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Landkreis ist tariflich auf Abwegen

Ochsenfurt

Landkreis ist tariflich auf Abwegen

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    Das Kommunalunternehmen des Landkreises verteidigt den Alleingang als fair und vernünftig. Gewerkschaften sind entsetzt und befürchten die Signalwirkung. Betroffen sind auch viele Mitarbeiter in der Ochsenfurter Main-Klinik.

    Mit der Einführung des neuen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TvÖD) im Oktober diesen Jahres ist der alte Bundesangestelltentarif (BAT) für die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst Vergangenheit. Mehr Leistungsanreize soll der neue Tarif bringen und eine Gehaltsstaffelung beenden, die sich in erster Linie an Stellenbeschreibungen und Lebensalter orientiert hat. Das Kommunalunternehmen des Landkreises, per se öffentlicher Arbeitgeber, hat vor Jahren schon eigene Wege beschritten. Die eigens gegründete Zeitarbeitsfirma namens ProCura beschäftigte anfangs vor allem Reinigungskräfte.

    Mittlerweile zählt die GmbH rund 200 Beschäftigte, die an Landkreis-Einrichtungen  verliehen  werden - vom Wertstoffhof-Wart bis zum Assistenz-Arzt in der Main-Klinik. Sogar im Jugendamt sind seit diesem Jahr Sozialpädagogen tätig, die offiziell auf der Gehaltsliste von ProCura stehen. Ihrem Gehalt liegt der Bundes-Zeitarbeit-Tarif zu Grunde, hinzu kommen Zuschläge zwischen 450 und 730 Euro im Monat.

    Mit Zustimmung der Geschäftsführung sind Zulagen bis 1000 Euro möglich, aber alles freiwillig. "Wir würden natürlich auch Zulagen streichen, wenn wir mit den Leistungen eines Mitarbeiters nicht zufrieden sind", räumt der Verwaltungsleiter des Kommunalunternehmens, Bernhard Wallrapp, ein. "Aber das ist bisher noch nicht passiert."

    Die üblichen Gehälter unterscheiden sich so kaum vom neuen TvÖD. Arbeitszeit und die Zulagenregelung für den Schichtdienst sind ebenfalls an den öffentlichen Tarif angeglichen. Hat der Sonderweg von ProCura dann überhaupt noch Sinn? Wallrapp sagt offen, wo das Kommunalunternehmen spart: bei der Zusatzversorgung.

    Vom Gehalt in Pensionskasse

    Laut Tarifvertrag müssen öffentliche Arbeitgeber nämlich 7,75 Prozent vom Brutto in die Versorgungskasse einzahlen. Dadurch werden die ohnehin hohen Lohnzusatzkosten weiter in die Höhe getrieben - ein dicker Nachteil im Vergleich zu privaten Unternehmen. ProCura setzt stattdessen auf eine Pensionskasse. Die Mitarbeiter zahlen die Beiträge von ihrem Gehalt, allerdings steuer- und abgabenfrei. Zusätzlich gibt es von ProCura einen zehnprozentigen Zuschuss.

    Die Arbeitnehmervertreter des Kommunalunternehmens haben den Haustarif unterschrieben - mit Zähneknirschen, wie Wallrapp zugibt. "Denen wäre der alte BAT freilich lieber gewesen." Mittlerweile zeige sich aber auch Verständnis unter den Mitarbeitern. Nicht zuletzt deshalb, weil ihr Arbeitsplatz durch die wirtschaftliche Konsolidierung der Pflegeeinrichtungen und der Main-Klinik sicherer geworden sei.

    Trotzdem kann sich die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bis heute nicht mit dem hausgemachten Tarifrecht des Kommunalunternehmens anfreunden. Gewerkschaftssekretärin Doris Stadelmeyer sieht darin einen "mehr oder weniger rechtsfreien Raum". Vor allem deshalb, weil die Zulagen nicht im Tarifvertrag verbrieft sind und jederzeit gesenkt werden könnten. Durch die fehlende Rechtssicherheit stünden die Beschäftigten von ProCura unter dem ständigen Druck, ihre Zulagen zu verlieren.

    Stadelmeyer räumt aber auch ein, dass sie bisher mit ihrer Kritik auf verlorenem Posten steht. Trotz mehrfacher Anläufe sei es bisher nicht gelungen, einen Betriebsrat in ProCura zu installieren. Und das liege keineswegs an der Geschäftsführung, sondern am mangelnden Interesse der Mitarbeiter.

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