Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat gegen einen 58 Jahre alten Mitarbeiter des Landratsamtes Würzburg Anklage zum Landgericht erhoben, teilt Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Dem mittlerweile suspendierten Fachbereichsleiter werden 31 Fälle der Untreue zu Last gelegt. Zwischen dem 1. Januar 2017 und 1. Juli 2018 soll der Beamte insgesamt 2400 Euro unterschlagen haben. Weitere Details zum Fall will Raufeisen nicht nennen, da über die Zulassung der Anklage noch nicht entschieden sei.
Kranz für Klassenkameraden falsch abgerechnet
Nach Informationen dieser Redaktion soll der Fachbereichsleiter kleinere Beträge veruntreut haben, die er mutmaßlich falsch abrechnete. Darunter seien Restaurant-Gutscheine für Dozenten gewesen, die der Beamte vermutlich für sich selbst verbrauchte. Als er versucht haben soll, einen Kranz abzurechnen, den er privat für einen verstorbenen Schulkameraden niederlegte, flog er auf. Denn angeblich habe er die Ausgabe als Blumen für Ehrenamtliche abgerechnet.
Wie diese Redaktion aus gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, hätten Mitarbeiter des Landratsamtes den entscheidenden Hinweis an die Stabsstelle der Kreisbehörde gegeben. Das war im März 2018. Zunächst wurden die Vorwürfe intern geprüft. Der Beamte blieb währenddessen weiterhin in seiner leitenden Funktion.
Mitarbeiter hatten Angst vor ihrem Chef
Fünf Monate später, Mitte Juli 2018, durchsuchte die Polizei das Büro des Beamten und die Ermittlungen wurden aufgenommen. Zur gleichen Zeit tagte auch der Kreistag, der in nicht öffentlicher Sitzung informiert wurde und daraufhin beschloss, ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten einzuleiten. Der Fachbereichsleiter ist seitdem vom Dienst suspendiert.
Während der Ermittlungen wurden Beschwerden aus dem Mitarbeiterkreis laut, der Beamte habe seine Mitarbeiter über Jahre hinweg psychisch unter Druck gesetzt. "Wir, die Mitarbeiter, hatten permanent Angst vor seinen Gemeinheiten, Launen, Schikanen", heißt es in einem anonymen Brief an diese Redaktion. Landrat Nuß hat mittlerweile eingestanden, dass es diese "menschlich furchtbaren Vorgänge" am Landratsamt gab.
Wird das Vier-Augen-Prinzip nun verschärft?
Im Würzburger Landratsamt gelte für alle Anordnungen das Vier-Augen-Prinzip, teilt Landrat Eberhard Nuß auf Nachfrage dieser Redaktion mit. In eigener Sache dürften Mitarbeiter weder die sachliche Richtigkeit feststellen noch als Anordnungsbefugte tätig werden. Auszahlungsanordnungen, die Fachbereichsleiter betreffen, können die jeweiligen Vertreter anordnen.
Werden diese Kontrollmechanismen nun schärfer? "Im Landratsamt Würzburg werden fortlaufend Prozesse überprüft und Kontrollmechanismen weiterentwickelt", sagt Nuß. "Ein mögliches Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters darf nicht zu einem generellen Misstrauen führen. Wir haben grundsätzlich vollstes Vertrauen in unsere rund 600 Mitarbeiter." Zum laufenden Verfahren möchte er sich "aus dienstrechtlichen Gründen" nicht äußern.