespielt.

    Dass das Konservatorium nicht von der Politik unbeeinflusst war, zeigt auch, dass Konzerte in Zusammenarbeit mit der NS-Kulturgemeinde durchgeführt oder für das „Winterhilfswerk des deutschen Volkes“ veranstaltet wurden. Im November 1936 wurde im Konservatorium bei einem Konzert auch eine Komposition seines Leiters Hermann Zilcher mit dem bezeichnenden Titel „An mein deutsches Land“ gespielt. Ein anderes Zilcher-Werk wurde auf besonderen Wunsch des Gauleiters Otto Hellmuth beim Mozartfest 1935 aufgeführt: Es hieß „Gebet der Jugend“ und war die Vertonung eines Textes von Jarl Maria Kaufmann.

    Darin heißt es unter anderem: „Den Führer segne, Herr/Des Reiches Hort und Ehr'/Und seine Wehr,/Wem wir im goldnen Flammenschein,/Erwacht und ledig aller Schmach,/Zu neuem, großen Tag/Hier unterm Hakenkreuz/Die Herzen, unsre Seelen weihn! /...Erhalt' den Führer uns,/Bewahr den Führer uns,/Und seine Kraft!/heil ihm und Sieg!/Und deinen Himmelssegen,/Schöpfer des Alls, Allerwegen!“

    Ziemlich gleich geblieben ist in der Zeit zwischen 1932/33 bis 1938/39 die Zahl der Lehrkräfte. Zwei Lehrer wurden 1933 entlassen, weil sie einen jüdischen Hintergrund hatten. Nicht wenige Lehrkräfte traten in diesem Zeitraum in die NSDAP ein.

    Auch innerhalb der Studentenschaft gab es gravierende Veränderungen. Laut Jahresbericht von 1937 waren sämtliche Studierende arischer Abstammung in der Studentenschaft zusammengeschlossen, die unter anderem die Aufgabe hatte, „die gesamte politische, fachliche und körperliche Erziehung“ durchzuführen. „Größte Bedeutung“ wurde dabei der „Kameradschaftserziehung“ beigemessen. Ab 1941 gab es die „Fachschaft Mozart“ als Zusammenschluss der Studenten. deren Führer waren zumeist NSDAP-Mitglieder, weil sie sich als Lehramtsstudenten, die in den Staatsdienst strebten, Vorteile erhofften. Über das Schicksal jüdischer Studierender ist wenig bekannt. Von einer Studentin weiß man, dass sie Opfer der Nazis wurde, von drei anderen, dass sie den Holocaust überlebt haben.

    Für detaillierte (Nach)Forschungen fehlen heute viele Dokumente. Jahresberichte nach 1941 sind nicht mehr vorhanden, erklärte Henzel. Alle internen Akten des Konservatoriums sind bei der Bombardierung Würzburgs vernichtet worden. Größter Mangel herrscht laut Henzel an persönlichen Dokumenten sowohl von Lehrkräften als auch Studierenden des Konservatoriums.

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