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Würzburg: Kritik an Regelung für schwangere Lehrkräfte: Wie läuft die Rückkehr an die Schulen in Unterfranken?

Würzburg

Kritik an Regelung für schwangere Lehrkräfte: Wie läuft die Rückkehr an die Schulen in Unterfranken?

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    Während der Pandemie durften schwangere Lehrkräfte lange nicht in Präsenz unterrichten. Jetzt können sie freiwillig zurückkehren. Die Rahmenbedingungen sorgen jedoch für Kritik.
    Während der Pandemie durften schwangere Lehrkräfte lange nicht in Präsenz unterrichten. Jetzt können sie freiwillig zurückkehren. Die Rahmenbedingungen sorgen jedoch für Kritik. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Aus Infektionsschutzgründen durften schwangere Lehrkräfte an bayerischen Schulen seit gut zwei Jahren ihre Klassen nicht mehr in Präsenz, sondern nur noch von zuhause aus unterrichten. Diese Regelung hat das Kultusministerium nun gekippt.

    Seit Dienstag, 4. Oktober, dürfen Schwangere nach Rücksprache mit ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin sowie der Schulleitung an die Schulen im Freistaat zurückkehren. Statt Erleichterung zeichnet sich an vielen Schulen in der Region nun aber Überforderung ab. Lehrer- und Lehrerinnenverbände kritisieren, die Regierung lasse die Schulleitungen mit der Entscheidung alleine.

    Bayernweit sind laut Angaben des Kultusministeriums knapp 3000 schwangere Lehrerinnen von den neuen Vorgaben betroffen – in Unterfranken dürften es nach Schätzungen der örtlichen Verbände knapp 300 sein. Die Entscheidung, ob diese, sofern sie möchten, an die Schulen zurückkehren dürfen, sollen nun die Schulleiterinnen und Schulleiter treffen.

    Bekanntgegeben hatte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) das bereits zu Schulbeginn Mitte September. Der rund 70 Seiten umfassende Praxisleitfaden für die Umsetzung erreichte die Schulen jedoch erst drei Tage vor Inkrafttreten der neuen Regelung an einem späten Freitagnachmittag. Viel zu kurzfristig, kritisieren die Verbände.

    Ministerium verteidigt Entscheidung: Sukzessive Rückkehr geplant

    "Für die Schulleitungen ist das harter Tobak, dass sie am Freitagnachmittag erfahren, was sie am Dienstagfrüh umsetzen müssen", sagt Helmut Schmid, Vorsitzender des Unterfränkischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (ULLV). Neu sei das für Schulleitungen aber nicht. "Während der Coronazeit hat sich das leider verfestigt, dass wir, egal ob es um Maskenpflicht oder Testungen ging, meist erst am Freitagnachmittag verbreitet wurde, was wir am Montag umsetzen sollten. Das geht so nicht."

    Im Kultusministerium verteidigt man den Übergang zur neuen Regelung. So sei der Wegfall des Betretungsverbotes keineswegs als sofortige Rückkehr der betroffenen Lehrkräfte gedacht. Vielmehr sollten diese sukzessive in den Präsenzunterricht zurückgeführt werden.

    Bis die ersten schwangeren Lehrerinnen in unterfränkische Schulen zurückkehren, dürfte also noch einige Zeit vergehen. So waren dem ULLV wenige Tage nach Inkrafttreten der neuen Regelung weder in den Regionen Würzburg, Schweinfurt noch Aschaffenburg Fälle schwangerer Lehrerinnen bekannt, die nun den Präsenzunterricht wieder aufnehmen möchten.

    Wenig überraschend, meint Gerald Mackenrodt, Schulleiter des Johann-Schöner-Gymnasiums in Karlstadt und Mitglied im Direktorenkreis des Bayerischen Philologenverbands (bpv): "Angesichts der steigenden Inzidenzen haben viele das Gefühl einer erhöhten Gefährdungslage. Ich sehe also nicht, dass jetzt plötzlich alle Schwangeren mit Hurra zurück an die Schulen stürzen. Vor dem Frühjahr oder Sommer glaube ich nicht, dass sich da spürbar etwas ändern wird", sagt er.

    Lehrer-Verbände erwarten große Verunsicherung an unterfränkischen Schulen

    Und selbst wenn Betroffene an die Schulen zurückkehren möchten, werde der Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn der Verwaltungsaufwand sei hoch. Laut Schreiben des Kultusministeriums sind die Schulleitungen nun dazu angehalten, für jede schwangere Lehrkraft mithilfe eines Fragenkatalogs sowohl eine allgemeine als auch eine individuelle oder "anlassbezogene" Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen.

    Eine Verantwortung, die man den Schulleiterinnen und Schulleitern nicht zumuten dürfe, kritisieren die Verbände. "Gemessen an der Verantwortung gegenüber den schwangeren Kolleginnen ist das eine Überforderung auf beiden Seiten", sagt Jörg Nellen, Geschäftsführer des Kreisverbandes Würzburg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Wenn etwas passiert, im schlimmsten Fall etwa eine Fehlgeburt nach einer Corona-Infektion, dann ist die Schulleitung verantwortlich. Das geht einfach nicht", findet er. "Wir erwarten eine große Verunsicherung an den Schulen."

    Um den Druck auf die Schulleitungen zu mildern, seien die schwangeren Lehrkräfte laut Leitfaden dazu aufgefordert, ihre individuelle Gefährdung ärztlich abklären und im Zweifelsfall bescheinigen zu lassen. "Ich möchte schon, dass das auf einer medizinischen Ebene abgeklärt ist, auch um mich abzusichern", sagt Gerald Mackenrodt. "Wie soll ich das als Schulleiter sonst entscheiden? In dem Falle fühle ich mich völlig überfordert."

    Weitere Herausforderung könnten die in der Mitteilung des Ministeriums geforderten Sicherheitsmaßnahmen sein. Beispielsweise muss in den Klassen schwangerer Lehrkräfte ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. "Dafür sind die Klassenzimmer in unseren Schulen aber meistens zu klein", warnt Helmut Schmid. "Das heißt, Schwangere werden in der Regel nur in geteilten Klassen unterrichten können."

    Treten Infektionen auf, müssten die Lehrerinnen außerdem sofort aus dem Dienst entfernt werden – bis acht Tage nach der letzten Infektion, erklärt Schmid. Um das aufzufangen, habe das Ministerium eine Weiterbeschäftigung der Teamlehrkräfte, die bisher die Anweisungen der schwangeren Lehrerinnen in Präsenz umsetzten, vorerst verlängert. "Das begrüßen wir natürlich außerordentlich", so Schmid.

    Wie viele schwangere Lehrerinnen kehren zurück?

    Wie viele schwangere Lehrkräfte sich für eine Rückkehr an die Schulen in der Region entscheiden, sei nun abzuwarten. Zwar schätze man die große Eigenverantwortung und den Einbezug in diesen Prozess, heißt es seitens der Verbände. Die letztendliche Entscheidung müsse im konkreten Fall jedoch vorrangig von medizinischem Fachpersonal getroffen werden.

    "Das ist eine enorme Drucksituation. Wir sind der Meinung, dass wir eine Gefährdungsbeurteilung nicht verlässlich treffen können, weil uns schlicht und ergreifend die Expertise fehlt", urteilt Schmid.

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