„Die Grenze ist offen und wir müssen unseren Brüdern und Schwestern im Osten doch helfen.“ Was lapidar klingt, war im Jahr 1989 vor dem 9. November, als die mauer fiel, noch unvorstellbar. Doch mit der Öffnung der Grenze wollten rührige Höchberger Bürger etwas für die Menschen in Ostdeutschland tun. Gute Kontakte hatte Doris Strauch zum oberfränkischen Pressig-Welitsch. Ihr Mann Michael hat dort einen Studienfreund.
„Wir haben die Menschen damals total überfordert.“
Günter Klopf
Schnell war ein Kontakt nach Oberfranken geknüpft und man versorgte die Höchberger mit Adressen von Personen im nur wenige 100 Meter von Pressig-Welitsch entfernten Heinersdorf in Thüringen. Die ostdeutsche Enklave war von drei Seiten vom Grenzzaun umschlossen und lag in dem 500 Meter Schutzstreifen, der nur mit besonderem Passierschein und Personalausweis von den Einwohnern betreten werden durfte.
Die Herzlichkeit, mit der die Höchberger aufgenommen wurden, steckte an, erinnern sich Doris Strauch und Günter Klopf. „Wir haben die Menschen damals so angenommen, wie sie waren“, erinnert sich Doris Strauch und betrachtet die Erinnerungsstücke zusammen mit Günter Klopf in ihrem Wohnzimmer. Mit ihren Freunden aus der örtlichen CSU organisierten sie für Januar 1990 ein Besuchsprogramm für die Thüringer Bürger in Höchberg. Rund 150 Personen kamen damals in der Gemeinde mit Trabant und Bundesbahn an und verbrachten ein Wochenende, untergebracht bei Familien im Ort.
„Wir haben die Menschen damals total überfordert“, sagt Klopf heute. Denn man hatte ein straffes Programm auf die Beine gestellt. Neben der Rundfahrt durch die Gemeinde stand der Besuch eines großen Möbelhauses auf dem Programm, ein Supermarkt wurde besucht und in den Weinkellern der Residenz eine Weinprobe abgehalten.
Seitdem sind viele Freundschaften zwischen Höchbergern und Heinersdorfern entstanden. Regelmäßige Besuche gehören zum Leben dazu und der Austausch am Telefon ist Alltag. Jetzt organisiert Doris Strauch mit ihren Kollegen für den 19. November eine Gedenkfahrt zum 25-jährigen Jubiläum nach Heinersdorf. Das Datum ist etwas ganz besonderes für die Bürger, machte sich hier doch erstmals eine Gruppe auf, um durch den eisernen Vorhang nach Westen zu marschieren. Brigitte und Erich Eckardt hatten den Marsch damals organisiert und mächtig Angst gehabt, dass noch etwas schief laufen könnte. Heimlich hatte man sich verabredet um 14 Uhr auf den Marktplatz in Heinersdorf zu kommen. Doch ein Blick aus dem Fenster ihres Hauses zeigte, es war niemand zu sehen. Da sagte Brigitte zu ihrem Mann, dass sie jetzt raus gehe und auf jeden Fall Richtung Grenze gehen werde.
Nach und nach wurde die Menschenmasse größer, die ihrem Vorbild folgte, selbst die Blasmusik machte sich auf den Weg nach Welitsch. Am Grenzpunkt durchbrachen sie friedlich die Mauer aus Stacheldraht und Grenzposten und nach 50 Jahren konnten sie erstmals ihre Verwandten im Westen wieder in die Arme schließen.
Heute ist an der Grenzstelle ein kleines Museum mit Originalteilen, das von Heinerdorfern gepflegt wird. Dieses wird am 19. November ebenso besucht werden, wie die zentrale Gedenkfeier im Kultursaal. Außerdem wird eine ehemalige LPG besucht, die seit der Wende MVA (Milchviehanlage) Rohof heißt und teilweise heute noch auf Maschinen aus der DDR zurückgreift. Ebenfalls geplant ist ein Abstecher nach Rödental, wo man eine Besichtigung der Porzellanfabrik Goebel eingeplant hat. Abfahrt in Höchberg ist um 8 Uhr an der Bergstraße, Zusteigmöglichkeit um 8.15 Uhr am Waldsportplatz. Rückkehr gegen 22 Uhr.
Kurzfristige Anmeldungen nimmt Doris Strauch entgegen: Tel. (09 31) 4 98 44.