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WÜRZBURG: Lange verkannt, heute ein Star

WÜRZBURG

Lange verkannt, heute ein Star

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    Emy Roeder 1970 in ihrem Mainzer Atelier bei der Arbeit am Tonmodell „Zwei Frauen im Gespräch“.
    Emy Roeder 1970 in ihrem Mainzer Atelier bei der Arbeit am Tonmodell „Zwei Frauen im Gespräch“. Foto: Foto: Kulturspeicher/Nachlass Emy Roeder

    Ihre Werke sind markant, fast kantig, und strahlen doch große Liebe und Zärtlichkeit aus. Schwangere, Mutter und Kind, Tiere mit Jungen: Das sind die Themen der Würzburger Bildhauerin Emy Roeder (1890 bis 1971), die in ihrer Geburtsstadt lange kaum Anerkennung fand, heute aber sehr geschätzt wird. „Es ist ein großes Glück, dass sie ihren Nachlass der Stadt Würzburg vermachte“, sagt Henrike Holsing, stellvertretende Leiterin des Museums im Kulturspeicher.

    Dort nehmen Skulpturen und Zeichnungen von Emy Roeder die Hälfte eines Raumes ein. Im Keller aber lagert der wahre Schatz: „Wir haben über 800 Zeichnungen, weitere Plastiken und ihren Briefwechsel im Depot“, sagt die Kunsthistorikerin.

    Das Kosmische allen Seins

    Henrike Holsing geht durch den Ausstellungsraum und deutet auf die Figur eines Mädchens, das von einem Kleinkind umarmt wird. „Emy Roeder wollte das 'Kosmische allen Seins' ausdrücken“, erläutert sie. „Dazu wählte sie die strenge, stark vereinfachte Form. Ihr Leben lang wandte sie diese auf wenige, immer variierte Themen an.“

    Das ist umso erstaunlicher, da Emy Roeder ein bewegtes Leben führte: Geboren wird sie am 30. Januar 1890 in Würzburg und wohnt mit ihren Eltern und Geschwistern Am Markt 12. Nach dem Besuch der Höheren Töchterschule beginnt sie eine Lehre in einer Würzburger Bildhauerwerkstatt. Als ihr Vater recht jung stirbt, geht Roeder 1908 nach München, wo sie sich weiter ausbilden lässt. Nächste Station ist Darmstadt. Dort wird der Bildhauer Bernhard Hoetger (1874 bis 1949) ihr „technischer Lehrmeister“, wie Emy Roeder es nennt. 1914 zieht die Künstlerin nach Berlin, heiratet Herbert Garbe (1888 bis 1945) und eröffnet mit ihm eine Bildhauerschule.

    Erst erfolgreich, dann „entartet“

    Gleichzeitig stellt sie ihre Werke aus und hat erste Erfolge. Mitte der 1930er-Jahre folgen mehrere Rückschläge: Ihre Ehe scheitert, und in Deutschland gilt ihre moderne Kunst als „entartet“. Emy Roeder zieht sich 1936 mit einem Stipendium in die Villa Romana in Florenz zurück. „Die Villa wurde für viele deutsche Künstler zu einem Ort der Emigration während des Nationalsozialismus“, sagt Henrike Holsing.

    Doch auch in Florenz ist Emy Roeder nicht sicher: „Nach der Besetzung Italiens durch die Alliierten kam die Bildhauerin in ein Internierungslager bei Salerno“, erzählt die Kunsthistorikerin. „Auch hier widmete sie sich ihrer Leidenschaft. Als Aufseherin in den Duschräumen zeichnete sie duschende und sich abtrocknende Mädchen.“

    Bis Kriegsende in Rom

    Nach einem Jahr im Lager kommt sie durch Kontakte aus der Kunstszene frei und bleibt bis zum Kriegsende in Rom. Später gibt Emy Roeder zu Protokoll, sie wollte immer „die hellen Momente, die zwischendurch aufleuchten, darstellen und festhalten. Ich suche den Menschen in der Ruhe seiner eigentlichen Struktur. Vielleicht vertreibt mein Werk manchem die Angst vor der Wirklichkeit.“

    1949 kehrt Emy Roeder nach Deutschland zurück. Da sie zunächst nicht sicher ist, ob sie von ihrer Kunst leben kann, unterrichtet sie an der Landeskunstschule in Mainz Zeichnen und Bildhauerei. Gleichzeitig betreibt sie ein Atelier und lebt ab 1953 nur noch von ihren Werken. Zwei Jahre später ist sie mit drei Plastiken auf der ersten documenta in Kassel vertreten. 1966 erhält die Bildhauerin den Würzburger Kulturpreis für ihr Lebenswerk. Im Alter reist sie viel, unter anderem nach Afrika. Emy Roeder stirbt am 7. Februar 1971 in Mainz und wird auf dem Würzburger Hauptfriedhof begraben.

    Ausstellung zum 100. Geburtstag

    Als 1990 zu ihrem 100. Geburtstag eine Ausstellung mit ihren Werken in der Städtischen Galerie gezeigt wird, reichen die Stühle nicht aus. Henrike Holsing erstaunt es nicht, dass Emy Roeder heute sehr beliebt ist. „Sie war eine pragmatische und herzliche Frau“, sagt die stellvertretende Museumsleiterin. „Und ihre Figuren haben eine unaufgeregte, harmonische Ausstrahlung.“

    Autorin: Kirsten Schlüter

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