Man nehme ein Tröpfchen Öl, ein Flöckchen Butter, einen Schuss Fonds und jede Menge Sahne – fertig ist das Schaumsüppchen a la Horst Lichter. Der lustige Fernsehkoch mit dem opulenten Schnauzbart und der frechen Klappe hatte am Freitag mehr als 800 Gäste in sein Dorf-Gasthaus in die Laudaer Stadthalle eingeladen: „Jetzt kocht er auch noch“ heißt sein Programm.
Mitgefühl zeigt er mit Zuschauern, die „mitgehen müssen, ob sie wollen oder nicht“. So wie Rudi, der neben seiner Frau wie erstarrt in der ersten Reihe sitzt und von Horst Lichter gekonnt imitiert wird. „Du kriegst heute noch deinen Spaß“, verspricht er dem Gast – und serviert ihm später auf der Bühne eine üppige Vorspeise aus Parmaschinken mit zwei Spiegeleiern drauf. Perfekt gegart im Backofen. Damit das besser rutscht gibt's dazu noch ein Bierchen. Doch Rudi kapituliert: „Ich war vor der Show bei meiner Schwiegermutter essen. Es war gut und reichlich.“
Reichlich ist das Stichwort für Lichters Küche. Mit spitzer Zunge und extra großen Tellern nimmt er seine Sterne-Kollegen genüsslich aufs Korn. „Früher gab's Brot und Butter im Restaurant. Heute heißt das Amuse Gueule und wird auf einem gebogenen Löffel serviert“, macht er sich über diesen Gruß aus der Küche lustig. Davon hält der 51-Jährige ebenso wenig wie von magerem Kräuterquark auf französischem Baguette.
„Ein Steak unter 400 Gramm ist ein Carpaccio.“
Horst Lichter
Deshalb fällt auch sein Gegenentwurf – ein Salatteller – ziemlich groß aus. Nicht wie bei seinem Kollegen Johann Lafer. Während dieser neben einem Blättchen eine Tranche Lachs kredenzt und die Vinaigrette auf den Teller hüpft bevor es der „Löffel merkt“, spart Lichter nicht mit Senfsoße auf seinem Salatkopf und toppt das Ganze noch mit einem riesigen Lachsfilet. Ein paar hungrige Zuschauer in Reihe 13 dürfen sich daran schließlich satt essen.
Warum er (fast) immer nur mit Salz und Pfeffer würzt, erklärt er so: Da gibt es einen, der hat die Patentrechte auf sämtliche Gewürze. „Der Alfonse Schühbeck (er spricht es mit französischem Akzent) weiß mehr über Gewürze, als die über sich selbst. Sogar eine Stadt ist nach ihm benannt worden – Würzburg.“
„Sehr erfrischend, zum Lachen, super vom Aufbau her“, meint Marie Luise Amme aus Lauda in der Pause. Lichters Salat wäre ihr zwar ein bisschen zu üppig gewesen, „aber wenn er das nächste Mal kommt, hätte ich gerne einen Platz in der ersten Reihe.“ Glücklich über das Valentinstag-Geschenk ihres Mannes Marcel ist Bea Schneider aus Igersheim. „Lichter kommt gut rüber, ist besser als gedacht.“ Nur schade, dass man in Reihe 17 nicht mehr an den Parmaschinken ran kam.
„Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt“, freut sich Juliane Weber aus Gerchsheim, die die Eintrittskarten bei der Main Post gewonnen hat. Sie schaut Lichters Sendung regelmäßig – und hätte an diesem Abend gerne den üppigen Salat verdrückt.
In der zweiten Hälfte der gut zweieinhalbstündigen Show geht es mit der Geschichte über das „Lombardische Haselnuss-Pesto“ weiter. Das entpuppt sich als ein Glas Nutella. „Und das“, sagt Lichter mit gespielter Strenge, „durfte bei uns zu Hause nur ich aufmachen, das war für meine Kinder verboten. Das Knacken, wenn man das Glas zum ersten Mal öffnet, wunderbar.“ Und dann führt er vor, warum Köche neun kurze Fingernägel und einen langen Daumennagel haben: Mit dem ritzt er das Goldpapier des Glases auf, schön im Kreis, und viele fühlen sich an die eigene Kindheit erinnert.
Für den 15-jährigen Christian in Reihe eins wird der Abend zum Fest, Lichter überreicht ihm sein Pesto Spezial: einen halben Laib Brot, mit den Fingern ausgehöhlt, dann mit Nutella gefüllt und oben glatt gestrichen: „Damit es aussieht, als sei es nur ganz dünn bestrichen.“
Ebenso üppig fällt seine Hauptspeise aus: Kalbsbraten am Gemüsebett. Schließlich ist für ihn „ein Steak unter 400 Gramm ein Carpaccio.“ Und „für 180 Gramm muss doch wirklich kein Tier sterben“, meint er zur richtigen Fleischmenge. Eine klare Haltung hat Lichter auch beim Gemüse. Vom Kohlrabi schneidet er nur kleine dünne Streifen ab – anders als Kollege Lafer: „Der schält die Möhre nicht, er zieht sie aus“, lästert er.
Dann versucht er sich auch noch als Kuppler: Peter aus Reihe 20 und Tanja, irgendwo von der anderen Seite, bekommen zusammen das Filet auf der Bühne serviert. Sie nimmt Wein, er Bier. „Ich glaube, Ihr werdet Euch heute noch verloben“, prophezeit der Koch.
Vor dem Dessert wird Horst Lichter plötzlich ernst. In seinem Tagebuch eines 51-Jährigen beschreibt er, wie viel Glück er hat – mit seiner Frau und seinen Kindern. Dass das Leben zu kurz ist, um sich zu ärgern, und alles seine Zeit hat. Es ist eine Seite an ihm, die nur wenige kennen – und die dem einen oder anderen Zuschauer auch eher befremdlich vorgekommen ist.
Doch natürlich will Lichter sein Publikum nicht nachdenklich nach Hause schicken, sondern glücklich und heiter. Für Mutters ungenießbar harten Gugelhupf hat er sich deshalb eine hochprozentige Verfeinerung ausgedacht: Er füllt ihn mit in Kirschwasser flambierten Erd- und Himbeeren, außen rum eine eine ausgiebige Pfütze Eierlikör. Der beschwipste Kuchen zeigt bereits nach wenigen Sekunden Ausfallerscheinungen – die hineingesteckten Gabeln fallen von alleine um – und das Publikum lacht wieder.