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Lesergarten: Genießen statt schuften

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Lesergarten: Genießen statt schuften

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    Nach dem Kunststückchen – Gärtner ohne Garten – jetzt ein neuer Coup: ein Garten, der komplett fertig ist. Fertig: nichts mehr zu tun, freut sich Karin Stumpf in ihrem Garten in Burggrumbach . Foto: Antje Roscoe
    Nach dem Kunststückchen – Gärtner ohne Garten – jetzt ein neuer Coup: ein Garten, der komplett fertig ist. Fertig: nichts mehr zu tun, freut sich Karin Stumpf in ihrem Garten in Burggrumbach . Foto: Antje Roscoe Foto: Antje Roscoe

    Klimatisch angepasste Pflanzen, kaum Pflegeaufwand – der Garten von Karin und Bernhard Stumpf in Burggrumbach ist „fertig“, so wie er ist. Hier soll man sich erholen können und nicht dauernd noch etwas zu werkeln haben. An ihrem Garten liebt Karin Stumpf vor allem die Farben, Strukturen, Symbiosen und die Überraschungen.

    Da sucht sich das kaukasische Veilchen immer wieder neue Plätze. Hornveilchen trumpfen mit Eigenständigkeit und blühen bereits wieder. Der Farn, das Lungenkraut, die Flockenblume oder die Nelke - würde sie alle Pflanzen, die sie nicht selbst eingebuddelt oder gesät hat, mit Fähnchen markieren, es wären sicher erstaunlich mehr als angenommen. Dazu kommen nützliche Beikräuter wie Brennnessel und Giersch, die in Maßen an unauffälligen Ecken geduldet werden und zum Wegessen sind.

    Sehr grün ist es gerade,erstaunlich für die Jahreszeit

    Jetzt, zum Ende des Sommers würden ihr die bunten Markierungsfähnchen die Farbe in das Grün bringen, die sie jetzt ein wenig vermisst. Sehr grün ist es gerade – für ihren Geschmack zu grün – aber doch erstaunlich für die Jahreszeit! Im Vorjahr war Vieles braun verbrannt, einschließlich des Rasens.

    Die Prämissen für ihren Garten lautet nämlich: Es wird nicht gegossen – von wenigen Topf-Arrangements abgesehen, es soll mit möglichst wenig Arbeitsaufwand funktionieren und: wir kriegen das doch alleine hin, ohne Garten-Profis. Zimmererarbeiten und Tonnen von Bruchsteinen für die Einfassungen anzuschleppen war inklusive.

    Kalkuliert hatte Bernhard Stumpf bereits im Vorfeld, auf keinen Fall ein Hanggrundstück pflegen zu wollen und die Garage mit einer Durchfahrt zu versehen, sodass man zur Arbeitserleichterung mit Maschinen jederzeit auch in den Garten und rund ums Haus fahren kann. Diese Planung hatte sich nicht zuletzt beim Anschluss an das Fernwärmenetz einer Biogasanlage als sehr richtig erwiesen. Auch eine Zisterne für Toiletten- und Gießwasser ist vorhanden, Familie Stumpf setzt jedoch lieber auf trockenheitsresistente Pflanzen und die Gewissheit, dass der braun verbrannte Rasen sich wieder erholt. Das spart jedenfalls viel Zeit.

    Ein wenig hilfreich ist wohl auch die Lage des Grundstücks

    Ein wenig hilfreich ist wohl auch die Lage des Siedlungsgrundstücks in der Seemühlstraße, wo es per se im Untergrund etwas feuchter ist. Dass man als Wassersparer vielleicht die eine oder andere Pflanze nicht im Garten haben kann, nimmt Karin Stumpf gerne in Kauf. Wirklich vermissen tue sie nichts, sagt sie. Und für Rhododendren und Hortensien habe sie ohnehin nicht den richtigen Boden. Das sind für sie Ausschlusskriterien.

    Hauswurz, Dachwurz, egal wie man ihn nennt, Sempervivum ist die erklärte Lieblingspflanze von Karin Stumpf, noch dazu, wenn es sich um den roten Dachwurz (Sempervivum tectorum 'Atropurpureum') handelt. Mit seinen kleinen und großen Rosetten könnte sie Flächen füllen und ein paar Quadratmeter werden es schon sein. Karin Stumpf hilft auch gerne nach und bepflanzt Ziegelscherben oder Ton- und Emaille-Gefäße mit verschiedenen Sukkulenten. Perfekt ist das Arrangement, wenn sich andere Pflanzen mit ihm vergesellschaften, Oreganum oder Gundermann beispielsweise.

    Reizvoll sind auch die Kontraste bei den Wuchsformen

    Es interessiert sie, wie die Pflanzen wachsen und sich ineinander verschlingen. Ganz reizvoll sind auch die Kontraste bei den Wuchsformen oder bei den Blattstrukturen. Da darf sich auch gerne mal etwas entwickeln, was nicht durchgestylt aussieht. Man muss nicht alles im Griff haben wollen, „nur so ein bisschen“, sagt die Freizeitmalerin, die den Kunstfreunden Estenfeld angehört. Gärten, die aussehen, wie mit der Nagelschere gepflegt, wären ohnehin nicht ihr Fall. „Denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“, ist von der hölzernen Terrasse aus zu lesen.

    Stumpfs Mischung aus trockenheitsresistenten und langsam wachsenden, unkomplizierten Pflanzen, wie dem gefüllt blühenden Eibisch-Strauch im Vorgarten, der Weigelie, die gerade die zweite Blüte präsentiert, dem Zwerg-Cotoneaster, der sich in jeder Form bringen und mit dem sich jede Lücke füllen lässt oder auch der gerne Ableger bildenden, weißen Christrose, sind die Basis für geringen Pflegeaufwand.

    Alles auch Bienen- und Insektenlieblinge

    Mit Blick auf die Ableger, die hier und da entstehen, muss sie auch nichts Neues mehr kaufen. „Schon lange nicht mehr“, betont sie. Im zur Straße hin offenen Vorgarten fangen unter anderem Prachtspiere, Salbei, Lavendel, Herbstastern und der Bodendecker-Fetthenne Weihenstephaner Gold den Blick ab – alles auch Bienen- und Insektenlieblinge. Zum Haus hin setzten ein paar kugelige Buchse, Sommerflieder, Rote Sonnenhut und genau zwei Duftrosen ihre Akzente.

    Zu den pflegeleichten Pflanzen, die Stumpfs für ihren Garten entdeckt haben, gehören neben Sempervivum und Fetthennen-Sorten (Sedum) jeweils verschiedene Sorten Wolfsmilchgewächse, Bergenie (Staude des Jahres 2017), Fingerkraut und Herbstanemone, Salbei und Thymian, vor allem auch als Bodendecker. Dazu zählt der Hopfen, dessen Dolden gerade üppig vom Pflanzbogen, von Schuppen, Holzlege und Zäunen baumeln. Estrich-Matten oder Holzlatten, was er zu greifen kriegt, umschlingt er, krallt sich aber nicht fest. Und jedes Jahr wir er üppiger, schwärmt Stumpf. Den ganzen Sommer über ist er dekorativ grün, wird dann bald braun und ist im Herbst einfach herunter zu reißen und bodennah abzuschneiden.

    Im Bier schmeckt der Hopfen einfach besser

    Die jungen Triebe sind auch lecker als Spargel, bestätigt Karin Stumpf. Von Teezubereitungen hat sie jedoch wieder Abstand genommen. Im Bier schmecke der Hopfen einfach besser. Außerdem wurden auf dem Weg zum pflegeleichten Garten nach und nach alle Experimente mit Kräutern und Gemüse aufgegeben, die Kräuterschnecke rückgebaut und auf die Basics reduziert: Koriander, Petersilie, Kerbel und Schnittlauch. Der Arbeitsaufwand kam ihr irgendwann unverhältnismäßig vor, zumal der örtliche Direktvermarkter alles biete, was sie benötigt und immer offen hat.

    Nein, Karin Stumpf tigert am liebsten schon morgens mit der ersten Tasse Kaffee in den Garten, um ihn zu genießen. Im Liegestuhl zu liegen und zu lesen, Grillfeste, einfach nur im Vorbeigehen über den Thymian zu streichen und sich am Duft zu erquicken, sie ist nach etwa 15 Jahren Buddelns froh, dass sich die Gartenarbeit jetzt – ohne Rasen mähen – auf eine halbe Stunde die Woche beschränkt. Das große Um- und Neugestalten ist vorbei. Im Vorgarten, wo alles schön unkrautdicht gewachsen ist, geht sie gar nur zwei Mal im Jahr für ein Viertelstündchen durch. Seit ein paar Jahren schon hat sie nicht immer noch etwas zu tun, sondern nutzt den Garten zur Erholung.

    Man stelle sich das einmal vor: Es ist alles fertig! In seinem grünen, privaten Wohnzimmer glücklich nichts tun müssen, lediglich dürfen!

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