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KLEINRINDERFELD: Limbachshof: Wo Pferde glücklich sein dürfen

KLEINRINDERFELD

Limbachshof: Wo Pferde glücklich sein dürfen

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    Roland und Dagmar Stürmer vom Reiterhof Stürmer im Kleinrinderfelder Ortsteil Limbachshof betreiben einen HIT-Alktivstall. Auf dessen Gelände gibt es Futterboxen, bei denen sich die Pferde, elektronisch individuell reguliert, ihr Futter abholen. Foto: Thomas Obermeier
    Roland und Dagmar Stürmer vom Reiterhof Stürmer im Kleinrinderfelder Ortsteil Limbachshof betreiben einen HIT-Alktivstall. Auf dessen Gelände gibt es Futterboxen, bei denen sich die Pferde, elektronisch individuell reguliert, ihr Futter abholen. Foto: Thomas Obermeier Foto: Thomas Obermeier

    Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, heißt es. Nur, wer wirklich einmal selbst geritten ist, weiß wie nah an der Wirklichkeit diese Redewendung ist. Aber ein echter Pferdemensch kann nur rundum glücklich sein, wenn sein Tier es ebenfalls ist. Das erfordert sehr oft viel Arbeit - aber nicht immer.

    Wer inmitten der Herde auf dem Hof von Dagmar und Roland Stürmer im Kleinrinderfelder Ortsteil Limbachshof steht, erfährt, wie glückliche Pferde aussehen. Während viele ihrer Artgenossen die meiste Zeit des Tages in Boxen im Stall stehen und nur eine bestimmte Zeit frei laufen und toben können, sind sie bei Wind und Wetter, im Winter wie Sommer draußen. „Die stellen sich nur unter, wenn ein Wetter ist, dass wir selbst mit dem Schirm nicht mehr das Haus verlassen würden“, sagt Roland Stürmer, der seinen landwirtschaftlichen Betrieb schon 1990 ganz auf Pferdehaltung umgestellt hat.

    Futtererzeugung nach biodynamischen Vorgaben

    Insgesamt 47 Tiere stehen bei ihm auf dem Hof, seit Frühjahr 16 davon in einem sogenannten HIT-Aktivstall. HIT ist das Kürzel für Hinrichs Innovation & Technik, einer Firma aus Weddingstedt, einer Gemeinde im Kreis Dithmarschen im Reiterland Schleswig-Holstein. Dort bietet man die Technik an, mit der auf dem Reiterhof Stürmer die Tiere gehalten werden. Außer den Stürmers gibt es im Würzburger Umland nur noch in Arnstein und Kitzingen solche Ställe, sagen sie. „Wir sind davon aber der einzige Bio-Hof, der sein Futter selbst nach biodynamischen Vorgaben erzeugt“, fügt Dagmar Stürmer hinzu.

    Das Geheimnis hinter dieser Art der Pferdehaltung ist, wie heutzutage so oft, ein Computer. Alle 16 Tiere können sich den ganzen Tag, rund um die Uhr, frei bewegen. Zur Verfügung haben sie dazu eine 4,5 Hektar große, grasbewachsene Koppel und eine 6500 Quadratmeter befestigte große Fläche, die sich in sandige Wälzbereiche, Futterstationen und einen überdachten Ruhebereich aufteilt.

    Fünf Tränken stehen auf dem Gelände

    Jedes Pferd trägt an einem Halsband einen sogenannten Transponder. „Man kann ihn auch in die Mähne einflechten“, weiß Roland Stürmer. Auf der befestigten Fläche verteilt stehen sogenannte Futterstationen, entweder mit Kraftfutter, Heu oder Stroh. Auch fünf Tränken stehen auf dem Gelände. „Die sind das einzige, was hier im Winter beheizt wird“, sagt Stürmer.

    Als der Mann von der Zeitung kommt, werden die Tiere gerade von der Koppel in den befestigten Bereich gebracht. Alle wirken sehr entspannt und ausgeglichen. Einige wälzen sich sogleich im Sand, andere kabbeln sich oder streben zu den Tränken. Nur ein paar interessieren sich für den unbekannten Mann und schnuppern mit weichen Nüstern neugierig an seinem Block. Der größte Teil aber steuert in eine der Futterstationen.

    „Die würden das sonst auf einmal fressen“

    Dort schlägt die Stunde des Computers. Jeder Tierbesitzer hat zusammen mit den Stürmers festgelegt, wieviel von welchem Futter sein Pferd pro Tag vertilgen darf. Eine Antenne empfängt nun in der Futterstation die Signale des Transponders. Anhand der Signale erkennt der Rechner, um welches Pferd es sich handelt und wieviel es wovon fressen darf. Dann gibt er einen bestimmten Anteil dieses Futters frei. Niemals aber die gesamte Portion. „Die würden das sonst auf einmal fressen“, weiß der gelernte Landwirtschaftsmeister Stürmer.

    Und das ist der Trick, warum der Stall Aktivstall genannt wird. Denn zwischen Futterstationen, Ruheraum, Tränken und Wälzplätzen legen die Tiere pro Tag rund 16 Kilometer zurück. Ohne dass ein Mensch dabei ist. Alle zwei Stunden öffnet sich für sie der Schieber in der Raufutterstation und sie bekommen einen Anteil Heu, einmal pro Stunde dürfen sie sich in den Kraftfutterstationen einen Anteil der täglichen Kraft- oder Mineralfutterration abholen. Nur Stroh und Wasser gibt es, wann und soviel sie wollen. Im kleinen Computer in der Reiterstube über der Sattelkammer kann man dann mit einem Blick sehen, was und wieviel jedes der Tiere bereits zu sich genommen hat.

    „Auch wenn ein Tier zu wenig frisst, weil es krank ist, sehen wir sofort, dass etwas nicht stimmt und können reagieren“, sagt Roland Stürmer.

    Ein tierischer Kollege steht Schlange

    In einer der Raufutterstationen steht ein großes Pferd mit weißer Blesse. Solange es frisst, ist die Tür zur Station hinter ihm geschlossen. Ein tierischer Kollege steht Schlange davor und wartet ungeduldig, die Ohren zurückgelegt, was man bei Pferden stets als Warnsignal verstehen sollte. Soviel zum Thema ausgeglichen. Pferde sind wie Menschen, wenn ihnen der Magen knurrt, sind sie eher griesgrämig gestimmt.

    „Sie sehen den Herdeneffekt, den diese Art der Haltung auch hat“, sagt Roland Stürmer. „Der könnte jetzt da hinten an der Station fressen, die frei ist. Aber er will unbedingt hier, weil da die anderen Pferde sind.“ In der Herde lernen die Tiere auch eine Rangordnung kennen. „Michael ist ein Friese“, sagt Roland Stürmer und zeigt auf ein Tier, dem zottige Haare über die Hufe hängen. „Der hat sich am Anfang hier schwer getan, aber arbeitet sich jetzt langsam nach oben. Das ist wie in einer Firma“, sagt Stürmer und lacht.

    „Die Tiere werden ausgeglichener und ruhiger“

    „Die Tiere werden ausgeglichener und ruhiger, robuster und souveräner und sind nicht mehr so ängstlich“, sagt seine Frau Dagmar, ausgebildete Pferdesport-Managerin. Wer jemals auf einem Pferd saß, das auf einem stillen Waldweg unversehens vor einer Rolle Maschendraht am Wegesrand scheute, weiß das sicherlich zu schätzen. Und bekamen die Tiere zu Beginn noch Regen- oder Wärmedecken von besorgten Besitzern umgehängt, gebe es das jetzt kaum noch. „Die haben gemerkt, dass es das nicht braucht. Das Fell wird jetzt in der kalten Jahreszeit auch noch länger und dicker mit stärkerer Unterwolle“, weiß Roland Stürmer.

    „So kommen wir ziemlich nahe an ein Leben in freier Natur heran, auch da haben die Tiere Sozialkonflikte und müssen auf Futtersuche gehen. Das wird in unseren Breiten wohl die Zukunft der Pferdehaltung sein.“ In andern Ländern gibt es das schon länger. Auf der Finca „San Pedro de las Duenas“ 30 Autominuten nordwestlich von Madrid zum Beispiel leben auf zehn Quadratkilometern pinienbewachsenen Hügeln und grünen Flusstälern 650 Pferde fast wie in freier Wildbahn.

    Versorgt durch ähnliche Technik.

    „Was hier die Technik kostet, kostet dort die Arbeit“

    Zumal diese Art der Haltung auch kaum kostenintensiver als die konventionelle Haltung in Boxen sei, sagt Stürmer. Denn für die restlichen rund 30 Tiere, die bei den Stürmers auf dem Reiterhof stehen, muss ein Mann pro Tag und Tier rund einen Kilometer laufen, um das Tier von seiner Box auf die rund 250 Meter entfernte Koppel und zurück zu bringen. „Was hier die Technik kostet, kostet dort die Arbeit“, sagt er.

    Wer sich als Pferdehalter oder Stallbetreiber für diese Art der Pferdehaltung interessiert, kann sich am kommenden Freitag, 15. September, im Limbachshof um 14 und um 17 Uhr selbst ein Bild davon machen. Eine Anmeldung ist unbedingt notwendig unter Tel. (0 93 06) 9 93 33.

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