Die faszinierenden kleinen Krabbeltiere sind Sylvia Höhnes große Leidenschaft: Waldameisen. Die ausgebildete Ameisenhegerin widmet sich ehrenamtlich dem Schutz und Erhalt dieser bedrohten und für das Ökosystem so wichtigen Insektenart. Ein wichtiger Baustein ihrer Arbeit ist die Information der Öffentlichkeit. Zu einer „Exkursion zu den Waldameisen“ unter Höhnes Leitung hatte der Bund Naturschutz Würzburg jetzt nach Holzkirchhausen eingeladen. Für die rund 20 Teilnehmenden an der eineinhalbstündigen Tour gab es einiges zu entdecken.
An vier Stationen berichtete Sylvia Höhne Wissenswertes über die bereits seit dem 18. Jahrhundert unter Naturschutz stehende Spezies. Und darüber, dass neben der Aufklärung, Information und Kartierung die Umsiedlung und Nachbetreuung bedrohter Völker aus Baustellen und anderen gefährdeten Bereichen zu den wichtigsten Aufgaben der Ameisenschützer gehört. Sie arbeiten eng mit der Oberen Naturschutzbehörde zusammen.
Natürlich gehörte in Corona-Zeiten auch das dazu: Erst nachdem BN-Bildungsreferent Klaus Isberner die Gruppe auf die Hygienevorschriften wie Abstand und Maske) hingewiesen hatte, wurde losmarschiert. An der ersten Station der Exkursion gab es allgemeine Informationen zur Waldameise. In den letzten 30 Jahren ist der Bestand dramatisch um 85 Prozent zurück gegangen. Waldameisen zählen zu den stark gefährdeten Tierarten und stehen unter Naturschutz. Es gibt weltweit 10 000 Billionen Ameisen und 9500 Ameisenarten.

Nester sind Indikator für eine intakte Natur
Würde man sie zusammen wiegen, dann kämen sie auf ein Gewicht wie alle Menschen auf der Welt zusammen. Sie sind soziale Wesen und können als Einzeltiere nicht überleben. Waldameisennester sind ein Indikator für eine intakte Natur. Bäume und Sträucher wachsen in ihrem Umkreis besser und es gibt fast keine Zecken. Interessant ist, dass Würzburg die „Wiege der Ameisenforschung“ ist – hier gründete Prof. Dr. Karl Gößwald 1950 die weltweit erste Ameisenschutzwarte.
An der zweiten Station der Wanderung erläuterte Höhne die Biologie und Entstehung der Ameise. Das Insekt hat einen dreigeteilten Körper mit sechs Beinen. Im hinteren Teil befinden sich der Sozialmagen und die Giftdrüse. Der Kopf ist sehr groß. Im Vergleich zu ihrer Körpergröße hat die Ameise ein größeres Gehirn als andere Tierarten. Am Kopf befinden sich die Fühler zum Tasten und Riechen, zwei Kiefer zum Zubeißen und fünf Augen (zwei Facettenaugen und drei kleine Stirnaugen).

Ameisen sehen nicht besonders gut, sie kommunizieren über Duftstoffe. Dazu sondern sie Substanzen ab, die unterschiedliche Bedeutungen haben, wie z.B. die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk oder der Weg zu einer Nahrungsquelle. Die von der Königin kontinuierlich gelegten Eier werden in den ersten zwei Wochen der fünfwöchigen Entwicklungszeit von Ammen gepflegt. Es folgt das Larvenstadium, in dem eine Fütterung ausschließlich mit Proteinen erfolgt. Nach einem anschließenden zweiwöchigen Puppenstadium schlüpfen die Ameisen.
Bei Ameisen gibt es Innendienst und Außendienst
Zunächst machen die Jungtiere für ein Jahr „Innendienst“ im Nest, danach dürfen sie in den „Außendienst“. Die Lebensdauer einer Arbeiterin ist fünf bis sieben Jahre, eine Königin lebt ungefähr 25 Jahre.
An der dritten Station informierte Lena Priesemann, Geschäftsführerin des Landespflegeverbands Würzburg, zum Thema „Gesunder Wald dank Waldameisen“. So war zu erfahren, dass Waldameisen Schadinsekten dezimieren, Kadaver beseitigen und für eine bessere Bodenbelüftung, Humusbildung und für die Verbreitung von Samen sorgen. Sie beherbergen in ihren Nestern Insekten und Wirbeltiere und sind außerdem Futter für andere Tiere.

Höhepunkt der Wanderung war die vierte Station, ein Waldameisennest mit einem Durchmesser von 1,5 bis zwei Metern. Solche Nester stehen unter Naturschutz und eine mutwillige Zerstörung kann bis zu 15 000 Euro Strafe kosten. In dem Nest in Holzkirchhausen leben ungefähr eine Millionen Ameisen und 3000 Wirbeltiere.
Die Königin lebt tief drunten im Baumstumpf
Waldameisennester werden immer über einem Baumstumpf gebaut. Tief im Baumstumpf lebt die Königin. Unterhalb des Stumpfs befinden sich sanitäre Anlagen und Kammern z.B. für die Larven. Ein Ameisenhaufen reicht ungefähr so tief in die Erde, wie er überirdisch hoch ist. Seine Oberfläche besteht aus Laub, Nadeln und Hölzchen. Die Temperatur im Inneren wird auf 25 bis 29 Grad gehalten, dafür werden im Sommer Belüftungslöcher geöffnet, die bei Regen oder im Winter geschlossen werden. Im Winter leben alle Ameisen, außer wenigen Wächtern unter dem Baumstumpf.
Umsiedlungen von solchen Nestern sind sehr aufwändig und nur in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde erlaubt. Das Volk wird dabei mit dem Hügel möglichst nah am alten Standort, aber mindestens 300 Meter von diesem entfernt angesiedelt. Seit 1985 hat die Ameisenschutzwarte Bayern 3077 Völker umgesiedelt.

Die Männer haben nur einen Zweck, dann können sie weg
Bei den Ameisen herrscht Kastenwesen: Ganz oben stehen die Königinnen, die bis zur Begattung Flügel haben und diese danach abwerfen. Die Begattung findet in ihrem bis zu 25 Jahre währenden Leben nur ein einziges Mal statt. Die Männchen sterben direkt nach dem Begattungsakt. Außerdem gibt es zwei Sorten von Arbeiterinnen: den Innendienst, der für die Pflege, Reinigung und Bewachung des Nestes zuständig ist, und den Außendienst, der für Futter und Baumaterial sorgt.
Waldameisen ernähren sich zu einem Drittel von Honigtau der auf Laubbäumen lebenden Blattläuse (Kohlenhydrate). Mit einem Tropfen des Honigtaus, den eine Ameise in ihrem Sozialmagen aufgenommen hat, kann sie ungefähr 80 weitere Ameisen füttern. Die restlichen zwei Drittel der Nahrung bestehen aus Insekten (Protein).

Feinde der Waldameisen sind vor allem Vögel. Ein Specht frisst bis zu 3000 Ameisen am Tag. Außerdem zerstören Wildschweine und Dachse mitunter die Nester. Der größte Feind ist aber der Mensch, der den Lebensraum der Tiere durch Baumaßnahmen und Klimawandel massiv zerstört.
Höhne betonte, dass es wichtig ist, für Aufklärung rund um diese „systemrelevanten“ Lebewesen zu sorgen. Wichtig wäre ihr, in jedem Ort jemanden zu haben, der ihr Waldameisennester meldet (Interessierte mailen an s.hoehne@posteo.de). Die heute in Zell lebende Ameisenschützerin ist in Holzkirchen aufgewachsen und hat sich, vom Elternhaus geprägt, schon immer für Natur und Umweltschutz interessiert. Als sie auf ihrem Waldstück ein großes Ameisennest entdeckte, wusste sie zunächst nicht „artgerecht“ damit umzugehen. Sie recherchierte und das mündete 2017 in der Ausbildung zur Ameisenhegerin.
Nähere Infos im Internet unter www.ameisenschutzwarte.de sowie www.wuerzburg.bund-naturschutz.de