Neben der Müllabfuhr, einem Krankenhaus, mehreren Seniorenheimen und dem öffentlichen Nahverkehr zählt künftig auch die Trinkwasserversorgung zu den Aufgaben des Landkreis-Kommunalunternehmens (KU). Das KU erledigt dann die Geschäfte des Zweckverbands Fernwasserversorgung Mittelmain FWM und wird damit zuständig für die Versorgung von rund 120 000 Einwohnern in den Landkreisen Würzburg und Main-Spessart. Trotzdem soll der vor 50 Jahren gegründete Zweckverband als eigenständige kommunale Körperschaft erhalten bleiben.
Zum 1. Oktober soll die Veränderung vollzogen werden, zeitgleich mit der Verabschiedung des FWM-Werkleiters Walter Höfling in den Ruhestand. Beim Kommunalunternehmen übernimmt seine Rolle Eva von Vietinghoff-Scheel, im Landkreis ebenfalls keine Unbekannte. Bis vor elf Monaten hat die Juristin den Geschäftsbereich Bauen im Landratamt geleitet, bevor sie als Verwaltungschefin zur Gemeinde Veitshöchheim ging und nun in neuer Funktion unter die Fittiche des Landkreises zurückkehrt.
Der Veränderungsprozess geht mit einer Loslösung von den Würzburger Stadtwerken einher. Anfang 2015 übernahm die Fernwasserversorgung Franken mit Sitz in Uffenheim für die technische Betriebsführung von den Stadtwerken, die dafür seit Gründung des Zweckverbands verantwortlich waren. Ein Liefervertrag über jährlich rund 950 000 Kubikmeter an die städtische Trinkwasserversorgung endet zum Jahreswechsel.
Rund 4,1 Millionen Kubikmeter Trinkwasser liefert die FWM jährlich an die Haushalte ihres Versorgungsgebiets. Die Kündigung des Liefervertrags mit der Würzburger Trinkwasserversorgung sei vor Jahren schon angekündigt worden. Trotzdem hätte die FWM mit einem drastischen Gebührenanstieg reagieren müssen, um die entgehenden Einnahmen von rund einer Million Euro jährlich zu kompensieren. Man habe sich stattdessen für eine deutliche Verschlankung entschieden, so Nuß.
Ein erster Schritt dorthin ist bei der technischen Betriebsführung gelungen. Seit Gründung des Zweckverbands lag die bei den Würzburger Stadtwerken und wurde ab 2015 bon der bedeutend größeren Fernwasserversorgung Franken mit Sitz in Uffenheim übernommen. Die Kosten für die FWM hätten sich dadurch nahezu halbiert, sagt Werkleiter Walter Höfling. Rund 250 000 Euro spare die Fernwasserversorgung jährlich.
Bei den Würzburger Versorgungsbetrieben hatte die Entscheidung des Landkreises für Verstimmung gesorgt. Er hatte damals den Vorstand des Kommunalunternehmens, Alexander Schraml, als Vermittler eingesetzt, berichtet Landrat Eberhard Nuß.
Formal übernimmt Alexander Schraml nun auch die Werkleitung des Zweckverbands, das operative Geschäft hingegen liegt in der Verantwortung von Eva von Vietinghoff-Scheel. Zugleich profitiere das Kommunalunternehmen von der Erfahrung der Juristin im Bau- und Vergaberecht.
Die Geschäftsstelle der FWM in der Würzburger Goethestraße wird im Herbst an den Standort des Müllabfuhrbetriebs Team Orange nach Veitshöchheim umziehen. Dort haben dann auch die fünf technischen Mitarbeiter der FWM, unter ihnen technischer Leiter Klaus Rüger, ihren Sitz. Die fünf Mitarbeiter der Verwaltung gehen ans Kommunalunternehmen über. Betriebsbedingte Kündigungen habe der Zweckverband von vorn herein ausgeschlossen, so Verbandsvorsitzender Nuß.
In seiner jüngsten Sitzung am 3. Mai habe die Verbandsversammlung einstimmig dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg zugestimmt, berichtet Nuß weiter. Wäre es dann nicht konsequent gewesen, den Zweckverband gleich ganz aufzulösen? Hier widerspricht der Landrat. Die FWM soll in ihrer bestehenden Form als kommunaler Zweckverband erhalten bleiben. Das sichere nicht nur den Landkreisen Würzburg und Main-Spessart ein Mitspracherecht bei Grundsatzentscheidungen, sondern auch der Stadt Würzburg und dem Landkreis Bad Kissingen, der dem Zweckverband ebenfalls angehört.
Der scheidende Werkleiter Walter Höfling verteidigt den Fortbestand des Zweckverbands ebenfalls. Als kommunale Einrichtung dürfe der nämlich keine Gewinne anstreben und sichere die angeschlossenen Gemeinden so einen auf Dauer günstigen Wasserpreis.
Ungeachtet jüngster Unstimmigkeiten bleibt auch die Verbindung zur Stadt Würzburg intakt. Über einen neuen Kooperationsvertrag sollen demnächst jährlich rund 500 000 Kubikmeter Fernwasser ans Netz der städtischen Trinkwasserversorgung fließen. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit hält Landrat Nuß diese enge Kooperation mit benachbarten Versorgern auch in Zukunft für wichtig.
Der Versorgungssicherheit dienen auch die beiden Bauvorhaben, die der Zweckverband in nächster Zeit anstrebt. So beginnt demnächst der Bau einer Leitung zwischen Thüngersheim und dem Hochbehälter Zellingen. Später soll eine weitere Leitungstrasse durch den Guttenberger Wald von Reichenberg nach Kist verlegt werden. Dass der Zweckverband die beiden Investition von insgesamt über sechs Millionen Euro vollständig aus Eigenmitteln stemmen will, spricht für seine solide finanzielle Grundlage.
Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM)
Das Versorgungsgebiet des Zweckverbands Fernwasserversorgung Mittelmain umfasst insgesamt 25 Städte und Gemeinden, davon 16 im Landkreis Würzburg und neun im Landkreis Main-Spessart. Wiederum 16 der 25 Gemeinden werden vollständig mit Fernwasser versorgt, neun nur zum Teil. Mitglieder im Zweckverband sind die Landkreise Würzburg, Main-Spessart und Bad Kissingen sowie die Stadt Würzburg. Der Verbandsversammlung gehören die Landräte bzw. der Oberbürgermeister sowie ein weiteres Mitglied des jeweiligen Kreistags bzw. Stadtrats an.
2015 wurden insgesamt 4,3 Millionen Kubikmeter Trinkwasser abgegeben. Rund 1,9 Millionen Kubikmeter förderte die FWM aus den eigenen Brunnen nahe Erlach bei Neustadt am Main. 2,3 Millionen Kubikmeter wurden von der Fernwasserversorgung Franken bezogen, weitere 200 000 Kubikmeter von der Trinkwasserversorgung Würzburg. Durchschnittlich 1,04 Euro zahlen die angeschlossenen Gemeinden je Kubikmeter. Der Preis entspricht nicht den örtlichen Verbrauchsgebühren, in denen zusätzlich die Kosten des örtlichen Verteilnetzes enthalten sind.
Insgesamt verfügt die FWM über ein Leitungsnetz von 123 Kilometern Länge, sechs Pumpwerke und acht Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 24 600 Kubikmetern. Der höchste Tagesverbrauch lag im Trockenjahr 2015 bei 16 500 Kubikmetern. meg