„Das ist halt mein Hobby. So wie andere Radfahren oder Fußball spielen“, sagt Siegfried Kobold. Kobolds Hobby ist gefiedert und besteht aus etwa 80 Wellensittichen, die in einer Gartenvoliere sowie in zwei großen Käfigen im Keller fröhlich vor sich hin tschilpen. Einige seiner Tiere werden am Sonntag, 6. Juli, bei der 19. Mainfrankenschau der Ortsgruppe Würzburg in Gerbrunn (Mehrzweckhalle) ab 14 Uhr zu sehen sein.
Rund zwei Stunden täglich verbringt Kobold, der Vorsitzender der Ortsgruppe Würzburg des DSV (Deutsche Standard Wellensittich-Züchter-Vereinigung) ist, mit der Pflege der Vögel und den Putzarbeiten. „Die Wände hier sind gut isoliert und nachts kommt die Scheibe vors Fenster“, erklärt Kobold wie es gelingt, mitten in Gerbrunn die Sittiche sommers wie winters draußen zu halten. So weit möglich Rücksicht auf die Nachbarn zu nehmen, gehört für den Zuchtfan dazu. Schließlich werden die Vögel im Sommer quasi mit den ersten Sonnenstrahlen um 4 Uhr munter und können dann ganz schön Lärm machen.
Können, müssen aber nicht. Genauso plötzlich wie alle auf einmal loslegen, genauso plötzlich verharren wenig später alle reglos und still auf ihren Stangen. Was Kobold vor allem im Keller, wo sich die speziellen Nach- und Aufzuchtkäfige befinden, gar nicht so gerne hat. Denn bei Wellensittichen klappt es mit dem Nachwuchs nur, ist drum herum möglichst viel los. Erst vor der Geräuschkulisse des Schwarms, erzählt der Züchter, bekommen die Hähne (zu erkennen an der blauen Nasenhaut oberhalb des Schnabels), richtig Lust, die Hennen zu besteigen.
Bis zu zehn Eier, täglich eins, kann eine Wellensittich-Henne legen. Längst nicht aus jedem wird ein Vogel. Nicht nur wegen unbefruchteter Eier, sondern auch, weil sich die Henne zum Brüten auf später gelegte Eier setzt und dabei bereits geschlüpfte Küken aus Versehen zerdrückt. Unbefruchtete Eier erkennt der Züchter, indem er sie vier bis acht Tage nach dem Legen mit der Taschenlampe anleuchtet. „Man sieht dann keine kleinen roten Äderchen“, sagt Kobold.
„Meine Zeit als Züchter neigt sich dem Ende zu.“
Siegfried Kobold Wellensittich-Züchter und Vorsitzender der DSV Ortsgruppe Würzburg
Rund 50 Jungvögel züchtet Kobold derzeit pro Jahr, jeweils ab November bis zum Sommer. Mehr, sagt er, sind heutzutage nur noch schwer unter die Leute zu bringen. Und für mehr als 80 Exemplare hat er keinen Platz. Immerhin hat er seit 1976, als er mit seinem Hobby begann, noch nie eine größere Seuche oder Krankheit unter seinen Wellensittichen erlebt. Eine eigener Staubabsauger im Keller, täglicher Futteraustausch sowie die wöchentliche Grundreinigung sorgen dafür, Keime fern und die Vögel gesund zu halten. Auch das Sonnenlicht in der Gartenvoliere hilft.
Da er „rezensive Schecken“ züchtet, Wellensittiche also, bei denen höchstens 15 Prozent schwarz sein dürfen, sind längst nicht alle Jungvögel zum Ausstellen geeignet. Da sich die überwiegend farbigen (gelb, grün oder blauen) Flügel rezensiv vererben, gibt es viele Vögel, die nicht dem Zuchtziel entsprechen, das vom Züchter gewünschte Erbgut aber weitervererben können.
Sechs bis acht Jahre werden die Vögel bei Kobold alt. Dass Wellensittiche heutzutage eher selten zehn Jahre schaffen, liegt an der Überzüchtung, erklärt der Gerbrunner. So sind 21,5 Zentimeter die Mindestgröße für Preisvögel. „Es gibt aber auch Züchter, die 24 Zentimeter anstreben.“ Ein fatales Zuchtziel, weil die Wellensittiche damit zu groß und schwer werden, für die eigene Brut, aber auch zum Fliegen. „So einen Blödsinn mag ich nicht mitmachen“, sagt Kobold.
Welche Vögel er zur Schau am Sonntag mitnimmt, entscheidet Kobold kurzfristig, „da kommt es auch auf die Tagesform an“, erklärt der Gerbrunner. Mögliche Kandidaten beobachtet er vorher. Denn sind Vögel im Ausstellungskäfig recht unruhig, geben die Punktrichter Abzüge. Preise gewinnen muss und will der Ehrenchampion seines Verbandes mit seinem eher kleinen Schwarm zwar nicht mehr, aber natürlich ist er nach wie vor stolz auf gute Zuchterfolge.
Die Zukunft seines Hobby sieht Kobold pragmatisch. „Es ist der Lauf der Zeit, dass die Leute sich nicht mehr langfristig binden wollen.“ Einen Nachfolger für ihn gibt es nicht. Selbst einer seiner Söhne, der zumindest eine Zeit lang auf den Spuren des Vaters wandelte und einspringt, wenn Kobold mit seiner Frau Urlaub macht oder Pflichten als Gemeinderat hat, hat wieder Abstand davon genommen. „Auch meine Zeit als Züchter neigt sich dem Ende zu“, sagt Kobold. Eigentlich hatte er schon bei der letzten Wahl den Vorsitz abgeben wollen, aber unter den 18 Mitgliedern der Ortsgruppe fand sich kein Nachfolger.