Viele Pakete hat ein Kurierfahrer zwar in Empfang genommen, aber nicht eingescannt – und dann einfach in seine Wohnung gebracht. Das Amtsgericht verurteilte den 34-Jährigen wegen Diebstahls, Betrugs und Verletzung des Postgeheimnisses zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe.
Im September 2012 wurde er als Kurierfahrer eingestellt, im November ließ er die ersten Pakete mitgehen – und bis heute ist der 34-Jährige ungekündigt. Nun sitzt der Mann, der sich seit einem Jahr im Krankenstand befindet, im Amtsgericht auf der Anklagebank und gibt alles zu, was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft. Und das ist eine ganze Menge.
Mehrere Wochen lang hat der Kurierfahrer bei einem Subunternehmer eines großen Paketdienstes Päckchen abgeholt. Dabei hat er allerdings anhand der Absender Rückschlüsse auf den Wert des Inhalts gezogen und, weil die Fahrer mit Videokameras überwacht werden, bei vermeintlich „teuren“ Paketen nur so getan, als würde die Nummern einscannen. Diese Päckchen mit Waren im Wert von rund 16 000 Euro nahm er mit nach Hause und bot einen Teil davon im Internet auf der Versteigerungsplattform ebay an.
Reich wurde der 34-Jährige dabei aber nicht. Gerade mal 1200 Euro bekam er für Sportklamotten, Werkzeuge, Modellautos Haushaltswaren . . . Und weil das Einstellen bei ebay viel Arbeit macht, türmten sich in der Wohnung des ledigen Mannes die Kartons, deren Inhalt er mangels Zeit nicht zum Verkauf anbieten konnte. Auf jeden Fall fand die Polizei einen großen Teil der unterschlagenen Waren unversehrt.
In seinem Prozess wirkt der Angeklagte zerknirscht. Auf die Idee, Pakete zu klauen, sei er gekommen, weil er schon mal ein Päckchen in seinem Wagen vergessen habe – und das sei niemand aufgefallen, sagt er. Mit dem Verkaufserlös habe er Rechnungen, darunter einen Strafzettel für eine Geschwindigkeitsübertretung, bezahlt.
„Wir haben einen ganzen Raum voll Waren, die nicht zugeordnet werden können.“
Polizist im Zeugenstand
Ein Polizist erzählt im Zeugenstand, dass „ganz viele Geschädigte“ des Kurierfahrers „keine Verlustanzeigen“ gestellt hätten. Noch heute, fast zwei Jahre nach Aufdeckung der Diebstähle, gebe es „einen ganzen Raum voll mit Waren, die nicht zugeordnet werden können“. Darunter seien auch „Handys und Spielekonsolen“. Der Angeklagte, so der Polizeibeamte, habe „erleichtert“ gewirkt, als seine Machenschaften aufgedeckt wurden. Und er habe angeboten, bei der Zuordnung der Sachen mitzuhelfen, was von dem Kurierdienst jedoch abgelehnt worden sei.
Nach dreiviertelstündiger Beratung verurteilt das Schöffengericht den Angeklagten zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Als Bewährungsauflage muss der 34-Jährige unter anderen 1000 Euro in Raten zu je 50 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Der Staatsanwalt hatte zwei Jahre mit Bewährung beantragt, der Verteidiger ein Jahr und acht Monate. Das Urteil ist rechtskräftig.