Wer in Biedermanns Garten kommt schaltet erst einmal um, von schwarz-weiß auf Farbe. Aus der bunten Kulisse kristallisiert das Auge Sommerblumen in den knalligsten Farben heraus, von Elfenspiegel bis zu Zinnien. „Die sind mir eigentlich die Liebsten“, sinnt Biedermann vor kräftig rosa gefiederten Bauschen.
Vielleicht sind es aber doch die Stinkerle, die in vielen Sorten verblüffend abwechselungsreich aufleuchten. „Blanke Beete mag ich nicht.“ Da hilft entweder Phacelia oder Tagetes. Letztere sind für alles gut, vor allem aber zur Bodenverbesserung. Selbst für die sensiblen Rosen, bereiten sie die Standorte innerhalb von ein, zwei Jahren wieder so auf, dass an die gleiche Stelle wieder Rosen gesetzt werden können. Der Tipp von einem Stadtgärtner.
Fast alles ist einjährig bei diesem in Pflanzsteinen gestaffelten Blütenflor und vor allem bunt. Er sei viel im Garten, sagt Biedermann, „darfst schon sagen: 'immer'“, korrigiert Ehefrau Maria. Selbst Hündin Leika hat sich angepasst. Sie bleibt als guter Garten-Hund von den Beeten weg, und interessiert sich für die Ernte: mit Vorliebe für Himbeeren.
Das Haus wurde vor 50 Jahren an den leichten Hang gesetzt. Von dort führt von unten eine Treppe und vom oberen Stockwerk – interessant gelöst – ein Steg in den eigentlichen Garten. Früher einmal hatte es ordentlich Rasen gegeben auf dem 1000-Quadratmeter-Grundstück, eine Hainbuchen- und eine Ligusterhecke als lebende Zäune und viel mehr Obstbäume, erzählt Biedermann. Heute ist die Rasenfläche vor dem Teich so klein, dass ein Rasenmäher nicht lohnt.
Dazugekommen sind einige Bauten, ein Teich, eine kleine Beerenplantage und das üppige Miteinander von Sträuchern, Bambus, kleinwüchsigem Obstgehölz und Stauden. Kirschlorbeer, Eibe und Ranunkelstrauch sind mächtig erwachsen, müssen stark zurück genommen werden, damit noch Durchkommen ist sowie Platz für Sommerflieder und drei Meter hohe Sonnenblumen.
Eine Holzlege teilt den Garten im hinteren Bereich. Das Gartenhäuschen und zwei Schuppen schließen sich an, alles berankt mit Trichterwinden und Wein. Auf dem Dach der Holzlege gleißt die Sonne auf der Photovoltaikanlage. Oben wird Strom produziert, unten lagert die Energie zum Beheizen des Hauses. Das Wasser wird, wo es nur geht, von den Dächern gesammelt.
Ein hüfthoher Haufen Lesesteine bietet Eidechsen und Molchen aus dem Teich ein Refugium. Unterm Dach haben sich Hornissen niedergelassen, Hummeln und Wildbienen haben Auswahl an Unterkünften.
Heiner Biedermann ist einer von zehn ehrenamtlichen Naturschutzwächtern im Landkreis, also wird sein Garten auf natürliche Weise bewirtschaftet. Chemische Pflanzenschutzmittel werden hier seit mindestens 20 Jahren nicht mehr verwendet. „Sonst könnte man sich Obst, Salat und Gemüse auch kaufen“, findet Biedermann. „Dann rentiert sich der Eigenanbau nicht“.
Gibt es doch einmal ein Problem, wie mit Mehltau bei den Tomaten, wäscht er sie mit Schmierseifenwasser ab, dem er einen Schuss Salatöl oder Milch zugibt, damit etwas Fett darin ist. Aber: Normal geht es ohne.
Heiner Biedermann liebt Salat und befindet sich damit in Konkurrenz zu Spatzen und Schnecken. Der Spatzen erwehrt er sich mit einem Fließ, die Schnecken lassen ihn manchmal auch nachts mit Taschenlampe und Schere auf Streife gehen. „Ich zwicke sie auseinander, dann habe ich meine Ruhe“. Im Herbst beim Umgraben achtet er schon auf die Eiernester und bietet sie den Amseln an.
Die pflegeleichteste Ecke des Gartens ist das begrünte Dach neben dem Laufsteg zum Obergeschoss. Eine handelsübliche Fertigmischung aus kleinen Kieseln, gebrochenen Ziegeln und etwas Kompost liegt fünf Zentimeter hoch auf dem Blechdach. Es reicht, um verschiedene Hauswurze und Fetthennen und vor allem Schnittlauch zum Selbstläufer werden zu lassen. Wie dieser hat sich Vieles selbst ausgesät. Das sieht hübsch aus und man braucht sich nicht weiter kümmern. Gärtner und Insekten freuen sich.